Zeitler kritisiert Bilanztricks

Ex-Notenbanker moniert Wettbewerbsverzerrung - Anteile an Banca d'Italia "haben keinen Marktwert"

Zeitler kritisiert Bilanztricks

Die Bilanzoperationen in Italien und Spanien vor dem Bilanztest der Europäischen Zentralbank (EZB) stoßen auf harsche Kritik. Franz-Christoph Zeitler, ehemaliger Vizepräsident der Deutschen Bundesbank, macht im Gespräch mit der Börsen-Zeitung Front gegen kreative Buchführung und eine Kreation von Eigenkapital “aus dem Nichts”.mic München – Italien und Spanien geraten in die Kritik durch ihre Initiativen, die Eigenkapitalausstattung einiger nationalen Banken durch innovative Buchführung zu stärken. “Das ist eine ,creatio ex nihilo’, Eigenkapital wird aus dem Nichts geschaffen”, erklärt Franz-Christoph Zeitler der Börsen-Zeitung. Einige Kreditinstitute in beiden Staaten gelten als Wackelkandidaten bei dem geplanten Bilanz- und Stresstest durch die Europäische Zentralbank (EZB). Der frühere Vizepräsident der Deutschen Bundesbank hält ein Einschreiten durch Brüssel für angezeigt: “Die EU-Kommission ist gefragt, denn hier droht der Wettbewerb unter den Banken massiv verzerrt zu werden.” Breite UmwandlungZeitler kritisiert unter anderem ein Gesetz in Spanien, das eine breitflächige Umwandlung von steuerlichen Verlustvorträgen in hartes Kernkapital ermöglicht (vgl. BZ vom 29. November). “Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht hat diese steuerlichen Posten aus guten Gründen nur sehr beschränkt anerkannt, da sie von der künftigen Gewinnentwicklung abhängen”, erklärt Zeitler. Der spanische Gesetzgeber ziele jedoch auf eine Komplettanrechnung. Gesetz schafft EigenkapitalAuf diese Weise werde Eigenkapital in zweistelliger Milliardenhöhe gebildet, rechnet der frühere Vertreter des Bundesbank-Präsidenten im EZB-Rat vor. Berechnungen von J. P. Morgan zufolge verbessert sich die harte Kernkapitalquote der spanischen Bankenbranche dadurch von 8,2 % auf 10,8 %.Weiteres Eigenkapital in hoher einstelliger Milliardenhöhe resultiere aus einem Gesetzesvorhaben der italienischen Regierung, schätzt Zeitler. Demnach sollen die Kapitalanteile einzelner Banken an der Notenbank Banca d’Italia höher bewertet werden – eine Aufstockung von 156 000 auf 5 Mrd. Euro bis 7,5 Mrd. Euro ist vorgesehen. Zeitler hält diese Festlegung für problematisch. “Die Anteile an der Banca d’Italia sind nicht frei handelbar, sie haben keinen Marktwert”, erklärt er: “Umgekehrt gilt: Würden sie von der italienischen Regierung für handelbar erklärt, würde ihr Wert von den Marktteilnehmern nicht isoliert, sondern unter Einbeziehung der EZB und der Notenbanken des Eurosystems ermittelt, die in der gemeinsamen Währung unkündbar verbunden sind.”Von der Neubewertung profitieren in erster Linie die beiden Mailänder Großbanken Intesa Sanpaolo und Unicredit, die addiert 63 % der Anteile halten. In den meisten anderen Staaten der Eurozone sind die Notenbanken rein öffentliche Institutionen. Zuletzt hat Österreich die formale Beteiligung privater Anteilseigner an der Notenbank beendet. “Keine kritische Stimme”Zeitler nennt die Vorstöße Italiens und Spaniens kreative Buchführung und sieht die EU-Kommission in der Pflicht: “Bisher ist leider keine kritische Stimme aus Brüssel zu hören.” Dies sei nicht akzeptabel, schließlich müssten die Anteilseigner mancher französischer oder deutscher Banken unter Umständen jahrelang auf Ausschüttungen vollständig oder teilweise verzichten, damit das Kapital ihrer Kreditinstitute gestärkt wird. Spanische und italienische Großbanken erlangten durch die Gesetzesinitiativen einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil.Das geplante Vorgehen in Spanien und Italien erinnere ihn an frühere Erfahrungen in der Währungsunion, sagt Zeitler. Damals versuchte etwa Italien das Defizitkriterium durch sogenannte Residui passivi zu erreichen – hinausgeschobene offene Rechnungen in Höhe mehrerer Prozentpunkte des Bruttoinlandsprodukts.Dadurch sei die strukturelle Defizitposition des Landes nicht verbessert worden. Italien leide noch heute unter den damaligen Unterlassungen, sagt Zeitler.