Vorteile durch nachhaltige Kapitalanlagen

Nachhaltiges Investieren am Beispiel von Wohnimmobilien - Berücksichtigung von ESG-Kriterien bei Immobiliensondervermögen als wichtiger Erfolgsfaktor

Vorteile durch nachhaltige Kapitalanlagen

Der Markt für nachhaltige Investments setzt – auch in Zeiten der Pandemie – sein stetiges Wachstum der vergangenen Jahre fort. Die Assetklasse Immobilien bietet institutionellen Investoren, die in Deutschland mit rund 93 % Träger dieses Wachstums sind, die Möglichkeit, nachhaltige Kapitalanlagen konkret in ihr Assetmanagement zu integrieren. Die dabei zugrundeliegenden ESG-Grundsätze enthalten umweltverantwortliche, klimabezogene Investitionsleitlinien (Environment), soziale Aspekte (Social) und nachhaltige Unternehmensführung (Governance). Es ist dabei grundlegend, ESG in Risikokategorien als Nachhaltigkeitsrisiko und Teil des Marktrisikos zu verstehen, das in den Investment- und Risikomanagementprozess von institutionellen Investoren integriert werden muss.Ein Risikomanagement erfolgt ganzheitlich auf allen drei Ebenen: Asset-, Portfolio- und Managerebene. Auf Assetebene wird beispielsweise der CO2-Footprint der Immobilie betrachtet. Im Portfolio werden die Assetrisiken aggregiert und nach ESG-Investitionsrichtlinien in ein Reporting überführt. Auf der Managerebene werden beispielsweise Anlageprinzipien, Zuständigkeiten, Gremien und Ratings definiert.Bei institutionellen Anlegern unterscheidet man verschiedene Investorengruppen, für die eine unterschiedliche Regulierung gilt: Versicherer und Rückversicherer unterliegen den Anforderungen von Solvency II, Kreditinstitute und Sparkassen müssen sich an Basel orientieren. Daneben gehören Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge (EbAV), Dachfonds und andere unregulierte Investoren wie Family Offices und Corporates/CTA (Contractual Trust Agreement) zum Anlegerkreis.Für alle Finanzmarktteilnehmer der Europäischen Union (EU) gilt als Regulierungsrahmen unter anderem die unmittelbar geltende Offenlegungsverordnung, die zum 10. März 2021 in Kraft treten soll. Sie regelt die Informations- und Transparenzpflichten zur Offenlegung von ESG-Informationen und berücksichtigt ESG-bedingte Risiken. “Environment” – der UrsprungDas Spektrum an möglichen Informationen ist dabei enorm groß. Der Kern vieler ESG-Objektanalysen ist der energetische Standard eines Gebäudes. Ihm kommt neben den Themen Wasserverbrauch, Stromverbrauch und Abfallaufkommen eine wesentliche Bedeutung zu, die durch Investitionen in Wohnungsbestände und Neubaustandards maßgeblich beeinflusst werden kann. Die Optimierung der energetischen Standards ist nicht nur unter Umweltgesichtspunkten wichtig, sondern kann sich auch wirtschaftlich sehr positiv für Mieter und Eigentümer auswirken. Eine hohe Energieeffizienz reduziert Energie- und Mietnebenkosten, eröffnet Mietpotenziale, ist in vielen Fällen durch Investitionszuschüsse und zinsgünstige Darlehen gefördert und sichert langfristig die Wettbewerbsfähigkeit einer Immobilie.Während eine hohe Energieeffizienz bei Neubauten von Beginn an mit eingeplant werden kann, stellt die energetische Sanierung von älteren Wohnungsbeständen oftmals besondere Anforderungen. In der Regel reicht es nicht, ein Bauteil zu sanieren, ohne die Auswirkungen auf andere Bauteile zu untersuchen. Wärmedämmung, neue Fenster und Heizungsanlagen müssen Hand in Hand gehen mit Lüftungskonzepten und von den Mietern mit getragen werden in der täglichen Nutzung.In der Sanierung von Wohnungsbeständen zeigen sich auch die Konfliktpotenziale verschiedener ESG-Ziele. Bei der – auf die Miete umlegbaren – Bestandssanierung geht es häufig um die Frage Energieeffizienz versus bezahlbaren Wohnraum. Decken die Energieeinsparungen die Kosten der Sanierung nicht, kommt es regelmäßig zu Mieterhöhungen, die das Angebot an bezahlbarem Wohnraum reduzieren. Bezahlbarer Wohnraum wiederum ist ein wichtiger Gesichtspunkt im ESG-Sektor “Social”.Investoren fragen verstärkt nach der Einhaltung von Mietvorschriften, sozialverträglichen Modernisierungen, Förderung von Barrierefreiheit und altersgerechten Grundrissen sowie der Vermeidung von sozial unverträglichen Kündigungen – klassische “Social”-Faktoren. Sozialen Frieden sichernBezahlbarer Wohnraum ist hier das vielleicht wichtigste Thema. Von der Bereitstellung ausreichend vieler bezahlbarer Wohnungen in zeitgemäßer Qualität wird mit abhängen, dass wir den sozialen Frieden in Deutschland dauerhaft sichern können. Dem geförderten Wohnungsbau kommt hier eine zentrale Bedeutung zu. Inzwischen bieten die Förderprogramme der Länder und Kommunen überwiegend eine gute Basis für eine verstärkte Realisierung neuer Bauvorhaben mit reduzierten Mieten. Viele Jahre ist dieser Sektor vernachlässigt worden. Unserer Beobachtung zufolge sind viele Investoren heute gerne bereit, in den geförderten Wohnungsbau zu investieren.Die Entwicklungen der vergangenen Monate zeigen anhand vieler Beispiele, wie wichtig der Gesichtspunkt “Social” als ESG-Kriterium geworden ist. Themen wie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie haben durch die Corona-Pandemie in den zurückliegenden Monaten an Dynamik gewonnen. Flexible Arbeitszeiten, Homeoffice, Teilzeitangebote oder Kinderbetreuungsoptionen werden zu Selbstverständlichkeiten, die im Immobilienmarkt abgebildet werden müssen.Zu kurz kommen aktuell dagegen oft soziale Projekte wie die Integration im Zusammenhang mit Zuwanderung, die sozialen Kontakte untereinander und die Verantwortung füreinander. Hier müssen wir aufpassen, dass wir wichtige ESG-Grundsätze bedingt durch die Pandemie nicht aus den Augen verlieren. “Good Governance” – die BasisWährend viele Gesichtspunkte der Bausteine “Environment” und “Social” messbar sind, ist der Bereich “Governance” beziehungsweise Unternehmensführung schwerer zu greifen. Dabei ist er vielleicht der wichtigste aller drei Faktoren. In der Unternehmensführung werden alle Grundlagen für ein nachhaltiges ESG-Management gelegt. Nulltoleranz gegenüber Korruption und Geldwäsche, Datenschutz und Transparenz gegenüber Kunden, Geschäftspartnern und Mitarbeitern – zusammengefasst unter dem Begriff Compliance – sollten heute Selbstverständlichkeiten sein.Doch was ist mit der Unternehmensethik, mit Fairness, Vertrauen und Integrität, wertorientiertem Handeln oder der Gleichberechtigung über alle Ebenen und Geschäftsfelder? Diese Faktoren sind schwer messbar, sie sind aber der wichtigste Garant für jede nachhaltige Unternehmens- und Investitionsstrategie.Fazit – Zahlreiche Studien haben nachgewiesen, dass nachhaltige Kapitalanlagen beim Risiko-Rendite-Profil keinen systematischen Nachteil bedeuten. ESG schafft Wert, wobei ESG-Risiken als Teil des Marktrisikos für alle wesentlichen institutionellen Investoren bereits heute explizit im Investment- und Risikomanagement zu integrieren sind. Dieser regulatorische Trend wird sich verstärken, wobei der EU-Aktionsplan mit der aktuell schon gültigen Offenlegungsverordnung für einen Investitionsschub sorgen wird.Daher ist eine klimagerechte Optimierung von Immobiliensondervermögen ein wichtigerer Baustein für den Erfolg. ESG-Ratings, Nachhaltigkeitsberichte und -zertifikate werden zunehmend an Bedeutung gewinnen. Achten müssen wir darauf, dass ESG-Standards und -Regularien am Ende wirklich ein objektives Bild geben und eine weitere Standardisierung nicht die Individualität eines werteorientierten Managements überlagert. ESG wird auch bei Immobilien zunehmend als Treiber disruptiv wirken. Mirco Himmel, Direktor und stellvertretender Leiter Asset Management Markt bei M.M. Warburg & CO und Christian Storck, Abteilungsdirektor Asset Management Markt bei M.M. Warburg & CO und Klaus Niewöhner-Pape, Geschäftsführer bei Industria Wohnen