Spätes Bekenntnis von Schaeffler
Schaeffler
Spätes
Bekenntnis
Von Joachim Herr
Schaeffler holt zum Job-Kahlschlag aus. Andere Zulieferer
haben solche Pläne längst bekannt gemacht.
Nun also auch Schaeffler. Etliche Monate nach den Branchengrößen Bosch, ZF und Continental kündigt der fränkische Auto- und Industriezulieferer einen Abbau von Tausenden Arbeitsplätzen an. 4.700 Stellen in Europa, davon 2.800 in Deutschland, sind gefährdet. Das Unternehmen beschäftigt nach dem Zusammenschluss mit dem Zulieferer Vitesco 120.000 Menschen. Wahrscheinlich wird die Zahl der gestrichenen Stellen nach Protesten und Verhandlungen mit der Arbeitnehmerseite niedriger sein. Diesen Spielraum dürfte die Unternehmensleitung – wie in solchen Fällen üblich – einkalkuliert haben.
Die Begründung von Schaeffler gleicht denen der Konkurrenten hierzulande: die flaue Konjunktur, die die Produktion von Autos mit Benzin- oder Dieselmotor trifft, das stark verlangsamte Hochlaufen der Elektromobilität und der verschärfte Wettbewerb. Doch all diese Entwicklungen sind längst bekannt. Bosch und Continental haben die ersten Pläne für das Streichen von Stellen im Herbst des vergangenen Jahres verkündet. Schon ZF folgte vergleichsweise spät im Juli dieses Jahres, nachdem der Betriebsrat monatelang seine Befürchtungen geäußert hatte.
Kalte Dusche
Die Vermutung drängt sich auf, dass der Vorstand von Schaeffler den Vollzug der Übernahme von Vitesco abgewartet hat. Gut einen Monat danach folgt nun die kalte Dusche. Im Angebot an die Aktionäre von Vitesco hieß es vor einem Jahr, Synergien sollten vorrangig erreicht werden, indem Wachstumspotenziale gehoben werden – „und nicht durch Standortschließungen oder den Abbau von Arbeitsplätzen“.
Mit dem Begriff „vorrangig“ hatte sich Schaeffler damals eine Hintertür offengehalten. Die Karten deckt der Vorstand aber jetzt erst auf. Der von Continental abgespaltene Antriebstechnikhersteller Vitesco hat sich im Branchenvergleich sehr früh auf die Elektromobilität ausgerichtet – auch schneller als Schaeffler. Standorte, die nicht zum Kerngeschäft gehörten, wurden verkleinert oder geschlossen.
Die Besten gehen
Gewiss, die Konjunktur der Autobranche hat sich weiter verschlechtert, die Kapazitäten der Zulieferer sind weit weniger ausgelastet und es mangelt an neuen Projekten für E-Mobilität. Aber nochmals: Das ist nicht neu. Schaeffler verspielt mit den spät veröffentlichten Plänen für einen Stellenabbau das Vertrauen der Mitarbeiter – besonders der neuen von Vitesco. Ein Teil der Unzufriedenen wird wechseln. In der Regel sind es diejenigen mit den größten Fähigkeiten, da sie am schnellsten einen neuen Arbeitsplatz finden. Auf solche Verluste muss sich Schaeffler einstellen.