Wuermeling wirbt für Vernetzung der Finanzplätze

Bundesbank-Vorstand ermuntert EU-Kommission und Marktteilnehmer zu gemeinsamen Initiativen

Wuermeling wirbt für Vernetzung der Finanzplätze

fed Frankfurt – Bundesbank-Vorstandsmitglied Joachim Wuermeling hat sich dafür starkgemacht, dass sich Europas Finanzplätze nach dem Ausscheiden Großbritanniens – und damit der Londoner City – aus der EU arbeitsteilig verbünden und vernetzen, statt zu versuchen, individuell Banken aus London abzuwerben. Der für Informationstechnologie und Märkte zuständige Vorstand ermunterte anlässlich eines Vortrags im Frankfurter Forschungsinstitut Safe (Sustainable Architecture for Finance in Europe) die EU-Kommission, über die bisherigen Pläne für eine Kapitalmarktunion hinaus eine strategische Perspektive für die Finanzplätze in Europa zu entwickeln. Die Politik könne allerdings nur als Katalysator wirken. Letztlich müsse die Vernetzung von Finanzplätzen marktgetrieben sein: “An einem selbstbewussten Projekt ‘Digital City of Europe’ müssten viele Akteure mitwirken – und sich gemeinsam in eine Richtung bewegen.”Der Bundesbanker zeigte sich überzeugt, dass auf dem Kontinent derzeit kein Finanzplatz allein die Rolle von London übernehmen könne. Zwar verfügten die Plätze in der Eurozone über wichtige, aber eben nicht über alle Standorteigenschaften für ein globales Finanzzentrum. Denn “das gesamte Potenzial ist auf diverse Standorte auf dem gesamten Kontinent verteilt und wirkt deshalb nicht kumulativ”, beklagte Wuermeling. So seien zwar die politischen Verhältnisse stabil, sei der Rechtsrahmen verlässlich, und die Währung genieße Vertrauen. Auch gebe es eine schier unerschöpfliche Palette an Finanzprodukten. Aber es mangele an Liquidität, und die vor Ort vorhandenen Einheiten seien zu klein, um Skaleneffekte zu heben, die für niedrige Kosten erforderlich seien. Durch die Digitalisierung ergeben sich nach seiner Ansicht Chancen, die Fragmentierung trotz geografischer Entfernungen zu überwinden. “Verschiedene Plätze können sich verbinden, als wären die Akteure an einem Standort ansässig”, sagte Wuermeling und fügte als Stichworte an: Echtzeitkommunikation, Distributed-Ledger-Technologie, Plattformen und Co-Working. Der Bundesbank-Vorstand brachte in diesem Zusammenhang etwa die Idee einer europäischen Finanzplattform ins Gespräch. Auf ihr könnten – im Sinne der Netzwerkökonomie – regionale Märkte zusammengeführt werden. Dafür wiederum sei es hilfreich, dass sich die einzelnen Finanzzentren auf bestimmte Leistungen spezialisierten – und sich zugleich digital vernetzten. Wenn dann auch noch das nationale Privatrecht angeglichen werde, um beispielsweise Vertragsabschlüsse über EU-Binnengrenzen hinweg zu vereinfachen, und die Informationstechnologien angepasst würden, habe das “sehr ambitionierte Projekt” durchaus Chancen.