EUROPAS BANKEN IM STRESSTEST - KOMMENTAR

Zeit für Entwarnung

Die europäische Bankenregulierungsbehörde EBA holt in verschärfter Form nach, was an Grundschulen in manchen EU-Ländern, teilweise auch in Deutschland, seit langem Usus ist: Noten gibt es nicht mehr. Schon 2016 war nur noch eine informelle...

Zeit für Entwarnung

Die europäische Bankenregulierungsbehörde EBA holt in verschärfter Form nach, was an Grundschulen in manchen EU-Ländern, teilweise auch in Deutschland, seit langem Usus ist: Noten gibt es nicht mehr. Schon 2016 war nur noch eine informelle Mindestanforderung für die Kapitalausstattung kolportiert worden. Nun entfallen Noten und damit Kategorien wie “bestanden” und “durchgefallen” für die einem neuen Stresstest ausgesetzten Banken – und damit für das geneigte Publikum – ganz. Die Prozedur läuft mehr in Gestalt von Verbalurteilen ab: “Paul beherrscht das kleine Einmaleins prima, in puncto Groß- und Kleinschreibung ist aber dringend Nachhilfeunterricht anzuraten.” Etwas in dieser Art werden die Aufseher ihren Pappenheimern, soweit es um die individuellen Konsequenzen aus der gezeigten Performance geht, erst in den nächsten Monaten ins nichtöffentliche Stammbuch schreiben.Wenn die EBA in ihrem am Freitagabend veröffentlichten 59-Seiten-Konvolut (plus drei Dutzend Seiten pro geprüfter Bank) auch keine Noten vergibt: Der präsentierte Zahlenfriedhof ist hinreichend unübersichtlich, dass sich jeder seinen ganz eigenen Reim darauf machen kann. Die wegen ihres bekannten Kapitalbedarfs in Milliardenhöhe (vor allem die ausstehende Ziffer vor dem Komma verspricht aber schon noch Spannung) vielbeachtete Nord/LB etwa kommt im adversen Szenario auf eine harte Kernkapitalquote von 7,07 %. Damit ist sie erwartungsgemäß das Schlusslicht unter den acht deutschen Prüflingen, sie hatte ja die mit Abstand schlechteste Ausgangsbasis. Beim Kapitalverzehr im Vergleich zum Stand von Ende 2017, nach Ansicht mancher Aufseher die entscheidende Größe, liegt sie aber mit 532 Basispunkten im guten deutschen Mittelfeld.Die Deutsche Bank ist hier mit 666 Basispunkten das zweitschlechteste deutsche Haus (ausgerechnet vor der eigenkapitalstrotzenden NRW.Bank) und landet bei 8,14 %. Warum? Weil die Designer des Tests so frei waren, längst weggefallene Belastungen auf die Prognosejahre fortzuschreiben. So sorgte der Verkauf von Aktivitäten in Polen Ende 2017 für Verluste. Die Geschäfte wurden abgestoßen, die Verluste lässt die EBA weiterlaufen, als sei nichts geschehen. Abwegig!Das ungünstige Szenario ist nicht weit davon entfernt, dass uns allen der Himmel auf den Kopf fällt. So schlimm muss es nicht kommen. Auch jene Banken, die ihre Vorgabe für 2018 im Test unterschreiten, stehen folglich nicht unmittelbar vor der Abwicklung. Es wird hier und da Handlungsbedarf geben, aber keinerlei Anlass zur Hektik. Allen Panikmachern sei gesagt: Es ist Zeit für Entwarnung!