"Von 2025 an kann es schnell gehen"
Von Anna Sleegers, FrankfurtKlimaschützer von “Extinction Rebellion” oder “Fridays for Future” mögen an der vermeintlichen Untätigkeit der Politik verzweifeln. Nathan Fabian teilt diese Einschätzung nicht. Der Chief Responsible Investment Officer der globalen Investoreninitiative Principles for Responsible Investing (PRI) neigt schon von Berufs wegen zum positiven Denken.Auf die Wahlen in Großbritannien angesprochen, streicht er heraus, dass der neue alte Premierminister noch in der Wahlnacht sein Bekenntnis zum Klimaschutz bekräftigt hat. Der US-Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen? Spätestens 2025 müsse es einen neuen US-Präsidenten geben. Fragt man ihn, wie sich der “New Green Deal” der EU-Kommission bewerkstelligen lassen soll, wenn die Positionen etwa zur Kohle zwischen den Mitgliedstaaten so weit auseinanderliegen, stimmt er ein wahres Lobeslied auf den zukunftsweisenden Schritt der neuen EU-Kommission an. Fabian ist Fan der von der EU lancierten Taxonomie, die er als Werkzeug sieht, um bei Investoren, Emittenten und Politikern ein gemeinsames Verständnis von Nachhaltigkeit sowie Vertrauen zu schaffen, dass Investments handfeste Umweltstandards erfüllen. Alles in allem eine Sichtweise also, die keinen Zweifel daran zulässt, dass die Welt die Notwendigkeit erkennt, ihre Art des Wirtschaftens zu verändern, und dies auch umsetzen wird – mit handfesten Folgen auch für die Finanzmärkte.In einer von PRI gemeinsam mit der britischen Entwicklungsbank The Finance Hub und verschiedenen Stiftungen in Auftrag gegebenen Studie mit dem etwas suggestiv anmutenden Namen “The Inevitable Policy Response”, übersetzt etwa: “Der unvermeidliche Politikwandel”, haben Ökonomen und andere Wissenschaftler versucht, die Wirkung regulatorischer Änderungen auf die Börsenbewertungen vorherzusagen. Sie kommen zu dem Schluss, dass sich die Auswirkungen schubweise bemerkbar machen werden. Schon bis 2025 werde jedes fünfte der weltweit wertvollsten Unternehmen im globalen Aktienindex MSCI ACWI von Bewertungsveränderungen in Höhe von 10 % in beide Richtungen betroffen sein, sagen sie voraus.”Von 2025 kann es schnell gehen”, glaubt auch PRI-Repräsentant Fabian. Je nachdem, wie beherzt die Regierungen bis dahin etwas unternehmen, um die Klimaerwärmung zu stoppen, könnten durch die im Pariser Abkommen vereinbarten “Ratchets” greifen. Dabei handelt es sich um Mechanismen, welche die Unterzeichner zu konkreten Maßnahmen zwingen sollen, wenn sie die ausgehandelten Ziele zur Verringerung klimaschädlicher Emissionen verfehlen. Denkbar wäre etwa ein heftiger Anstieg des CO2-Preises. Die Gewinner wären Unternehmen mit neuen, klimafreundlichen Technologien.Auch wenn die Studie vom Wunsch nach einer Versöhnung von Ökonomie und Ökologie geprägt ist, blendet sie nicht aus, dass ernstgemeinter Klimaschutz mit Umverteilung einhergeht. Für die Investoren überwiegen demnach die negativen Auswirkungen. Werteinbußen von 43 % oder 1,4 Bill. Dollar bei den 100 am stärksten negativ betroffenen Unternehmen stehen demnach Zugewinne von 33 % oder 0,7 Bill. Dollar bei den 100 größten Profiteuren gegenüber.——Ernstgemeinter Klimaschutz führt zu Umverteilung bei den Investoren.——