Von Stufenzinsanleihen und Floatern profitieren
Früher galt der Spruch, dass, wenn die USA niesen, Europa eine Erkältung bekommt. Gemeint war: Wenn das US-Wachstum nachlässt, schwappt dies auf die Wirtschaft Europas über, so dass nicht lange nach einer US- auch eine europäische Abkühlung folgt. Dank Globalisierung und steigender Bedeutung anderer Wachstumsregionen ist diese Aussage heute sicherlich zu relativieren. Die USA sind nicht mehr der einzige Bestimmungsfaktor des globalen realen Wachstums. Heute müsste die Metapher eher lauten: Niest der US-Notenbankchef, bekommen die Finanzmärkte weltweit eine Lungenentzündung. Märkte fürchten FedZum einen kann sich die Fed dieser Entwicklung rühmen. Sie scheint auch weiterhin durch ihre Politik des billigen und überschüssigen Geldes die Märkte zu beeinflussen; wie sie auch schon 2009 einen wichtigen Beitrag zur Verhinderung eines globalen “Meltdown” geleistet hat. Zum anderen sind die Märkte aber immer abhängiger von dieser ultimativen Geldquelle, so dass eine Veränderung in der US-Notenbankpolitik zu signifikanten Bewegungen auf den Märkten führt und somit selbst ein Grund für Instabilität werden kann.So hat die abzusehende Wende in der Fed-Geldpolitik die Märkte in den letzten Wochen in Atem gehalten. Obwohl eine Zinsanhebung der Fed immer noch in weiter Ferne liegt, haben bereits Andeutungen einer möglichen bevorstehenden Beendigung des Aufkaufprogramms die Märkte entscheidend beeinflusst. US-Langfristzinsen und damit auch die Renditen deutscher Staatsanleihen sind deutlich nach oben korrigiert und haben den US-Notenbankchef teilweise zu einem Zurückrudern hinsichtlich seiner Ankündigungen genötigt.Vor diesem Hintergrund wird eine Wende in der Geldpolitik ein volatiler Prozess. Entscheidend für die weitere Entwicklung ist das Konjunkturbild. Die Fed hat sich als Ziel gesetzt, nur im Falle einer Arbeitslosenquote von unter 6,5 % gegebenenfalls an der Zinsschraube zu drehen. So ist deutlich zwischen einer Beendigung des Aufkauf- und damit Krisenprogramms und einer Leitzinsanhebung zu unterscheiden. Die Krisenpolitik sollte auf Sicht mit einer weiteren Aufhellung der Konjunkturdaten beendet werden, die unterstützende Geldpolitik bei einer aktuellen und nur langsam zurückgehenden Arbeitslosenquote von 7,6 % allerdings noch eine Weile Bestand haben. Nicht ohne RisikenIn der Eurozone befindet sich der Leitzins auf ähnlichem Niveau wie in den USA – dennoch kann die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) als restriktiver angesehen werden, da sie keine aktiven Anstrengungen zur Ausweitung der Geldmenge, zum Beispiel durch ein direktes Aufkaufprogramm, in Erwägung zieht. Der Grund für die US-Krisenpolitik liegt in den Lehren aus der großen Rezession Anfang des 20. Jahrhunderts, als die Fed eine deutliche Schrumpfung der US-Geldmenge zuließ bzw. nicht verhindern konnte. Dieses Risiko hat sich in den USA deutlich gelegt, bleibt aber in der Eurozone präsent. Konjunkturelle GefahrenDie inflationsbereinigte Geldmenge M 3 in der Eurozone stagniert nun schon seit geraumer Zeit, wie in der Abbildung dargestellt. Eine rückläufige bzw. stagnierende Geldmenge birgt konjunkturelle Risiken und deutet somit auch auf eine destabilisierende Geldpolitik hin, da die Notenbank die Geldmenge durch Aufkaufprogramme direkt beeinflussen könnte – wie es die Fed seit 2009 tut – und dies in Anbetracht des US-Geldmengen- und Wirtschaftswachstums offenbar auch erfolgreich.Weder bei den Güter- noch bei den Häuserpreisen ist in der Eurozone gegenwärtig Inflationsdruck zu erkennen. Wie kann es auch anders sein, die Geldmenge stagniert bzw. ist rückläufig – ein Umfeld, in dem keine Inflation aufkommen kann. Für eine konjunkturelle Erholung könnte eine aktivere Politik der effektiven Geldmengenausweitung jedoch nötig sein, um deflationäre Risiken zu reduzieren, wodurch sich die Wachstumsrisiken in einer relativ hoch verschuldeten Wirtschaft deutlich verringern würden. Keine neue ErkenntnisInflationsrisiken würden sich nur unter anhaltender Krisenpolitik bzw. Geldmengenausweitung realisieren. Doch wie die USA aktuell zeigen, mag sich dies eher auf die Vermögenswerte bzw. Häuserpreise beziehen, was ebenfalls kurzfristig wachstumsfördernd ist. Dies ist keine neue Erkenntnis und ist in der Volkswirtschaftslehre als Pigou-Effekt bekannt.Da die EZB kein direktes Aufkaufprogramm in Erwägung zieht, ist kurzfristig keine deutliche Erholung der Geldmenge zu erwarten. So wird auch jeglicher Inflationsdruck 2013 wie auch 2014 im Schnitt unter 2 % bleiben. In solch einem Umfeld ist auch auf mittlere Sicht mit keiner Wende in der EZB-Leitzinspolitik zu rechnen. Zudem deutet die langsame Erholung des Geldmengenwachstums auf eine ausgedehnte Wende in der Zinspolitik hin. Die Geldmarktsätze werden noch auf Sicht beim aktuellen Niveau bleiben und selbst mittelfristig eher niedrig sein. HerausforderungDas derzeit niedrige Zinsumfeld stellt viele risikoaverse Anleger vor die Herausforderung, attraktiv verzinste Anlagemöglichkeiten zu finden. Da Festgelder und Sparbriefe oft nur noch Zinserträge bieten, die unter der Inflationsrate liegen, erfreuen sich Zinsprodukte wie Floater oder Stufenzinsanleihen bei Bankberatern und ihren Retailanlegern großer Beliebtheit. Sie stellen inzwischen laut dem DDV Deutscher Derivate Verband e.V. mit ca. 59 % Marktvolumen den Großteil des Marktes für derivative Anlageprodukte dar. Dies ist in der einfachen, nicht komplexen Struktur der Produkte und der daraus resultierenden leichten Verständlichkeit für Anleger begründet. Im Fokus der InvestorenVor dem Hintergrund eines auf mittlere Sicht erwarteten niedrigen Zinsumfeldes rücken besonders kurz- bis mittelfristig laufende Stufenzinsanleihen in den Fokus der Anleger. Diese Produkte zeichnen sich vor allem durch fest definierte und jährlich stufenweise steigende Zinszahlungen aus. Da Stufenzinsanleihen keiner Einlagensicherung unterliegen, fällt die Verzinsung bei gleicher Laufzeit in der Regel höher aus als bei Festgeldern und Sparbriefen.Zudem sind sie an Handelstagen jederzeit über die Börse veräußerbar und damit deutlich flexibler als Festgeldanlagen. Die jährlich stufenweise steigenden Zinszahlungen führen außerdem zu geringerer Zinssensitivität (Duration). Sollten während der Laufzeit die Marktzinsen steigen, fallen die bei festverzinslichen Wertpapieren in der Regel generell schon geringen Kursschwankungen bei Stufenzinsanleihen so weniger stark aus als bei Festzinsanleihen. Wird das Produkt bis zur Fälligkeit gehalten, erhalten Anleger das Nominal in der Regel zu 100 % vom Emittenten zurück.Für Anleger, die längerfristig investieren möchten und eine ausgedehnte Wende der Zinspolitik erwarten, können Floater eine interessante Anlagealternative darstellen. Floater bzw. Floating Rate Notes (FRN) sind Anleihen, deren Verzinsung variabel und von der Marktzinsentwicklung abhängig ist. Oftmals wird der variablen Verzinsung ein von der Marktzinsentwicklung unabhängiger fixer Kupon, der sogenannte Sockelzinssatz, hinzugefügt. Die variable Zinskomponente ist an die Entwicklung eines Referenzzinssatzes gebunden, der den Marktzinssatz widerspiegelt. Drei-Monats-Euribor als BasisAls Basiswert für den Marktzinssatz wird meistens der Drei-Monats-Euribor (Euro Interbank Offered Rate) herangezogen. Euribor-Sätze stehen für die durchschnittlichen Zinssätze im Laufzeitbereich bis zu zwölf Monate, zu denen sich ausgewählte Banken im Euroraum untereinander unbesicherte Kredite in Euro gewähren. Steigt der Marktzinssatz, profitieren Anleger durch einen Anstieg der variablen Zinskomponente. Sinkt der Marktzinssatz, sinkt parallel die variable Zinskomponente des Floaters. Der fixe Sockelzinssatz bleibt davon aber unberührt.—Von Jörn Schiemann, Direktor im Bereich Treasury, zuständig für Wertpapiere bei der IKB Deutsche Industriebank AG