FRAGEBOGEN

"Wir filetieren sorgfältig"

"Wir filetieren sorgfältig" Herr Kurzrock, Herr Maschmeyer, wann und womit haben Sie Ihr erstes eigenes Geld verdient? Matthias Kurzrock (MK): Während der Schulzeit habe ich Computer zusammengeschraubt und Umfragen für ein Marktforschungsinstitut...

"Wir filetieren sorgfältig"

“Wir filetieren sorgfältig”Herr Kurzrock, Herr Maschmeyer, wann und womit haben Sie Ihr erstes eigenes Geld verdient?Matthias Kurzrock (MK): Während der Schulzeit habe ich Computer zusammengeschraubt und Umfragen für ein Marktforschungsinstitut durchgeführt. Marcel Maschmeyer(MM): Gemeinsam mit zwei Freunden rief ich in der 6. Klasse den Schul-Kiosk ins Leben.Wofür haben Sie es ausgegeben?MK: Zugegeben, im Wesentlichen für Aktien.MM: Unser Jahresgewinn wurde immer gespendet.Was war Ihr erstes Investment an den Märkten?MK: Das erste selbst verdiente Geld habe ich in Bremer Vulkan investiert.MM: Ich kaufte im Frühjahr 2003 von meinem Konfirmationsgeld AWD-Aktien.Was war Ihr erfolgreichstes Investment?MK: Ursprünglich in meiner früheren Tätigkeit für die Sparta AG ausgegraben, war die Hypoport AG eines unserer ersten Investments – damals bei Kursen von unter 10 Euro. Die extrem gute Marktpositionierung in der Nische mit einem extrem skalierbaren Plattformmodell haben uns damals überzeugt. Einziger Fehler: Wir haben die Aktien rückblickend viel zu früh verkauft. Heutige Kurse von über 350 Euro haben offensichtlich unsere Vorstellungskraft gesprengt. Aber Chapeau an den Hypoport-Vorstand Herrn Slabke, exzellent gemacht!An welches Fehlinvestment erinnern Sie sich?MM: Das chinesische (jedoch in Deutschland börsennotierte) Unternehmen Joyou. Jahr für Jahr fanden gewaltige Investitionen statt, ohne dass diese sich je in steigende Umsätze übersetzten. Wir verkauften die Aktie mit Gewinn – doch nur wenige Tage danach folgte der vollständige Niedergang des Unternehmens. Als Tochter von Grohe, die wiederum von Lixil gekauft wurden, dachten wir uns damals, man müsse sich um die Echtheit der Unternehmenszahlen keine Sorgen machen. Auch ein (durch Glück bedingt) erfolgreiches Investment kann ein Fehler sein.Gibt es eine bestimmte Anlagestrategie, die Sie verfolgen? MK/MM: Wir versuchen uns durch unsere Arbeit einen Wissensvorsprung zu erarbeiten. Das reduziert die Risiken und erhöht die Trefferquote. In Summe sind wir stabiler und unsere Investoren können sich zurücklehnen.Welche Kennzahlen sind für Sie wichtig, wenn Sie sich ein Wertpapier näher anschauen?MK/MM: Einzelne Kennzahlen sind häufig zu sehr aus dem Zusammenhang gerissen. Unser Vorgehen ist anders: Wir filetieren die Zahlenwerke der Unternehmen, in die wir investieren, sorgfältig. Wir analysieren die Vergangenheit und haben ein selbst entwickeltes Bewertungstool, das uns hilft, die Arithmetik des Geschäftsmodells zu durchdringen. Gelöst haben wir uns dabei vollständig vom Dogma eines fairen Unternehmenswerts. Zentral ist für uns vielmehr das Denken in Szenarien – was einer von Unsicherheit geprägten Welt deutlich gerechter wird.Wie wichtig ist Nachhaltigkeit beim Investieren?MK: Extrem wichtig! Nachhaltigkeit ist aus unserer Sicht eng verbunden mit langfristigem wirtschaftlichen Erfolg und damit auch Wertgenerierung für die Aktionäre. Einzig problematisch ist, dass die gängigen Ratingagenturen in diesem Bereich unser übliches Anlageuniversum bisher kaum abdecken. Dies macht es uns derzeit leider noch schwer, Nachhaltigkeit formal als Bestandteil in den Investmentprozess aufzunehmen. MM: Etwas weiter gefasst bedeutet “nachhaltig” für uns, klug mit verfügbaren Ressourcen umzugehen, um für die Zukunft gerüstet sein. Somit hat das Thema berechtigterweise einen hohen Stellenwert für jeden – für den Planeten, für seine Bewohner, aber auch aus ökonomischer Sicht.Haben Sie bei der Geldanlage ein Vorbild?MK: Mein ehemaliger Kollege Christoph Schäfers, der auch im Erfolg immer Demut vor dem Markt gezeigt hat. MM: Seth Klarman. Er hat es über Jahrzehnte hinweg sehr oft geschafft, sich erfolgreich an die Welt da draußen anzupassen, sich in Nischen großes Wissen zu erarbeiten und mit Weitsicht kluge Investments zu tätigen.Ihr Motto beim Investieren lautet? MM/MK: Anlageerfolg ergibt sich nicht allein in erster Linie aus guten Investments, sondern einer möglichst weitgehenden Reduktion der Fehlerquote.Welches Buch sollten Anleger gelesen haben?MK: Ich empfehle unseren Blog – da sammeln wir unsere Gedanken zum Investieren an der Börse. MM: “Being Wrong” von Kathryn Schulz – nicht nur für Anleger interessant.