Vorfreude ist die schönste Freude

Aussicht auf Deregulierung treibt US-Bankentitel - Umbau von Dodd-Frank wird sich lange hinziehen

Vorfreude ist die schönste Freude

US-Präsident Donald Trump hat den Startschuss für den Rückbau der Bankenregulierung abgegeben. Investoren schielen bereits auf mehr als 100 Mrd. Dollar, die an sie ausgeschüttet werden könnten. Doch der Umbau von Dodd-Frank wird dauern.sp New York – Die Aktien von US-Banken haben nach den vor dem Wochenende vom neuen US-Präsidenten Donald Trump erlassenen Dekreten zur Deregulierung des Finanzsektors noch einmal kräftig zugelegt. Seit der Präsidentschaftswahl im November hat der KBW Nasdaq Bank Index in Erwartung des im Wahlkampf angekündigten Rückbaus von Regulierung fast ein Viertel gewonnen, während der S & P 500 im gleichen Zeitraum um etwas mehr als 7 % geklettert ist. Am Freitag setzte Trump seine Wahlversprechen in präsidiale Erlasse um, in denen unter anderem die Überprüfung des Wall-Street-Reformpakets Dodd-Frank Act angeordnet wird (vgl. BZ vom 4. Februar). Der Umbau des 2010 als Reaktion auf die Finanz- und Wirtschaftskrise verabschiedeten Gesetzespakets dürfte sich allerdings noch lange hinziehen.Investoren setzen unter anderem darauf, dass allein die sechs größten US-Institute im Falle einer Lockerung der Regulierungsanforderungen überschüssiges Kapital in Höhe von mehr als 100 Mrd. Dollar für Dividenden oder Aktienrückkäufe verwenden könnten, wie das Research von RBC Capital Markets vorrechnet (siehe Grafik). Die größten 18 Banken könnten nach Einschätzung von Morgan Stanley ihre Investoren mit insgesamt 120 Mrd. Dollar verwöhnen. Analysten von Goldman Sachs gehen davon aus, dass die großen US-Banken ihr Ergebnis je Aktie im nächsten Jahr um durchschnittlich 13 % nach oben treiben könnten, sollte das vorhandene überschüssige Kapital in Form von Aktienrückkäufen an Investoren zurückfließen.Voraussetzung dafür wäre freilich, dass die Institute Klarheit über die künftigen regulatorischen Anforderungen haben und wissen, was an die Stelle der geltenden Bestimmungen von Dodd-Frank tritt. Bis dahin ist es nach Einschätzung von Experten allerdings ein längerer Weg, als es der hemdsärmelige Stil des neuen Präsidenten vermuten lässt. Denn mit der Executive Order vom Freitag hat Trump die zuständigen Behörden zunächst einmal nur angewiesen, Dodd-Frank auf den Prüfstand zu stellen und einen Bericht vorzulegen, der die Möglichkeiten für einen Umbau und eine Entlastung des Finanzsektors aufzeigt.Um die Bestimmungen von Dodd-Frank zur Gänze außer Kraft zu setzen, muss der Kongress ein neues Gesetz verabschieden. Eine Vorlage dafür ist der Financial Choice Act aus der Feder von Jeb Hensarling, Kongressabgeordneter der Republikanischen Partei aus Texas, der den Vorsitz im Financial Services Committee des Repräsentantenhauses führt und auch als Finanzminister im Gespräch war, bevor sich Trump für den Ex-Goldman-Sachs-Banker Steven Mnuchin entschied. Hensarling könnte schon in dieser Woche eine überarbeitete Fassung seines Gesetzesvorschlages vorlegen, wie das “Wall Street Journal” berichtet. Doch auch wenn Hensarling im Repräsentantenhaus keine Probleme haben dürfte, seine Vorstellungen für die künftige Regulierung des Bankensektors durchzusetzen, ist im Senat mit Widerstand der Minderheitspartei zu rechnen, gerade wenn es um Einschränkungen beim Verbraucherschutz geht. VerhandlungsmarathonGary Cohn, wichtigster Berater des Präsidenten in Wirtschaftsfragen und bis vor wenigen Wochen die Nummer 2 in der Hierarchie der Investmentbank Goldman Sachs, erklärte zu den Plänen für den Umbau der Bankenregulierung, dass die Regierung auch über reichlich Möglichkeiten verfüge, ohne Zustimmung des Kongresses auf Ebene der Behörden, die Bestimmungen von Dodd-Frank umsetzen, Änderungen vorzunehmen. Auch dieser Vorgang kann viel Zeit in Anspruch nehmen.Im Falle der sogenannten Volcker Rule, die im Rahmen von Dodd-Frank den Eigenhandel von Banken mit vom Steuerzahler garantieren Einlagen von Kunden verbietet, liefen die Verhandlungen mit den fünf betroffenen Regulierungsbehörden über Jahre, bevor die Regel schließlich in Kraft treten konnte. Änderungen an der Volcker Rule müssten alle fünf Behörden zustimmen.