EUROBÖRSENTAG 2015

Weidmann nimmt Investoren ins Visier

Bundesbankchef plädiert für automatische Verlängerung von Bondlaufzeiten bei ESM-Programm - Kapitalmarktunion wichtig

Weidmann nimmt Investoren ins Visier

Das griechische Schuldendrama überstrahlt derzeit vieles. Auch beim Auftritt von Bundesbankchef Jens Weidmann beim Eurobörsentag spielt es eine zentrale Rolle – insbesondere, was die daraus zu ziehenden Lehren betrifft. Nicht alles für AltschuldenIm Fall Griechenlands hätten sich die privaten Gläubiger “nach und nach aus der Verantwortung verabschiedet”, so Weidmann. Die Schulden seien auf den öffentlichen Sektor übergegangen. Eine automatische Verlängerung würde das unterbinden und den Finanzierungsbedarf eines möglichen Programms “drastisch verringern”. Dieses würde nur noch gebraucht, um die fiskalische Anpassung zeitlich zu strecken und damit zu erleichtern – “aber nicht, um damit Altschulden zu begleichen”.Weidmann bringt damit erneut einen Vorschlag seines Vorgängers Axel Weber ins Gespräch, der bereits die Halter von Staatsanleihen kriselnder Euro-Länder in die Pflicht nehmen wollte. Schon früher hatte Weidmann auf diese Idee Bezug genommen, so etwa im März 2014. Angesichts der Entwicklung in Griechenland, wo nun gar über einen nominalen Schuldenschnitt auf die von öffentlicher Seite gehaltenen Schuldtitel diskutiert wird, ist der neuerliche Vorstoß aber bemerkenswert.Weidmann betonte, dass die privaten Gläubiger in einem solchen Fall zuvor eine angemessene Risikoprämie erhalten hätten. Deswegen sei es legitim, sie nicht aus der Verantwortung zu entlassen. “Wenn nach einem dreijährigen Programm der Marktzugang noch nicht wieder gegeben ist und man deshalb von einer tiefergehenden Zahlungsunfähigkeit ausgehen muss, werden die am Markt begebenen Anleihen restrukturiert, um die dauerhafte Zahlungsfähigkeit des Staates wiederherzustellen”, so Weidmann. Für Griechenland komme das zu spät, aber es sei ein Modell für die Zukunft.Weidmann betonte, das Thema sei auch für den ESM wichtig. “Denn Kredite an sich später als insolvent erweisende Mitgliedstaaten zu vergeben, dürfte spätestens dann schwer mit der No-Bail-out-Klausel in Einklang zu bringen sein, wenn tatsächlich ein Schuldenschnitt nötig wird und die privaten Gläubiger durch andere, nämlich öffentliche, zuvor ersetzt worden sind.” Die No-Bail-out-Klausel besagt, dass Länder des Währungsraums nicht für die Schulden anderer Länder einstehen sollen. Griechenland verhandelt nun mit seinen Gläubigern über neue Kredite in Höhe von bis zu 86 Mrd. Euro. Der größere Teil kommt vom ESM.In seiner Rede warnte Weidmann erneut sehr explizit davor, dass Zentralbanken womöglich mehr Schaden als Nutzen anrichten, wenn sie ihre Politik zu aggressiv lockern und vor allem zu viel Liquidität in die Banken pumpen – zumal in insolvente Institute. “Eine zu restriktive Liquiditätsgewährung kann aus einem Funken einen Flächenbrand werden lassen. Eine zu generöse Liquiditätsgewährung, die Institute ohne tragfähige Geschäftsmodelle am Leben erhält, kann aber auch dazu führen, dass am Ende der Löschwasserschaden größer als der Brandschaden ist”, betonte Weidmann.Der Bundesbankchef stellte sich sehr deutlich hinter Vorschläge der EU-Kommission für eine Kapitalmarktunion. Eine Erhöhung des Anteils der Eigenkapitalmärkte sowie deren grenzüberschreitende Integration würden dazu beitragen, die Risikoteilung in Europa zu verbessern, das könnte helfen, regionale wirtschaftliche Schocks besser abzufedern. Weidmann zog insbesondere den Vergleich zu den USA. “Aus diesem Grund ist die Kapitalmarktunion auch für die Geldpolitik wichtig.” Mehr Eigenkapital aufbauenWeidmann erneuerte zudem die Forderung nach einer Eigenkapitalunterlegung von Staatsanleihen. Die regulatorische Privilegierung müsse “so schnell wie möglich” enden. Er forderte zudem “zusätzliche Anstrengungen zur Ausweitung der Kapitalbasis” bei systemrelevanten Banken und solchen Instituten, die die Basel-III-Vorgaben nur gerade so erfüllen werden. Darüber hinaus plädierte er erneut für eine Beseitigung der steuerlichen Vorzugsbehandlung von Fremd- gegenüber Eigenkapital.