Analyse von Heidrick & Struggles

Mehr Frauen in den Dax-Aufsichtsräten

Der Anteil der Frauen in den Aufsichtsräten der Dax-Unternehmen steigt in diesem Jahr auf knapp 40%. In zwei Gesellschaften sind sie sogar in der Mehrheit. Dagegen stagniert die Internationalität der Gremien.

Mehr Frauen in den Dax-Aufsichtsräten

Mehr Frauen in den Dax-Aufsichtsräten

Von Joachim Herr, München

Der Anteil der Frauen auf der Kapitalseite in den Aufsichtsräten der Dax-Unternehmen ist auf einen Höchststand gestiegen. Dagegen stagniert die internationale Besetzung, wie Heidrick & Struggles feststellt. Die Personalberatung analysiert seit mehr als zehn Jahren die Wahlen für das Kontrollgremium und die Vorschläge zur jeweils aktuellen Hauptversammlungssaison.

In diesem Jahr stehen 15 Abgängen von Frauen aus den Kontrollgremien 22 Zugänge gegenüber. Damit erhöht sich ihr Anteil von 37,3% im Vorjahr auf 39,5%. Nicolas von Rosty, der Deutschlandchef von Heidrick & Struggles, erwartet, dass sich der Anstieg in den kommenden Jahren fortsetzt: „Die Mühlen haben bei dem Gender-Thema in den vergangenen Jahren zwar langsam, aber inzwischen doch effizient gemahlen.“

Vor drei Jahren erst ein Drittel

Vor drei Jahren hatte der Frauenanteil 33,5% betragen. Damals waren 30 Unternehmen im Dax. Seit September 2021 sind es 40. Die jüngste Analyse berücksichtigt 39 Gesellschaften: Von den 337 Aufsichtsräten der Kapitalseite sind 133 Frauen. Nicht enthalten ist Qiagen. Das Biotechnologie- und Diagnostikunternehmen veröffentlichte die Einladung zur Hauptversammlung mit den Wahlvorschlägen für den Aufsichtsrat nach dem Stichtag für die Auswertung. Qiagen schlägt alle zehn Mitglieder zur Wiederwahl vor, darunter vier Frauen. Die Quote von 40% entspricht dem Durchschnitt im Dax.

In zwei Fällen in der Mehrheit

In elf Unternehmen herrscht inzwischen eine Parität der Geschlechter. Auch das ist die bisher größte Zahl. Zum ersten Mal sind Frauen sogar in der Mehrheit: in den Aufsichtsräten von Siemens Energy und von Vonovia. Dort stellen sie jeweils sechs der zehn Mitglieder.

Keine Bewegung gibt es dagegen in der internationalen Besetzung. Von Rosty beurteilt die Stagnation kritisch: „Obwohl es für einen Teil der Unternehmen sinnvoll wäre, sind keine fokussierten Anstrengungen erkennbar, den Internationalisierungsgrad der Gremien zu steigern.“ Sichtbare Projekte gebe es nicht. Ausnahme sei der Aufsichtsrat der kriselnden Bayer AG, in den drei US-Amerikaner neu gewählt wurden. Darunter ist der Aktionärsaktivist Jeffrey Ubben.

Internationalität stagniert

Insgesamt neun Zugängen mit einem nichtdeutschen Pass stehen in dieser Saison zehn Abgänge gegenüber. Ihre gesamte Zahl verringert sich somit auf 136, ihr Anteil auf 40,3%. Wenige Ausländer – jeweils nur eine Person – sind im Kontrollgremium der Commerzbank, der Telekom, von Hannover Rück, MTU und Sartorius. Fresenius und Heidelberg Materials fallen mit einer Fehlanzeige auf.

Auf der anderen Seite weist Heidrick & Struggles auf Unternehmen mit sehr international besetzten Gremien hin. Im Fall von Airbus (neun von zwölf) liegt das freilich vor allem an der Internationalität des Unternehmens und wie auch im Fall von Volkswagen (sieben von zehn) an der Aktionärsstruktur. Fünf Aufsichtsräte von VW sind Österreicher, zwei sind Katarer. Auffällig ist zudem Daimler Truck: Acht der zehn Kontrolleure für die Kapitalseite sind aus dem Ausland.

In hohem Alter an der Spitze

Nach dem Ausscheiden von Bernd Pischetsrieder (76) als Aufsichtsratschef von Mercedes-Benz und von Hasso Plattner (80, SAP) sind die Vorsitzenden noch in sechs Unternehmen älter als 70 Jahre: Reinhard Pöllath (Beiersdorf), Wolfgang Reitzle (Continental), Richard Pott (Covestro), Wolfgang Porsche (Porsche AG und Automobil Holding SE) und Hans Dieter Pötsch (Volkswagen). Von Rosty gibt zu bedenken: „Ohne einzelnen Personen die Qualifikation abzusprechen, werden zu viele Dax-Konzerne von Aufsichtsratsvorsitzenden von deutlich über 70 Jahren geführt.“ Die meisten agierten als Vertreter der Eigentümerfamilie oder im Auftrag von Eigentümern.

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