FOKUSEU-Kleinanlegerregeln

Die nächsten Schritte bei der Retail Investment Strategy

Der Weg für die Schlussverhandlungen zwischen Rat und Parlament über die künftigen Kleinanlegerregeln der EU ist geebnet. Beide Ko-Gesetzgeber haben sich positioniert.

Die nächsten Schritte bei der Retail Investment Strategy

Fokus Kleinanlegerregeln - die nächsten Schritte

Weg für Schlussverhandlungen ist geebnet

fed Brüssel

Im Frühjahr vergangenen Jahres fiel der Startschuss: Die für Finanzmarktregulierung zuständige EU-Kommissarin Mairead McGuinness veröffentlichte im MAi den Vorschlag für die so genannte EU-Kleinanlegerstrategie - ein Omnibusgesetz, das zahlreiche Änderungen an bestehenden Rechtsakten vorsieht, nämlich an der EU-Marktrichtlinie MiFiD II, den Produktinformationsvorgaben Priips, der Richtlinie für das Management alternativer Investmentfonds (AIFMD), der EU-Fondsrichtlinie Ucits sowie den Versicherungsvertriebsregeln (IDD) und dem aufsichtlichen Rahmenwerk für die Versicherungswirtschaft (Solvency II).

Gut ein Jahr später haben sich die beiden Ko-Gesetzgeber positioniert - und sind bereit, in die Schlussverhandlungen (Trilog) einzusteigen. Am 20. März 2024 hat der Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments unter Federführung der Berichterstatterin, der französischen Liberalen Stephanie Yon-Courtin, eine gemeinsame Position gebilligt. Dieser Bericht wurde einen Monat später im Plenum des EU-Parlaments mit 352 Ja-Stimmen gegen 230 Nein-Stimmen bei 21 Enthaltungen bestätigt.

Es gilt als wahrscheinlich, dass sich die Koordinatoren der Parteien im September darauf verständigen werden, das Gesetzgebungsverfahren genau auf Basis dieses Berichts fortzusetzen. Denn im EU-Parlament gilt kein strenges Diskontinuitätsprinzip. Das heißt, dass Gesetzgebungsverfahren legislaturübergreifend weiterverfolgt werden können. Und da die bisherige Berichterstatterin Yon-Courtin auf Listenplatz 13 der Liste  der französischen Liberalen, wenngleich denkbar knapp, den Einzug in das neue EU-Parlament geschafft hat, stehen ihre Chancen gut, weiterhin die Rolle des „Rapporteur“ inne zu haben.

Am 12. Juni 2024 hat auch der Ministerrat, quasi in letzter Sekunde im „schriftlichen Verfahren“, eine gemeinsame Position für die Schlussverhandlungen im Trilog beschlossen. Zwar gibt es Vorbehalte einiger Regierungen gegen einzelne Elemente des Pakets. Trotzdem findet der vom belgischen EU-Ratsvorsitz erarbeitete Kompromiss die erforderliche qualifizierte Mehrheit. Deutschland hat nach unbestätigten Angaben von Diplomaten mit Enthaltung votiert.

Somit ist nun der Weg geebnet, dass das EU-Parlament noch im Herbst in die Schlussverhandlungen mit dem Rat (unter Teilnahme der EU-Kommission) starten wird – zumal die Ungarn bereits den ersten Schritt hin zur Eröffnung des Trilogs auf Ratsseite gemacht haben: Der ungarische Ratsvorsitz hat die nationalen Regierungen aufgefordert, ihm bis 16. August Hinweise zu den einzelnen Elementen zu melden, die ihnen besonders wichtig sind.

Da die beiden EU-Gesetzgeber noch in einer ganzen Reihe von Einzelpunkten unterschiedliche Positionen vertreten, wäre eine Verständigung im Trilog bereits in diesem Jahr eine Überraschung. Nach einer Einigung, die eher in der ersten Hälfte des kommenden Jahres erwartet wird, dürfte es dann voraussichtlich noch mindestens ein Jahr dauern, bis die Vorgaben in Kraft treten. Zudem müssen dann noch eine ganze Reihe von Klarstellungen und Konkretisierungen auf Ebene zwei, also seitens der EU-Aufsichtsbehörden EIOPA und ESMA, beschlossen werden, damit die Regeln praktisch angewendet werden können.