Wege aus der Reputationskrise gesucht

Banken und Versicherer weisen auf Finanzgipfel in unterschiedliche Richtungen

Wege aus der Reputationskrise gesucht

mic München – Mehrere Jahre nach dem Ausbrechen der Schulden- und Finanzkrise ringt die Finanzwirtschaft unverändert um das Vertrauen der Öffentlichkeit und damit ihrer Kunden. Während dieses kämpferische Bemühen die Redner auf dem achten Bayerischen Finanzgipfel einte, wurde zum wiederholten Mal klar, dass Banken und Versicherer sich uneins sind in Diagnose und Heilung der Reputationskrise.”Die Imagewerte der Banken sind aktuell kaum besser als zum Höhepunkt der Finanzkrise”, konstatierte HVB-Vorstandssprecher Theodor Weimer vor 350 Zuhörern in der Residenz München. Daher müsse man von einer anhaltenden Reputationskrise der Banken sprechen. Der Vorstandsvorsitzende der Versicherungskammer Bayern, Frank Walthes, wies darauf hin, dass die Versicherungsvertreter in Image-Umfragen den letzten Platz belegten. Vertrauen sei schnell beschädigt, sagte auch Alexander Erdland als Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft. Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon erklärte auf der Veranstaltung, die vom Bayerischen Finanzzentrum organisiert wurde, die Banken hätten vor der Finanzkrise zu viele Risiken übernommen. Erdland: Nicht im BeichtstuhlErdland – im weiteren Veranstaltungsverlauf sprechend – wollte aber explizit nicht “in den Beichtstuhl”, wie er auch mit Blick auf seine Vorredner sagte. Der Versicherungsmanager zog vielmehr mehrfach einen Trennstrich zur Kreditwirtschaft. Er betonte, es sei richtig, nicht von einer Finanzkrise, sondern von einer Banken- und Staatsschuldenkrise zu reden. Die Versicherungswirtschaft habe diese Krise nicht verursacht, sie sei die Leidtragende.Versicherungskammer-Chef Walthes dagegen räumte zwar ein, dass seine Branche in der Vergangenheit Fehler gemacht habe. Aber einige Einflussfaktoren auf die Reputation habe die Branche nicht zu verantworte, merkte auch er an. Dazu zählten Schwankungen am Kapitalmarkt genauso wie die Vielzahl der Regulierungsthemen. Mit Blick auf die Medien kritisierte er, dass die Skandalisierung der Versicherungswirtschaft zugenommen habe. Zwar wolle er nicht die Print-Erzeugnisse für das schlechte Image der Versicherer verantwortlich machen: “Doch durch die Veränderungen in der Medienlandschaft ist auch der Druck auf diese gewachsen.” Erdland schlug in die gleiche Kerbe: Die Zahl der Fachjournalisten in den Redaktionen werde geringer. Darunter leide die Berichterstattung. Den einzelnen Journalisten vor Ort konzedierte er guten Willen. Insbesondere auf Chefebene dagegen werde skandalisiert.Was tun gegen die Reputationskrise? Erdland machte klar, dass sein Verband eigene Kommunikation als Gegenmittel sieht. Das Team in der verantwortlichen Abteilung sei neu ausgerichtet worden, nun bespiele man beispielsweise aktiv die Online-Kanäle: “Über diesen Ansatz setzen wir jetzt selbst unsere Themen.” Weimer: Kosten hart senkenDSGV-Präsident Fahrenschon forderte, die Banken sollten ihre Funktion als Risikominimierer wieder übernehmen: “Die Branche muss sich ohne Ausnahme zu unserer dienenden Rolle für die übrige Wirtschaft bekennen.” HVB-Chef Weimer nannte fünf Eckpunkte, die zu erfüllen seien. Erstens brauche Deutschland ein Banking, das der Realwirtschaft diene. Der Kreditwirtschaft werde es aber schwer gemacht, das Wachstum zu fördern. So müsse der Staat bei der Infrastrukturfinanzierung die Regulierungs-Weichen so stellen, dass die Finanzwirtschaft diese Kredite tatsächlich ausreichen können. Weimer forderte dementsprechend – zweitens – eine Regulierung mit Augenmaß. Erdland setzte dagegen: “Gute Regulation ist gut für Reputation.”Der dritte wesentliche Punkt für den HVB-Chef: Die Banken müssten auch in Zukunft profitabel arbeiten können. Die Ertragstöpfe würden jedoch kleiner, daher sei ein hartes Kostenmanagement unabdingbar – und zwar nicht nur vorübergehend, sondern zu jeder Zeit. Im digitalen Banking sieht Weimer eine vierte Notwendigkeit. Fünftens brauche die Branche ein “ehrbares Banking”. Walthes: Verhalten prüfenAuch Walthes forderte, die Akteure der Versicherungsbranche müssten nach den Tugenden des ehrbaren Versicherungskaufmanns handeln: “Unser schlechtes Image in der Öffentlichkeit können wir nur umkehren, wenn wir unser Verhalten stetig überprüfen und die Menschen regelmäßig mit relevanten Informationen versorgen.”EZB-Direktoriumsmitglied Peter Praet ging in seinem langen Vortrag nicht gesondert auf das Finanzgipfel-Thema “Wege aus der Reputationskrise” ein. Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner lobte in ihrem Eröffnungsvortrag die Fortschritte, die Banken und Versicherer gemacht hätten. Diese Entwicklungen würden in der Öffentlichkeit teils nicht gewürdigt, rügte die Politikerin. Kritische Worte an die Adresse der Banken und Versicherungen vermied sie. In Richtung der Regulierer richtete sie den Appell, die Langfristkultur der deutschen Finanzbranche zu respektieren. “Wir brauchen Sie”, so die Schlussworte Aigners an das Publikum.