FOKUSEU-Kleinanlegerregeln

Hartes Ringen um Vorgaben für Preis und Leistung absehbar

Im Gesetzgebungsverfahren über neue Regeln für Kleinanleger müssen sich die Ko-Gesetzgeber noch über die Regeln für Value for Money verständigen.

Hartes Ringen um Vorgaben für Preis und Leistung absehbar

Hartes Ringen um Vorgaben für Preis und Leistung absehbar

Schlussverhandlungen über EU-Kleinanlegerregeln rücken näher

fed Brüssel

Lange dominierte die Frage eines möglichen Verbots von Provisionen die Diskussion um die künftigen europäischen Vorgaben für das Angebot und den Vertrieb von Finanzprodukten an Kleinanleger (Retail Investment Strategy). Doch mittlerweile haben sich sowohl das EU-Parlament als auch der Rat gegen jedwedes Verbot – und somit auch gegen den von der EU-Kommission vorgeschlagenen Bann von Zuwendungen für das beratungsfreie Geschäft (execution only) – ausgesprochen, also auch gegen ein nur partielles Provisionsverbot. Damit gilt es als so gut wie ausgeschlossen, dass ein solches Verbot verabschiedet werden wird.

Umso mehr richtet sich nun das Augenmerk auf andere Bestimmungen der EU-Kleinanlegerstrategie, insbesondere auf die Anforderungen für ein angemessenes Preis-/Leistungsverhältnis (Value for Money). Auch bei diesen Regeln über das Preis-/Leistungsverhältnis haben sich Parlament und Rat in ihren Kompromissen, mit denen sie in die Schlussverhandlungen gehen wollen, vom ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission entfernt – allerdings auf unterschiedliche Art und Weise. Deshalb ist mit intensiven Debatten im Trilog zu rechnen.

Wie aus einer vom ungarischen Ratsvorsitz erarbeiteten Zusammenschau der unterschiedlichen Positionen hervorgeht, formulieren EU-Kommission, Rat und Parlament bereits in den Erwägungsgründen die Anforderungen an Produktanbieter und den Produktvertrieb unterschiedlich. Es sei Sache des Produktanbieters (manufacturer), zu bewerten, ob Kosten und Gebühren angemessen und gerechtfertigt seien, verlangt die EU-Kommission. Das EU-Parlament ergänzt „im Zusammenhang mit dem Gesamtwert des Angebots“, und der Rat fügt an: „in Bezug auf die Wertentwicklung und andere Vorteile und Merkmale von Anlageprodukten.“

Noch deutlicher werden die Unterschiede zwischen den Positionen der Ko-Gesetzgeber, wenn es darum geht, wie die Bewertung der Angemessenheit des Preis-/Leistungsverhältnisses von statten gehen soll – sowohl in Form eines Marktvergleichs mit ähnlichen Anlageprodukten in der Union (Peer group) in Bezug auf Kosten, Gebühren und Performance als auch in Form des Vergleichs mit Benchmarks, die von den EU-Aufsichtsbehörden ESMA und EIOPA entwickelt werden sollen. Absehbar sind zudem Kontroversen im Trilog, welche Konsequenzen sich anschließen, falls im Zuge dieser Vergleiche und Teste „Ausreißer“ ermittelt werden.

Die Fondsindustrie äußert die Sorge, dass die „Value-for-money“-Vorgaben, die in den nächsten Monaten im Trilog vereinbart werden, den Investmentprozess beeinträchtigen könnten. So argumentiert beispielsweise der europäische Fondsverband Efama: „So wie die Dinge stehen, ist das Risiko hoch, dass wir am Ende mit einem komplexen, kostenreichen und ineffektiven Value-for-money-Rahmen konfrontiert sein werden.“ So hat Efama beispielsweise Vorbehalte gegen parallele Bewertungen von Industrie und Aufsichtsbehörden, so wie es derzeit noch die Ratsposition vorsieht: „Zwei getrennte Systeme, die jeweils versuchen, das Preis-Leistungs-Verhältnis zu definieren, wären ein Rezept zum Scheitern", argumentiert Kimon Argyropoulos, der politische Berater in Regulierungsfragen des Fondsverbands Efama.

Ein Sprecher des deutschen Fondsverbands BVI äußerte sich kritisch insbesondere zu den Änderungsvorschlägen des Rats: Die Vorschläge des Rats wirkten wettbewerbsverzerrend. „Grundsätzlich“, so der BVI-Sprecher, "sollen die nationalen Behörden Finanzprodukte mit überzogenen Kosten auf Grundlage EU-weit einheitlicher Benchmarks identifizieren. In Mitgliedstaaten, in denen für fondsgebundene Lebensversicherungen bereits nationale Benchmarks existieren, sollen dagegen diese zur Anwendung kommen. Das öffnet nationalen Sonderwegen Tür und Tor.“