Wirecard-Abschlussprüfer muss Akten offenlegen
sck München
In der juristischen Auseinandersetzung um Akteneinsicht hat der frühere Wirecard-Abschlussprüfer EY gegenüber dem Insolvenzverwalter des einstigen Zahlungsabwicklers, Michael Jaffé, eine Schlappe erlitten. Mit Beschluss von Anfang März dieses Jahres wies das Oberlandesgericht Stuttgart einen Antrag der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil zurück (Az. 12 U 216/22). „Das bedeutet, dass die Vollstreckung aus dem angefochtenen Urteil des Landgerichts Stuttgart fortgesetzt werden kann und nicht einstweilen eingestellt werden muss, bis der Senat in der Sache entscheidet“, schrieb ein Gerichtssprecher des Oberlandesgerichts auf Nachfrage der Börsen-Zeitung. EY Deutschland mit Hauptsitz in der baden-württembergischen Landeshauptstadt wollte den Beschluss des Gerichts nicht kommentieren.
Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass eine Zwangsvollstreckung „nach summarischer Prüfung der Erfolgsaussicht in der Sache und Abwägung der Interessen der Parteien nicht veranlasst“ sei. Zudem hätten die Interessen der Gläubiger von Wirecard „im Zweifel Vorrang“. Eine endgültige Entscheidung über die Zwangsvollstreckung stehe daher noch aus.
Hintergrund des Tauziehens vor der Stuttgarter Justizbehörde ist Jaffés Verdacht, dass EY für den Zusammenbruch des damaligen Dax-Mitglieds Wirecard im Frühsommer 2020 nach einem aufgeflogenen umfangreichen Bilanzbetrug eine Mitverantwortung trägt. Damit verbunden sind Schadenersatzforderungen Tausender Kleinanleger gegen EY. Der Insolvenzverwalter, der aus der Insolvenzmasse die Gläubiger des Unternehmens befriedigt, hatte sich zuvor vor Gericht durchsetzen können. Im Verfahren über die Pflicht auch des Wirtschaftsprüfers zur Auskunft (Az. 12 U 19/19) stand das Landgericht Stuttgart in erster Instanz der Kanzlei Jaffé grundsätzlich das Recht auf Akteneinsicht zu.
In der Sache will EY vermutlich geklärt haben, wie umfangreich die Pflicht zur Auskunft und zur Aktenherausgabe gegenüber dem Insolvenzverwalter auszulegen ist. Mit dem Antrag versuchte der Ex-Abschlussprüfer von Wirecard, daher die Herausgabe von Unterlagen zu stoppen. Konkret geht es um die Bilanz 2016. EY hatte jahrelang den Jahresabschluss von Wirecard geprüft und testiert. Erst nach Zweifel von KPMG im Rahmen einer Sonderprüfung über Klarheit und Wahrheit der Bilanz von Wirecard zog EY die Reißleine und verweigerte im Frühjahr 2020 das Testat für den Abschluss 2019. Damals beauftragte der Wirecard-Aufsichtsrat KPMG.
EY vertritt die Ansicht, die Konzernbücher ordnungsgemäß geprüft zu haben. Seit Dezember 2022 muss sich unter anderem der ehemalige Wirecard-CEO Markus Braun vor dem Landgericht München verantworten. Ihm wird gewerbsmäßiger Bandenbetrug zur Last gelegt. Der Hauptangeklagte streitet die Tatvorwürfe ab.