GROSSBRITANNIEN

Warmer Regen

Jes Staley hätte sich keinen besseren Tag wünschen können, um sein Amt als neuer Chef der britischen Großbank Barclays anzutreten. Die Ergebnisse des jüngsten Bilanztests der Bankenaufsicht attestieren der Deutsche-Bank-Rivalin selbst unter Stress...

Warmer Regen

Jes Staley hätte sich keinen besseren Tag wünschen können, um sein Amt als neuer Chef der britischen Großbank Barclays anzutreten. Die Ergebnisse des jüngsten Bilanztests der Bankenaufsicht attestieren der Deutsche-Bank-Rivalin selbst unter Stress komfortablen Spielraum bei den Kennziffern für die Kapitalausstattung. Dabei hatten sich einige Aktionäre angesichts der internationalen Ausrichtung der Bank gefragt, ob ihr das Szenario der Aufseher ernsthaft zu schaffen machen könnte. Nun sind alle Sorgen wie weggeblasen.Zudem läutete Mark Carney acht Jahre nach Einsetzen der Finanzkrise die Normalisierung ein. Zumindest in Großbritannien wurden die Klagen der Branche über die wachsenden Lasten der Regulierung erhört. Banken werden in Zukunft weit weniger Kapital vorhalten müssen als einst vom Baseler Komitee geschätzt. Zwar will die Bank of England die Institute im kommenden Jahr dazu bewegen, antizyklische Kapitalpuffer zu bilden. Dadurch sollen sich aber die Anforderungen insgesamt nicht erhöhen. Zudem will Carney die Unsicherheit vertreiben, die Banken bislang dazu brachte, freiwillig Puffer zu bilden.Man darf also damit rechnen, dass demnächst ein warmer Geldregen auf die Aktionäre der britischen Banken niedergehen wird. Dank der guten Konjunktur in Großbritannien und Irland können bereits seit einiger Zeit Zuschreibungen statt Wertberichtigungen auf Kredite vorgenommen werden. Nur die Furcht vor noch mehr Regulierung sorgte bislang dafür, dass sich der Überschwang in Grenzen hielt.Die auf dem Höhepunkt der Krise vom Staat gerettete Lloyds Banking Group hat die Dividendenzahlungen bereits wieder aufgenommen. Bislang waren sie allerdings lediglich symbolischer Natur. Nun kann das vor dem Bilanztest noch als möglicher Wackelkandidat gehandelte Institut selbst auf dem Höhepunkt des Negativszenarios der Aufsicht eine Kernkapitalquote von 9,5 % zeigen. Da geht bei den Ausschüttungen mit Sicherheit noch was. Auch die Royal Bank of Scotland (RBS) nähert sich dem Tag, an dem wieder Dividenden an die Aktionäre ausgekehrt werden. Die Kapitalausstattung nähert sich nach dem Verkauf der US-Sparte Citizens Werten, von denen das Management zuvor nicht zu träumen gewagt hätte. Auch ein umfangreicher Aktienrückkauf wäre denkbar. Für den Staat, der immer noch 73 % an der schottischen Großbank hält, wäre das vielleicht ein attraktiver Ausweg. Die Branche darf sich nun, nach Jahren der Angst, entspannen.