Vorsicht beim Abbau von Geldautomaten
Geldautomaten
Abbau verlangt Augenmaß
Geldautomaten verlieren in Deutschland rasch an Relevanz. Doch beim Abbau der Geräte ist Fingerspitzengefühl gefragt.
Verschwindet der Geldautomat aus einer Ortschaft, ist der Unmut mitunter groß: Weil die Raiffeisenbank Eifel einen defekten Automaten über Monate nicht instand setzte, die Raiffeisenbank Landshuter Land den Abbau von Geräten in kleinen Ortschaften ankündigte und die VR-Bank Alb-Blau-Donau an der Schließung von Automaten auch im Nachhinein festhielt, äußerten Bürgerinnen und Bürger ihren Protest, wie ein Blick in die regionale Presse zeigt. Auch sind Filialschließungen samt Automatenabbau immer wieder Thema in den lokalen Blättern. Die Statistik bestätigt den Trend. War die Zahl der Geldautomaten über Jahre hinweg einigermaßen stabil, sinkt sie seit 2021 deutlich, wie die Bundesbank festhält. Im zweiten Halbjahr 2023 gab es noch annähernd 52.200 Automaten in Deutschland, das sind rund 3.400 weniger als nur eineinhalb Jahre zuvor. Ein so rascher Abbau ist heikel. Die Kreditwirtschaft muss dabei vorsichtig vorgehen.
Die Bürgerproteste mag man als kleinkariert abtun. Oft sind es wenige Menschen, die sich lautstark zu Wort melden. Die schweigende Mehrheit, so lässt sich vermuten, hat an teuren Bankdienstleistungen kein Interesse. Für jeden Geldautomaten fallen pro Jahr 10.000 bis 15.000 Euro für Raummiete, Betrieb, Bestückung und Versicherung an, wie die Arbeitsgemeinschaft Geldautomaten vorrechnet. Ein neues Gerät kostet ungefähr 20.000 Euro. Das sind Kosten, die Banken und Sparkassen auf ihre Kunden abwälzen müssen. Zugleich verliert Bargeld an Relevanz: Gemessen am Transaktionsvolumen kommen Münzen und Scheine im Einzelhandel nur noch auf einen Anteil von 36%, wie das privatwirtschaftliche EHI Retail Institute ausrechnet, Tendenz sinkend. Karten aller Art, vorneweg die Girocard, gewinnen insgesamt an Bedeutung. Und wer Bares benötigt, kann auch an einer Supermarktkasse Geld abheben. Wozu also Geldautomaten?
Ruf nach finanzieller Inklusion
Doch so einfach ist es nicht: Spätestens dann, wenn sich alte oder körperlich behinderte Menschen zu Wort melden, weil sie auf einen nahegelegenen Geldautomaten nicht verzichten können, sollte jedem klar sein, dass Bargeldversorgung ein sensibles Thema ist. Das sieht auch die Bundesbank so: „Bargeld wird auch in Zukunft besser als unbare Zahlungsmittel die Inklusion von bestimmten Personengruppen gewährleisten“, schreibt sie in einem gemeinsamen Thesenpapier mit gemeinnützigen Organisationen. Auch wenn freilich ältere und behinderte Menschen ebenfalls digitale Angebote nutzen, ist eine mangelnde Bargeldversorgung auf dem Land ein Problem. Die hippen Direktbanken und Neobanken waren nie in der Fläche präsent, so dass sich der Zorn leicht auf örtliche Sparkassen und Volksbanken konzentriert. Das Selbstverständnis der Institute ist auf Gemeinwohl ausgerichtet: genossenschaftlicher Zusammenhalt hier, öffentlicher Auftrag dort.
Natürlich kann es keine Bestandsgarantie für jeden Geldautomaten geben, selbstverständlich spielen Kosten eine Rolle – der Bedeutungsverlust von Bargeld lässt sich nicht ignorieren. Doch eine Abwägung schließt mehr ein als eine betriebswirtschaftliche Kalkulation. Genossenschaften und Sparkassen verfolgen hier ähnliche Ziele und sollten die Kooperation suchen. Gemeinsam betriebene Standorte, von einigen Häusern vorgelebt, sind ein Modell mit Zukunft. Aus gutem Grund etabliert sind auch Filialbusse, die kleine Ortschaften ansteuern und immerhin zeitweise ein Bankangebot aufrechterhalten. Pragmatismus ist gefragt – und ein Gespür für die Stimmung vor Ort.
Weniger Angriffe auf Geldautomaten
Immerhin gibt es gute Nachrichten: Erste Berichte aus einigen Bundesländern zeigen an, dass die Zahl der Sprengstoffangriffe auf Geldautomaten deutlich abnimmt. Das Problem wiegt bislang schwer: Nach einer Sprengung dauert es, bis ein Kreditinstitut die Schäden behoben und einen neuen Automaten aufgebaut hat. Manchmal ist ein Raubangriff ein Anlass dafür, einen Standort aufzugeben. Schon die bloße Gefahr einer Sprengung geht mit Kosten einher, seien es Versicherungsbeiträge oder sei es die Nachrüstung von Automat und Filiale. Bleibt zu hoffen, dass Polizeiarbeit der vergangenen Jahre endlich Wirkung zeigt. Der Bargeldversorgung wäre damit ein Dienst erwiesen!