Wirtschaftsweise

Zeitenwende bei den Weisen

Für die einen ist es ein Tabubruch, für Monika Schnitzer ein Akt der Solidarität in Krisenzeiten: In ihrem stets viel beachteten Jahresgutachten legen die Wirtschaftsweisen der Bundesregierung höhere Steuern oder Abgaben für Wohlhabende nahe – „temporär“ und „streng befristet“.

Zeitenwende bei den Weisen

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– Für die einen ist es ein Tabubruch, für Monika Schnitzer ein Akt der Solidarität in Krisenzeiten: In seinem stets viel beachteten Jahresgutachten legt der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung der Bundesregierung höhere Steuern oder Abgaben für Wohlhabende nahe – „temporär“ und „streng befristet“.

Schnitzer, die Vorsitzende der sogenannten Wirtschaftsweisen, verteidigt die Ratschläge gegen Kritik, die unter anderem von früheren Ratsmitgliedern kommt. Es gehe darum, Topverdiener zielgenau zu belasten, um milliardenschwere Entlastungen für weniger Wohlhabende zu finanzieren. Schnitzer schwebt ein Energie-Soli oder eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes vor. Sie kann sich auch vorstellen, den geplanten Abbau der kalten Progression, also von Steuererhöhungen durch die Hintertür, aufzuschieben. Das aber ist ein Herzensanliegen von Finanzminister Christian Lindner (FDP).

Überhaupt ist das abgelaufene Jahr eine Zeitenwende für die Wirtschaftsweisen. Seit Herbst 2022 ist Schnitzer Vorsitzende. Die 61 Jahre alte Wirtschaftsprofessorin ist die erste Frau an der Spitze. Und seit die in Kalifornien lehrende Finanzexpertin Ulrike Malmendier den Rat im September wieder komplettiert hat, ist das Quintett mehrheitlich weiblich – noch eine Premiere.

Für Schnitzer geht es auch darum, dem Ökonomengremium zu größerer Relevanz zu verhelfen, gerade in der Berliner Politik. Denn mehr als ein Jahr waren die eigentlich fünf Wirtschaftsweisen dezimiert, weil es politischen Zank über die Nachfolge des langjährigen Vorsitzenden Lars Feld gab. Der ist nun Wirtschaftsberater von Finanzminister Lindner – und findet Schnitzers Vorschlag höherer Belastungen verkehrt.

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