FokusAktienresearch

Schwierige Kehrtwende beim Research-Unbundling

Die EU-Marktaufsicht hat eine Konsultation gestartet, um die 2018 erzwungene Separierung von Provisionen für Wertpapier-Transaktionen und den Gebühren für das Research wieder rückgängig zu machen. Es deutet sich an, dass die Regulierung aber nicht ganz verschwindet.

Schwierige Kehrtwende beim Research-Unbundling

Fokus: Aktienresearch

Schwierige Kehrtwende beim Research-Unbundling

Die EU-Marktaufsicht hat eine Konsultation gestartet, um die 2018 erzwungene Separierung von Provisionen für Wertpapier-Transaktionen und den Gebühren für das Research wieder rückgängig zu machen. Es deutet sich an, dass die Regulierung aber nicht ganz verschwindet.

fed Brüssel

Nach der Finanzkrise haben sich die Gesetzgeber in der Europäischen Union entschieden, mehr Transparenz über die Kosten für Investoren schaffen zu wollen. Mit der Novelle der EU-Marktrichtlinie, der berühmt-berüchtigten MiFiD II, wurde das Research-Unbundling eingeführt, also die Entflechtung der Gebühren für Wertpapierhandel- und abwicklung von den Kosten für Finanzanalyse. „Der Aufwand war enorm, und das Ergebnis unbefriedigend“, lautet das Urteil von Thorsten Müller, dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA) im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.

2021 hat die EU-Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA auf die rückläufige Coverage von gelisteten Klein- und Mittelunternehmen reagiert und die obligatorische Separierung von Sales Commisions und den Gebühren für das Research für Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von 1 Mrd. Euro wieder aufgehoben. Nun steht ein weiterer Schritt bevor, die damalige Regulierung wieder rückzubauen. Vor wenigen Wochen hat die ESMA eine Konsultation gestartet, in der es darum geht, ob das Unbundling wieder komplett abgeschafft werden soll. Die Konsultation endete am 28. Januar.

Regulierung verschwindet nie so ganz

„Die DVFA und der europäische Analystenverband EFFAS begrüßen, dass die EU-Kommission bereit ist, selbst gesetzte Regeln zu ändern, wenn offenbar wird, dass sie nicht funktionieren“, erklärt Müller. Allerdings zeige ein Blick in die Konsultation, „dass Regulierung, wenn sie erst einmal da ist, nicht einfach verschwindet.“ Denn es gehe nicht um eine ersatzlose Streichung, sondern um Anpassungen von Vorgaben. Es bleibe also absehbar bei regulatorischen Eingriffen.

Der DVFA-Chef verdeutlicht seine Kritik anhand von Beispielen: In der Konsultation werde zum Beispiel eine jährliche Qualitätsprüfung des Research thematisiert, das ein Assetmanager eingekauft hat. Teil dieser Evaluierung könnten laut ESMA Wettbewerbsanalysen über potenzielle alternative Researchanbieter sein. „Jeder Vermögensverwalter hat aber ohnehin ein ureigenstes Interesse daran, zu überprüfen, ob die Qualität seines Research stimmt und wer gegebenenfalls ein geeigneter Alternativanbieter sein könnte“, it Müller überzeugt. Dazu brauche es keine Regulierung. Noch dazu erinnert er daran, dass Investoren sehr unterschiedliche Präferenzen haben. Ein Hedgefondsmanager sei womöglich short-term driven, lege also vor allem Wert auf Schnelligkeit. Für einen long-only-Vermögensverwalter stünden andere Dinge im Vordergrund. „Das sind hoch individuelle Fragestellungen, die wirklich keine Regulierung erfordern“, unterstreicht Müller.

Kritik an regulatorischem Mikromanagement

Ein anderes Beispiel betrifft den ESMA-Vorschlag gestaffelter Preismodelle und Vergütungsdeckel. Ziel dieser Überlegungen sei es, Investment Firmen vor zu hohen Researchpreisen zu schützen. „Dass sich die Konsultation für Preismodelle interessiert, dokumentiert den Versuch für regulatorisches Mikromanagement“, sagt Müller. Dabei gelte, dass jeder Assetmanager und jedes Research-Haus sich auch ohne Regulierung auf einen Preis verständigen würden.

Die Total Expense Ratio bezeichnet der DVFA-Vorstandschef als „hervorragendes Instrument, damit jeder Anleger erkennen kann, wie hoch die Gebühren insgesamt in Prozent des Fondsvolumens sind.“ Zudem würden ja auch die Fondsrenditen ausgewiesen. Deshalb gebe es keine Notwendigkeit für eine kleinteilige Einmischung ins Pricing. „Wir benötigen eine Regulierung die Rahmen setzt, aber kein kleinteiliges Mikromanagement“, lautet Müllers Credo.

Nicht einfach ein- und ausschaltbar

Müller mahnt: Regulierung lasse sich nicht einfach ein- und ausschalten. Denn die Marktteilnehmer stellten sich darauf ein und könnten einmal angepasste Unternehmens- und Prozess-Strukturen nicht einfach wieder umstellen.

Es sei daher unklar, ob die Finanzindustrie auf die Revision des Unbundling reagieren werde. „Vielleicht“, so vermutet Müller, „werden viele betroffene Marktteilnehmer darauf verzichten, eine Infrastruktur wieder rückabzuwickeln, die man eingeführt hat - obwohl man sie schlecht fand – denn das verursacht erneut zusätzliche Kosten und schafft wieder Anpassungsbedarf in den IT-Prozessen und Systemen.