Ruf nach Rücknahme der Kleinanlegerregeln
Ruf nach Rücknahme der Kleinanlegerregeln
EU-Kommissarin Maria Albuquerque hat im Rahmen der Spar- und Investitionsunion ihre Bereitschaft angedeutet, die von ihrer Vorgängerin vorgeschlagene Kleinanlegerstrategie zurückzuziehen. Das würden im Markt viele begrüßen.
Von Michael Marray
Die für Finanzdienstleistungen zuständige Kommissarin Maria Albuquerque hat im Zuge der von ihr vorgelegten Spar- und Investitionsunion zwar die EU-Gesetzgeber aufgefordert, das Gesetzgebungsverfahren für neue Kleinanlegerregeln (Retail Investment Strategy) abzuschließen. Zugleich hat sie sich allerdings vorbehalten, den Gesetzesentwurf zurückzuziehen, falls EU-Parlament und Rat den Text so verändern würden, dass die ursprünglich beabsichtigten Ziele nicht mehr erreicht werden würden.
Der Blick auf die Beiträge, mit denen sich Marktteilnehmer an der Konsultation zur Spar- und Investitionsunion beteiligt haben, zeigt, dass eine Rücknahme des Gesetzeswerks von vielen befürwortet wird.
Der französische Bankenverband schreibt, dass "die Verhandlungen über die Retail Investment Strategy nicht mit den ursprünglichen Zielen übereinstimmen. Das Gesetz führt erhebliche Belastungen und Komplexitäten ein, die den Appetit der Kunden auf Finanzprodukte nicht anregen werden und dem Ziel der Vereinfachung zuwiderlaufen. "Der FBF plädiert daher für seine Rücknahme oder zumindest für eine wesentliche Vereinfachung der Regelungen.
Auch der Finanzkonzern Credit Agricole meint, dass die Kleinanlegerstrategie in ihrer jetzigen Form zugunsten eines praxisorientierteren Ansatzes, der auf Investitionen in europäische Projekte ausgerichtet ist, korrigiert werden sollte. Die Regeln würden eine übermäßige Komplexität und schwerfällige Vorgaben für Kunden und Unternehmen schaffen. Dies würde sich negativ auf die Innovation von Finanzprodukten, auf die Vielfalt der Finanzdienstleistungen und auf das Anlageuniversum auswirken und letztlich den Zielen der Strategie zuwiderlaufen.
Der Vermögensverwalter Amundi stimmt dem zu und sagt, dass der Weg der Kleinanleger vereinfacht werden müsse. Die Anleger brauchten einen erschwinglichen und einfachen Zugang zu Beratung und klaren Informationen und müssten in die Lage versetzt werden, zu investieren. In dieser Hinsicht verkompliziere die RIS, über die derzeit verhandelt wird, den Weg des Anlegers übermäßig. Daher müsste die RIS grundlegend überarbeitet werden, um sie zu vereinfachen und von ihrem rein kostenorientierten Ansatz abzurücken,. Falls das nicht gelinge, müsste sie zurückgezogen werden.
Kritik kommt freilich nicht allein aus Frankreich. Der luxemburgische Versichererverband ACA erklärt, dass es bei der Förderung von Kleinanlegern, u. a. durch versicherungsbasierte Altersvorsorgeprodukte, wichtig sei, die Bürger und Kleinanleger nicht aufgrund eines komplexen und verstörenden Anlageprozesses zu verlieren. "Dies ist leider der Fall bei der RIS, die derzeit auf dem Tisch liegt.
Der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) weist darauf hin, dass die Europäische Kommission, beginnend mit dem Aktionsplan zur Kapitalmarktunion, in den letzten 10 Jahren mehrere Versuche unternommen hat, die Situation zu verbessern - mit begrenztem Erfolg, wie die verschiedenen Stellungnahmen im Rahmen des „Call for Evidence“ deutlich zeigten. Die ständig wachsende Bürokratie verursache hohe Kosten für die europäische Wirtschaft, insbesondere für die europäische Fondsindustrie. Dieses Geld stehe nicht für die Digitalisierung oder die Erschließung neuer Märkte zur Verfügung und bringe die Branche im globalen Wettbewerb immer weiter ins Hintertreffen.
Die Spar- und Investitionsunion könne nur dann ein Erfolg werden, wenn die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholt würden, meint der BVI. Ein aktuelles Beispiel für eine gut gemeinte, aber fehlgeleitete Regulierung sei die Kleinanlagestrategie mit ihrer kontraproduktiven Fixierung auf die Kosten. Das Projekt, das als Initiative zur Verbesserung des Anlegerschutzes, zur Erhöhung der Transparenz und zur Förderung einer stärkeren Beteiligung von Kleinanlegern an den Kapitalmärkten gestartet wurde, werde wahrscheinlich an jedem einzelnen dieser Ziele scheitern und gleichzeitig die Branche, die Anleger und die Aufsichtsbehörden mit einem Haufen neuer Bürokratie belasten. „Die SIU ist eine einmalige Gelegenheit, das Ruder herumzureißen und übermäßige und belastende Maßnahmen wie den vorgeschlagenen Rahmen für das Preis-Leistungs-Verhältnis oder einen neuen Best-Interest-Test zu beseitigen, bevor sie geltendes Recht werden. Es ist einfacher, neue Bürokratie zu verhindern, als bestehende Bürokratie abzubauen“.