Energiewende nicht vertändeln!
KAPAZITÄTSMARKT
Das Rad ist schon erfunden
Von Annette Becker
Wäre Markus Krebber nicht Manager geworden, hätte es ihn angesichts seiner diplomatischen Fähigkeiten womöglich in die Politik verschlagen. Denn es gehört schon viel Goodwill dazu, das kürzlich vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) vorgelegte Papier zum künftigen Strommarktdesign zu begrüßen. Es sei gut und richtig, Optionen vorzulegen, sagt der RWE-Chef. Aber am Ende komme es auf die konkrete Ausgestaltung an. Daran aber mangelt es.
Noch immer gibt es keinen Gesetzentwurf für das Kraftwerkssicherheitsgesetz. Das Gesetz aber ist nötig, um endlich den Bau neuer, wasserstofffähiger Kraftwerke ausschreiben zu können. Kommt Deutschland an dieser Stelle nicht zu Potte, wird hierzulande auch nach 2030 Kohle verstromt – die klimaschädlichste aller Stromerzeugungsvarianten.
Verschiedene Optionen für den Kapazitätsmarkt
Eng verknüpft mit der Kraftwerksstrategie ist der Kapazitätsmarkt, der langfristig für Versorgungssicherheit sorgen soll. Hierzu enthält das BMWK-Papier verschiedene Optionen – einen zentralen und einen dezentralen Kapazitätsmarkt sowie eine Kombination aus beiden. Einen zentralen und zugleich funktionstüchtigen Kapazitätsmarkt gibt es seit Jahren in Großbritannien. Andere EU-Staaten sind dem Vorbild gefolgt, allen voran unsere belgischen Nachbarn. Für das belgische Modell gab es grünes Licht der EU-Kommission – in Energiefragen eine nicht ganz unwichtige Nebenbedingung. Das hat nicht zuletzt die längliche Diskussion mit Brüssel um die Kraftwerksstrategie gezeigt.
Belgien zeigt, wie es geht
Einen dezentralen Kapazitätsmarkt gibt es dagegen nur in Frankreich. Dort wird jedoch auch über den Wechsel in einen zentralen Mechanismus nachgedacht. Eine Kombination aus beiden Modellen, wie es das Wirtschaftsministerium favorisiert, gibt es dagegen nirgends auf der Welt. Mutmaßlich, weil es zu komplex ist.
Es ist bedauerlich und zugleich erschreckend, dass Deutschland meint, das Rad immer wieder neu erfinden zu müssen. Dabei genügte es, einen zentralen Kapazitätsmarkt nach belgischem Vorbild auf den Weg zu bringen. Damit wäre dem Erfolg der Energiewende am meisten gedient.