Fokus Kreditfonds: Fondsbranche hofft auf flexible Vorgaben
Fondsbranche hofft auf flexible Vorgaben für Kreditfonds
fed Frankfurt
Die Anlageklasse Private Debt hat in den vergangenen Jahren einen bemerkenswerten Aufstieg erlebt. Es ist deshalb keine Überraschung, dass sich auch Regulierer verstärkt für Kreditfonds interessieren. Private Debt ist eine alternative Kreditfinanzierung von Unternehmen. Im Gegensetz zum traditionellen Bankkredit gewährt nicht ein Kreditinstitut ein Darlehen, sondern ein institutioneller Anleger wie eine Pensionskasse oder eine Versicherung – oder eben ein Fonds. Ein solcher alternativer Investmentfonds wird dann als Kreditfonds bezeichnet.
Nach langen Verhandlungen haben EU-Parlament und EU-Rat vor wenigen Wochen die Neufassung der Richtlinie für die Manager alternativer Investmentfonds, die AIFM-Richtlinie, abgeschlossen. Im Herzen dieser Novelle: die Kreditfonds. Diesem Anlageformat, in das in den vergangenen Jahren immer mehr Geld geflossen ist (siehe Fokus „Kreditfonds auf dem Vormarsch“) erteilen die Ko-Gesetzgeber der EU mit der AIFMD II sozusagen nachträglich den regulatorischen Ritterschlag. Denn sie stellen mit der Neufassung der EU-Richtlinie unmissverständlich klar, dass diese Form der Ausreichung von Darlehen über die Binnengrenzen hinweg in der gesamten Europäischen Union erlaubt ist. Und sie schaffen damit zwölf Jahre nach Verabschiedung der ersten AIFM-Richtlinie einen europaweit einheitlichen Rechtsrahmen für die Darlehensvergabe durch alternative Investmentfonds mit Sitz in der Europäischen Union – und damit die Basis, damit ein effizienter Binnenmarkt für Kreditfonds entstehen kann, nachdem dies jahrelang durch national divergierende Regelwerke verhindert worden ist.
Blick auf ESMA und Bundestag
Allein: Noch stehen zwei wichtige Schritte aus, bevor die neuen Regeln auch tatsächlich in der Praxis anwendbar werden. Erstens die Übersetzung der Brüsseler Vorgaben in nationales Recht, schließlich handelt es sich um die AIFMD, mit „D“ wie „Directive“, Richtlinie. In Deutschland bedeutet das konkret gesetzliche Anpassungen am Kapitalanlage-Gesetzbuch, dem KAGB. Und zweitens warten Fondsbranche, institutionelle Investoren und fremdkapitalsuchernde Unternehmen noch auf die Präzisierung der Regeln durch die EU-Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA.
Insbesondere die Fondsbranche hofft darauf, dass der Bundesgesetzgeber möglichst große Spielräume bei den Fondsformaten erlaubt. „Wir setzen uns bei der Umsetzung der AIFM-Richtlinie für flexible Lösungen bei der Darlehensgewährung über Fonds ein, um der Zielsetzung der Kapitalmarktunion zur Schaffung alternativer Finanzierungsquellen für die Realwirtschaft gerecht zu werden“, sagt Peggy Steffen, Leiterin Risikomanagement beim deutschen Fondsverband BVI, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.
Europas Gesetzgeber haben sich bemüht, eine Balance herzustellen: Indem sie einerseits einen angemessenen, fondsspezifischen Aufsichtsrahmen abstecken. Schließlich würden sich sonst Banken zu Recht die Frage stellen, warum sie mit ihren Kreditengagements so umfassend reguliert sind, die Kreditfonds hingegen nicht. Und indem die Gesetzgeber andererseits den Kreditfonds ausreichend Spielraum geben, um deren Beitrag zur Finanzierung von Unternehmen und Infrastruktur nicht abzuwürgen, denn diese bankunabhängigen Finanzierungen werden nicht zuletzt im Zuge der digitalen und nachhaltigen Transformation dringend gebraucht.
Bedingungen für offene Fonds
Tatsächlich attestiert ein Lobbyist den EU-Gesetzgebern, dass sie einen „erstaunlich liberalen“ Rechtsrahmen geschaffen haben. Nun komme es freilich darauf an, wie sich der Bundestag und die ESMA verhalten werde. Ein Thema sind beispielsweise die Bedingungen, unter denen nicht nur geschlossene, sondern auch offene Fonds Darlehen gewähren dürfen. Die ESMA werde im vierten Quartal 2024 Vorschläge dazu unterbreiten, unter welchen zusätzlichen Bedingungen offene Fonds Darlehen gewähren dürfen, und im Frühjahr nächstes Jahr ihre Abschlussempfehlungen präsentieren, berichtet BVI-Expertin Steffen. „Da geht es dann insbesondere um Vorgaben zum Liquiditätsmanagement, weil die Darlehensgewährung als illiquide Assetklasse in einem offenen Fonds strengeren Regeln unterliegen muss.“
ELTIF II
An den Bundestag gerichtet ist derweil der Wunsch, die gesetzlichen Weichen so zu stellen, dass sich auch Privatanleger in Kreditfonds engagieren können, nicht nur Institutionelle – wobei hier nicht der klassische Kleinanleger gemeint ist, sondern wohlhabende Privatinvestoren mit einem disponiblen Anlagebudget von mindestens 50.000 Euro. Für die Investments dieser vermögenden Privaten bietet sich das – ebenfalls gerade in Europa neu regulierte - Fondsformat ELTIF als geeignete Hülle an. Denn durch die ELTIF-II-Regeln, die seit Mitte Januar Anwendung finden, sind mehrere regulatorische Hindernisse, zum Beispiel sehr hohe Schwellen der Mindestanalage, beseitigt und durch das Prinzip der Geeignetheitsprüfung abgelöst worden.
Der neue ELTIF, der an Privatanleger vertrieben werde, erlaube nur eine Darlehensgewährung als Beimischung, erläutert Fondsexpertin Steffen. „Mit der Umsetzung des AIFMD-Reviews besteht die Möglichkeit, künftig auch in Deutschland Publikumsfonds mit einer Hauptanlagestrategie als Darlehensfonds zuzulassen.“ Dies würde, so ist die BVI-Vertreterin überzeugt, „den Fondsstandort Deutschland im Wettbewerb mit anderen Märkten stärken und auch Privatanlegern zusätzliche Renditechancen ermöglichen."
In der Tat geht das Geschäft mit Kreditfonds gegenwärtig größtenteils an Deutschland vorbei. Bislang werden deutsche Unternehmen fast ausschließlich von ausländischen Kreditfonds mit Darlehen versorgt. „Aktuell werden die mit Abstand meisten Kreditfonds in Europa in Luxemburg aufgelegt - unter anderem wegen der steuerlichen Behandlung“, berichtet Steffen. BVI als auch der Bundesverband Alternativer Investments haben sich daher in den vergangenen Jahren intensiv für steuerliche Anpassungen in Deutschland stark gemacht – teilweise mit Erfolg.