Volatilität als wichtiger Preisfaktor bei Discountern

Wie 2016 dürfte auch 2017 von hohen Ausschlägen an den Aktienmärkten nicht gänzlich verschont bleiben - Immer wieder gute Einstiegsgelegenheiten

Volatilität als wichtiger Preisfaktor bei Discountern

“Der Gewinn liegt im Einkauf.” Auf kaum ein Finanzprodukt lässt sich diese alte Kaufmannsregel derart gut anwenden wie auf Discount-Zertifikate. Schließlich wird der maximale Rückzahlungswert bei diesen Produkten durch den sogenannten Cap nach oben begrenzt. Mehr ist in keinem Fall drin, so dass der Einstiegspreis – von der Kursentwicklung des Basiswertes einmal abgesehen – die wesentliche Determinante für die Erfolgshöhe einer mit “Discountern” umgesetzten Anlagestrategie darstellt. Dabei wird der besagte Preis wiederum in hohem Maße von der für die Zukunft erwarteten Schwankungsintensität (implizite Volatilität) des zugrundeliegenden Basiswertes bestimmt. Um diesen Zusammenhang zu verstehen, ist zunächst ein kurzer Blick auf die Konstruktion der Produkte notwendig.Grundsätzlich setzen sich Discountzertifikate, die als derivativer Wertpapiertyp inzwischen auf eine mehr als 20 Jahre andauernde Erfolgsgeschichte zurückblicken können, aus einem Basiswert und einer verkauften Kaufoption auf diesen zusammen. Ihre Besitzer sind damit indirekt dazu verpflichtet, dem Käufer des Call das jeweilige Underlying zu liefern, wenn er das am Laufzeitende verlangt. Dafür erhält der Emittent des Zertifikats eine Optionsprämie. Je höher nun die implizite Volatilität, desto üppiger fallen auch die Optionsprämien und damit verbunden der Rabatt aus, den die ausgebende Bank dem Käufer des Discounters im Vergleich zu einem Direktinvestment in das Underlying gewähren kann.Was die zukünftige Entwicklung des heimischen Aktienmarkts anbelangt, zeigen sich die Anleger derzeit relativ entspannt. Noch wirken die positiven Impulse nach, die sich aus der Wahl Donald Trumps zum amerikanischen Präsidenten ergeben haben, und auch die heimische Wirtschaft strotzt vor Optimismus, wie der jüngste Ifo Geschäftsklimaindex zeigt. Ablesen lässt sich die Gelassenheit der Marktteilnehmer am VDax-New, der aktuell nur wenige Punkte über seinen langjährigen Tiefständen notiert. Er drückt wie eine “Fieberkurve” die für die Zukunft erwartete Schwankungsbreite des Deutschen Aktienindex (Dax) aus. Ermittelt wird sein Wert vereinfacht gesagt aus At-the-Money- und Out-of-the-Money-Dax-Optionen mit einer durchschnittlichen Restlaufzeit von 30 Tagen.Es ist aber davon auszugehen, dass der aktuelle Zustand der Märkte nicht allzu lange anhält, sondern es ähnlich wie 2016 – beispielsweise rund um das Brexit-Votum der Briten – auch in diesem Jahr wieder zu gewissen Turbulenzen und damit verbundenen (punktuellen) “Volatilitäts-Spikes” kommen wird. Nicht unwahrscheinlich erscheint ein derartiges Szenario beispielsweise im Umfeld der französischen Präsidentschaftswahl (23. April/7. Mai) sowie der Bundestagswahl im Herbst (24. September).Hinzu kommt die neue Unberechenbarkeit der amerikanischen Politik. So ist Donald Trump nach den bisherigen Erfahrungen immer dafür gut, die Märkte mit seinen Tweets in die eine oder andere Richtung zu bewegen und damit für erhöhte Nervosität bei Aktienanlegern zu sorgen. An guten Kaufgelegenheiten für Discountzertifikate sollte es somit in den kommenden Monaten nicht mangeln.Davon abgesehen ist für das Pricing entsprechender Produkte, deren Verfallstermin nicht unmittelbar bevorsteht, der Stand des (“großen”) VDax-New (30-Tage-Optionen) aber auch gar nicht so entscheidend. Vielmehr kommt es bei der Bewertung von Dax-Discountern auf die jeweils laufzeitkongruenten Subindizes an. Bei Fälligkeit in ca. einem Jahr stellt der VDax-New 12-Monats-Index (WKN A0G830) für Privatanleger deshalb sicherlich die am besten geeignete Orientierungsgröße dafür dar, wie günstig der Zeitpunkt für den Kauf von Discount-Papieren gerade ist. Und da sieht es derzeit gar nicht einmal so schlecht aus.Zwar notiert der besagte Subindex deutlich unterhalb seines Drei-Jahres-Hochs, das er im Februar vergangenen Jahres erreichte, von seinen Tiefständen ist das Volatilitätsbarometer aber ebenfalls ein gutes Stück entfernt. So lassen sich mit Discountern auf den Dax mit Fälligkeit in einem Jahr und einem Cap auf Höhe des aktuellen Indexniveaus derzeit durchaus respektable Seitwärtsrenditen von bis zu 7 % per annum erzielen. Der Discount, also der Preisvorteil gegenüber einem “Direktinvestment” in den Index, beträgt dabei ca. 6,4 %. Einzelwerte statt IndizesNoch deutlich höhere Werte sind allerdings realisierbar, wenn alternativ auf ausgewählte Einzeltitel als Underlying zurückgegriffen wird. Diese legen in der Regel eine sehr viel stärkere Schwankungsintensität an den Tag als die breiter diversifizierten Indizes. Einer der Volatilitätsspitzenreiter bei den heimischen Blue Chips ist schon seit geraumer Zeit die Aktie der Commerzbank. Discountzertifikate bringen es hier auf Jahressicht sogar auf Seitwärtsrenditen von bis zu 14 %. Dabei bietet sich das besagte Underlying als transparentes Beispiel auch insofern an, als Deutschlands zweitgrößtes Bankhaus für das abgelaufene Geschäftsjahr keine Dividendenzahlung plant. Aktionäre werden im Rahmen der am 3. Mai 2017 stattfindenden Hauptversammlung somit leer ausgehen.Bei anderen Unternehmen sind etwaige Ausschüttungen, die bis zur Fälligkeit der Derivate beim Basiswert zu erwarten sind, bei einem Vorteilhaftigkeitsvergleich zwischen Aktie und Discountzertifikat dagegen stets zu berücksichtigen. Auf vorderen Plätzen der “Volatilitätsrangliste” finden sich derzeit zudem Werte wie die Deutsche Bank, RWE, Infineon und Lufthansa. Tendenziell eher geringe Kursausschläge werden in der näheren Zukunft dagegen für die Anteile der Allianz, der Münchner Rück und von SAP erwartet.Letztendlich dürfen die implizite Volatilität und damit verbunden die Höhe der Seitwärtsrendite aber keineswegs zum alleinigen Entscheidungskriterium bei der Wahl des Basiswertes erhoben werden. Deutlich wichtiger ist es, dass der Anleger eine positive, zumindest aber eine neutrale Einschätzung zum jeweiligen Underlying hat. Von hoher Bedeutung ist zudem die Wahl des Basispreises. Ein Richtig oder Falsch gibt es dabei nicht. Stattdessen sollte die Wahl immer vom eigenen Risikoempfinden, den persönlichen Erwartungen hinsichtlich der Basiswertentwicklung (stagnierende oder steigende Kurse) und nicht zuletzt dem angestrebten Anlageziel abhängig gemacht werden.So wird ein renditeorientierter Anleger, der unbedingt mit einer positiven Kursentwicklung des Underlying rechnet und größere Rückschläge für äußerst unwahrscheinlich hält, einen Cap leicht oberhalb des aktuellen Basiswertkurses wählen. Können nach eigenem Empfinden eine Seitwärtsbewegung oder sogar leicht fallende Kurse nicht ausgeschlossen werden, sollten zu Lasten der maximal erzielbaren Rendite dagegen Caps gewählt werden, die mehr oder weniger deutlich unterhalb der jeweils aktuellen Aktien- oder Indexwerte liegen.Eine gänzlich andere Herangehensweise empfiehlt sich, wenn Discountzertifikate nicht dem vergünstigten Einstieg in ein Aktienengagement dienen, sondern als eine Art Anleihe- oder Festgeldersatz erworben werden. In diesem Fall bietet es sich an, den angestrebten Ertrag als Ausgangsbasis zu nehmen und einen dazu passenden Cap zu wählen. Soll zumindest die für das laufende Jahr erwartete Inflationsrate von 1,5 % (Schätzung des Ifo-Instituts) ausgeglichen werden, kommen dafür – wiederum auf Jahressicht – aktuell beispielsweise Dax-Discounter mit einem Cap rund 2 500 Punkte unterhalb des aktuellen Indexniveaus in Frage.Vollkommen risikolos ist diese Strategie jedoch nicht: Sollte das wichtigste deutsche Aktienmarktbarometer bis März kommenden Jahres nämlich mehr als 20 % an Wert verlieren, ist nicht nur der erhoffte Inflationsausgleich perdu, sondern es kann auch zu (erheblichen) Verlusten kommen. Dabei ist ein lediglich zwischenzeitliches Abtauchen des Dax unter den Cap des Discountzertifikats für den Erfolg der Strategie natürlich unproblematisch.—Christine Romar, Director Warrants & Certificates bei der Citigroup Global Markets Deutschland AG, verantwortlich für den Bereich der Anlagezertifikate