SCHLUSSNOTE

Warum es US-Wertpapiere im Portfolio braucht

Von Dietegen Müller Beginnen wir mit dem Unerfreulichen: US-Aktien sind nach fast allen gängigen Kriterien derzeit hoch bewertet. Namhafte US-Investoren raten zum Ausstieg - wie Stan Druckenmiller, George Soros, Jeffrey Gundlach oder Carl Icahn, um...

Warum es US-Wertpapiere im Portfolio braucht

Von Dietegen MüllerBeginnen wir mit dem Unerfreulichen: US-Aktien sind nach fast allen gängigen Kriterien derzeit hoch bewertet. Namhafte US-Investoren raten zum Ausstieg – wie Stan Druckenmiller, George Soros, Jeffrey Gundlach oder Carl Icahn, um nur einige zu nennen. Ihrer Meinung nach spiegeln die Kurse nicht adäquat die Risiken. In den Vereinigten Staaten ist zudem Wahljahr. Niemand weiß, ob nicht doch das politische Irrlicht Donald Trump zum nächsten Präsidenten gewählt wird. Er könnte, wird befürchtet, eine politische Agenda aufsetzen, die Wirtschaft und Wall Street schaden könnte, auch wenn sein Ruf nach Steuersenkungen in Finanzkreisen zunächst auf ein gewisses Wohlwollen stößt. Ungewiss ist auch, welches Tempo die US-Notenbank für ihren nächsten Zinsschritt anschlägt. Selbst die Meinungen der Notenbanker divergieren erheblich – auch wenn das Lager jener, die eine raschere Anhebung möchten, im August einen geringen Vorsprung zu haben schien. Doch von anfänglich bis zu vier Zinsschritten in diesem Jahr, wie es Fed-Vize Stanley Fischer im Januar in Aussicht stellte, ist bis dato kein einziger realisiert worden. Mit verantwortlich dafür ist das Votum der Briten, sich aus der Europäischen Union verabschieden zu wollen. Die darauffolgende Marktvolatilität hat die Bank of England und die Europäische Zentralbank aufgeschreckt, und die grassierenden Niedrig- und Negativzinsen auf dem Alten Kontinent strahlen auch auf die USA ab, auch wenn die Fed der dominante Part ist. Die Ungewissheit, wie die Fed weiter vorgeht, belastet die Entwicklung am Aktienmarkt.Investoren europäischer Provenienz hält mitunter zudem auch die Nachlassregelung im US-Steuerrecht ab, sich in größerem Stil US-Wertpapiere ins Depot zu legen. Zwar gelten relativ großzügige Freibeträge, doch je nach Vermögensstruktur und Umfang können für die Erben substanzielle Steuerbescheide zusammenkommen.Doch gibt es auch eine Reihe Gründe, die für einen nennenswerten Anteil von US-Wertpapieren in einem Portfolio sprechen. So etwa die im Vergleich zu den europäischen Unternehmen ausgezeichnete Entwicklung der Unternehmensgewinne. Laut UBS hat sich in den vergangenen Jahren die Schere zwischen der Gewinnentwicklung von europäischen Unternehmen und jener der US-Firmen weiter geöffnet – zu Ungunsten der Europäer. Die hohe Bewertung von US-Titeln stützt sich nicht nur auf Luft ab, sondern nimmt ein höheres Ergebniswachstum vorweg. Und auf welchen Märkten gibt es Titel wie Amazon, Google oder Facebook, jene drei Reiter der Apokalypse, die über viele Branchen hinweg Umwälzungen bewirken, nicht immer segensreich zwar, die ihren Aktionären aber bisher eine phänomenale Wertsteigerung gebracht haben?Auch kann eine Dollar-Allokation zur Risikodiversifikation beitragen. Als globale Reservewährung ist der Greenback unentbehrlich. Dazu tragen ein relativ stabiler institutioneller Rahmen, die Tiefe des Kapitalmarkts und die gegenüber anderen Industrieländern vorteilhaftere Altersstruktur der Bevölkerung bei. Der Euro kann dem Dollar dabei nicht das Wasser reichen. Die vielen politischen Unwägbarkeiten und das Risiko einer Fragmentierung der Eurozone sprechen dagegen. Kurzfristig mag der Dollar gegenüber dem Euro aus Sicht von Kaufkraftparitätsmodellen zu teuer sein. Durch die europäische Brille spricht langfristig einiges dafür, US-Titeln treu zu sein und im Dollarraum unterwegs zu sein. Dies ist kein Garant für Werterhalt, sondern bloß ein relatives Spiel, da in einer möglichen nächsten Krise die USA besser abschneiden dürften als schwächere Länder.