IM GESPRÄCH: SIMON KLEIN

"Weiteres Erwachen" erwartet

DWS: Neuer Kostenausweis für Wertpapiere beflügelt Diskussion über Kosten und stärkt ETF-Segment

"Weiteres Erwachen" erwartet

Bisher greifen nur wenige Privatsparer zu ETFs, auch wenn ihr Anteil stetig wächst. Neuen Schub dürfte die Produktkategorie durch weitere Kostenangaben erhalten, sagt Simon Klein, der bei der DWS für den Vertrieb passiver Anlagelösungen verantwortlich ist. Die EU-Richtlinie Mifid II zwinge die Branche zu mehr Transparenz. Von Jan Schrader, FrankfurtWenn Millionen Fondssparer in den kommenden Wochen eine Nachricht zu ihrer Geldanlage bekommen, werden viele von ihnen über die Gebühren ihrer Fonds nachdenken, wie Simon Klein sagt. Bankkunden erhalten für ihr Wertpapierdepot erstmals den Ex-post-Kostenausweis, der im Zuge des EU-Regelwerks Mifid II eingeführt wurde. Die Diskussion über den provisionsbasierten Fondsvertrieb sowie über ETFs erhält dann neuen Schwung, sagt der Leiter des Vertriebs von passiven Investments in Europa und Asien der Fondsgesellschaft DWS im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. “Es wird ein weiteres Erwachen geben.”Börsengehandelte Fonds seien schon längst bei privaten Sparern verbreitet. Rund 835 000 Sparpläne sind laut dem ETF-Portal “Extra-Magazin” per Ende Januar bei den größeren Direktbanken in Deutschland bereits aufgelegt worden – Tendenz steigend. Klein erwartet zudem, dass sich auch Depotmodelle mit einer Einheitsgebühr durchsetzen könnten. Dann zahlen Anleger nicht mehr für die vermittelten Fonds über die Produktkosten, sondern einen festen Obolus an Bank oder Vermögensverwalter und beziehen im Gegenzug Fonds günstiger – sowohl passive ETFs als auch aktiv verwaltete Fonds.Die Vertriebsmitarbeiter der DWS seien mit Banken und Vermögensverwaltern schon ins Gespräch gekommen, um im Rahmen neuer Bezahlmodelle auch ETFs zu platzieren. Als zweitgrößter ETF-Anbieter in Europa hofft die börsennotierte Tochter der Deutschen Bank, in einem sich wandelnden Fondsvertrieb einen spürbaren Anteil an den vermittelten Produkten in Deutschland zu erhalten. Wertpapierdepots mit Pauschalgebühr zählen mittlerweile zum Angebot einiger Banken, während erste Fondsplattformen bereits sogenannte “Clean Shares” verkaufen, also Anteilsklassen von aktiven Fonds ohne Vertriebskosten. Bisher spielen diese Fondsanteile im deutschen Vertrieb aber noch eine geringe Rolle. Geringe MargenMifid II steht im Ruf, den Kostendruck in der Branche zu erhöhen. Der anstehende Ex-post-Kostenausweis schlüsselt die Produktkosten für das zurückliegende Jahr in Prozent und in absoluten Werten auf, auch wenn Details noch nicht einheitlich geregelt sind. Sofern Anleger von klassischen Aktienfonds auf passive Anlageprodukte umsteigen, verliert die Fondsbranche Geschäft, wie Zahlen der DWS nahelegen: So lebt die Gesellschaft in der Passiv-Sparte von einer Marge von 0,24 %, während aktive Aktienstrategien mit 0,76 % an der Spitze stehen, wie die DWS für das vergangene Jahr aufschlüsselt. Mit den Marken DWS für viele aktiv verwaltete Strategien und X-Trackers für ETFs mischt die Gesellschaft in beiden Marktsegmenten mit, doch ein Bedeutungsverlust aktiv verwalteter Produkte wäre auch für die DWS ein Schlag. Die Passivsparte sei aber trotz des hohen Wettbewerbs solide aufgestellt, betont Klein, der sich nicht allzu sehr auf einen aggressiven Preiswettbewerb einlassen will. “Wir machen nur gesunde Fee Cuts.”Nicht nur private Kunden, sondern vor allem institutionelle Anleger, die schon lange auf Kosten sensibel regieren und etwa auch die Handhabung und Liquidität im Blick haben, greifen zu ETFs. Die Produkte seien ein “Instrument für verschiedene Einsatzmöglichkeiten und Kunden”, sagt Klein. Als langfristige Vehikel seien die Fonds ebenso geeignet wie für kurzfristige Anlagen. Im vergangenen Jahr flossen ETFs in Europa nach Daten des europäischen Fondsverbands Efama 18 Mrd. Euro zu, der Bestand erreicht 624 Mrd. Euro. Der Anteil der börsengehandelten Fonds an allen Publikumsfonds (Ucits) erreicht damit 7 %, während das Neugeschäft zu 15 % auf ETFs entfällt. Ein deutlich höherer Anteil der Produkte am Fondsbestand in den USA legt nahe, dass in Europa Luft nach oben ist. Die DWS erreicht mit einem ETF-Volumen von 69 Mrd. Euro zum Jahresende einen Marktanteil von 11 %. 120 bis 130 Mrd. Euro In Deutschland haben Anleger ungefähr 120 bis 130 Mrd. Euro in ETFs angelegt, schätzt Klein. Ein Fünftel, also rund 25 Mrd. Euro, liegen demnach in Depots von Privatleuten. Genaue Zahlen gibt es nicht, weil durch die Struktur des Marktes die Zuordnung der Mittel nach Anlegerkategorie nur eingeschränkt möglich ist. Zwischen Fondsgesellschaft und Anlegern stehen diverse Banken als Marktmacher, so dass eine ETF-Schmiede nicht jeden einzelnen Anleger kenne, sagt Klein. Insgesamt werde das Segment weiter zulegen, zeigt er sich überzeugt. “Das strukturelle Wachstum bleibt intakt.”