Aareal Bank

Wiesbadener Patt

Nach der Klatsche auf der jüngsten Hauptversammlung tut die Aareal Bank gut daran, die Nachfolge an der Spitze des Aufsichtsrates vorzubereiten.

Wiesbadener Patt

Die Klatsche der Aktionärsaktivisten Petrus und Teleios hat gesessen. Die Bilanz des Schadens nach der Hauptversammlung der von ihnen attackierten Aareal Bank: Das Vorstandsvergütungssystem des Immobilienfinanzierers durchgerasselt; Aufsichtsratschefin Marija Korsch haben die Anteilseigner mit gerade einmal knapp 68% der Stimmen entlastet – ein ähnlich miserables Ergebnis fuhren im deutschen Finanzsektor zuvor mit gut 60% 2015 allein die beiden Deutsche-Bank-Co-Chefs Jürgen Fitschen und Anshu Jain ein, und die sollten wenige Wochen später ihren Ab­schied ankündigen.

Die Spitze des Aufsichtsrats beschädigt, der Vorstandsvorsitz seit dem gesundheitlich gebotenen Rückzug von Hermann Merkens ohnehin seit Monaten vakant: Sind die Aktivisten nun am Ziel ihres Plans, die Software-Tochter Aareon aus der Gruppe herauszulösen und per Sachdividende ausschütten zu lassen? Triumphgeheul nach dem Hausfriedensbruch in Wiesbaden wäre voreilig.

Tatsächlich geht es den Aktivisten derzeit wie einem Schachspieler, der seinen Gegner routiniert an den Rand einer Niederlage drängt, nur um festzustellen, dass er ein elendes Patt heraufbeschworen hat, da er die Züge nicht bis zum Ende vorausgedacht hat: Auf der einen Seite kann sich Aufsichtsratschefin Marija Korsch nicht auf Dauer gegen die beiden zu den größten Aktionären zählenden Hedgefonds behaupten. Auf der anderen Seite haben Petrus und Teleios am 18. Mai zwar ihren Lästigkeitswert maximiert, für ihren Antrag, Korsch und zwei weitere Aufsichtsräte abzuwählen, hingegen keine Mehrheit mobilisieren können. Dieser Angriff scheint das Aktionariat vielmehr geeint zu haben – wenn schon der Chefposten mit Finanzvorstand Marc Heß nur interimistisch besetzt ist, so offenbar die Logik, will man mit einem Revirement im Kontrollgremium das Chaos nicht komplett machen. Mit ihrer Attacke auf Korsch zementieren Petrus und Teleios demnach die Position der Aufsichtsratschefin, welche die jüngste Hauptversammlung der Bank, ihre neunte, recht unsicher leitete.

Auf der einen Seite können sie sich zugutehalten, die Aufmerksamkeit auf Defizite der Bank gelenkt zu haben. Dessen Aufsichtsrat hätte auffallen dürfen, dass ein soeben vom MDax in den SDax abgestiegenes Institut, das 2020 den ersten Verlust seit 2005 eingefahren hat, Angriffsfläche bietet mit einem Vergütungssystem, das jedem Vorstandsmitglied eine Maximalvergütung von 5 Mill. erlaubt. Auf der anderen Seite heißt es für sie bislang: Außer Spesen nichts gewesen. Seitdem die Aktivisten auf den Plan traten, ist der Kurs gefallen, ein Ende der Hängepartie nicht in Sicht.

In die Bredouille manövriert hat sich derweil der Aktionär Deka Investment. Die Gewissheit, mit einem Anteil von rund 10% bei der üblichen Präsenzquote auf der Hauptversammlung mit den Aktivisten über Wohl und Wehe des Aufsichtsrates entscheiden zu können, hat den Fondsdienstleister der Sparkassen-Finanzgruppe schizophren abstimmen lassen: gegen das Vorstandsvergütungssystem, aber für Korsch, unter deren Vorsitz der Vergütungsausschuss dasselbe ersann – weil Vize-Aufsichtsratschef Richard Peters die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) leitet, deren Aareal-Bank-Anteile in einem Deka-Spezialfonds liegen? In Frankfurt und Wiesbaden gibt es Gesprächsbedarf, um zu klären, ob Korsch auf der Hauptversammlung 2022 mit dann 73 Jahren vorzeitig – sie ist bis 2023 gewählt – ihren Posten räumt.

Die Bank tut derweil gut daran, rasch die Nachfolge im Chefsessel zu regeln, dann dieselbe an der Aufsichtsratsspitze vorzubereiten und zugleich ihre langfristig orientierten Aktionäre zu pflegen, die das aufsichtliche Dividendenmoratorium teils verscheucht hat. Denn grundsätzlich liegt auf der Hand, dass die Software-Tochter Aareon Teil des Konzerns bleiben sollte. Sie ermöglicht ihm mit Milliarden an Einlagen der Wohnungswirtschaft die Kreditvergabe, hilft bei Erfüllung aufsichtlicher Liquiditätskennziffern und bildet ein Gegengewicht in einem Geschäftsmodell, das ohnedies an Monoliner gemahnt. Balance ist aber essenziell, zumal in einer Zeit, in der die Bank die Folgen der Pandemie mit 28 Mrd. Euro an Gewerbeimmobilienfinanzierungen im Portfolio meistern muss. Zerbricht diese Konstellation, gefährdet dies nicht nur Arbeitsplätze, sondern im Falle einer direkt von der EZB beaufsichtigten Bank schlimmstenfalls die Finanzstabilität.

Viel ist am Finanzmarkt zuletzt von nachhaltigem Handeln die Rede. Die Aareal-Bank-Aktionäre werden bald zeigen können, wie ernst es ihnen damit ist.