„Die ESG-Komponente ermöglicht eine Zinsreduktion“
Im Interview: Karin Dohm
„Die ESG-Komponente ermöglicht eine Zinsreduktion“
Die Finanzchefin von Hornbach über den Konsortialkredit, das gerade beendete erste Quartal und die Refinanzierung der 2026 fälligen Baumarkt-Anleihe
Von Martin Dunzendorfer, Frankfurt
Frau Dohm, vor wenigen Tagen hat die Hornbach-Gruppe mitgeteilt, dass der bestehende Konsortialkredit um eine Nachhaltigkeitskomponente ergänzt wurde. Welche Motivation steckt dahinter?
Wir sehen Nachhaltigkeit als eine der Kernvoraussetzungen für den langfristigen Erfolg und die Zukunftsfähigkeit unserer Gruppe an. Ich freue mich sehr über die Verknüpfung unserer Konzernfinanzierung mit unserer ESG-Strategie.
Hat die Ergänzung des Kredits um eine ESG-Komponente auch eine Wirkung, die sich in Zahlen ausdrückt?
Ja. Mit Abschluss der ESG-Ergänzungsvereinbarung werden die Finanzierungskosten des revolvierenden Konsortialkredits auch von drei sogenannten Key Performance Indicators beeinflusst, welche die Nachhaltigkeitsleistung des Unternehmens in den Bereichen CO2-Reduktion im eigenen Betrieb, Sortiment und Erhöhung des Anteils weiblicher Führungskräfte abbilden. Die im September 2022 vereinbarte Finanzierung über 500 Mill. Euro beinhaltete eine sogenannte Rendezvous-Klausel, welche die nachträgliche Verknüpfung der Kreditmarge mit konkreten ESG-Kennzahlen erlaubt. Die ESG-Komponente ermöglicht nun eine Zinsreduktion um bis zu 2,5 Basispunkte.
Wurde Hornbach bei der Gestaltung der ESG-Komponente beraten?
Die Strukturierung der Nachhaltigkeitskomponente wurde von der Helaba als ESG-Koordinator begleitet.
Nimmt Hornbach den Konsortialkredit überhaupt in Anspruch? Wie viele Banken stehen hinter dem Kredit?
Zurzeit nutzen wir die syndizierte Kreditlinie nicht. Sie dient uns als Back-up für den Fall, dass ungewöhnliche Ereignisse eintreten oder sich eine Gelegenheit im M&A-Bereich bietet, sodass wir schnell agieren könnten. Und zu Ihrer Anschlussfrage: An der bis zu sieben Jahre laufenden Konsortialkreditlinie sind insgesamt neun Kreditinstitute aus dem In- und Ausland beteiligt.
Das erste Quartal im Geschäftsjahr 2024/25, das am 31. Mai endete, liegt hinter uns. Wie ist es gelaufen?
Wir sind sehr zufrieden. Wir hatten zum einen signifikant besseres Wetter als im Vorjahr, was die Menschen dazu brachte, sich mit ihrem Garten, ihrer Terrasse oder ihrem Balkon zu beschäftigen. Zum anderen hatten wir eine etwas bessere Konsumstimmung als in den Vorquartalen. Dahinter stecken der Rückgang der Inflationsraten und die unverändert niedrigen Arbeitslosenquoten. Das Sentiment liegt aber weit entfernt von früheren Hochs.
Die jüngst veröffentlichte Prognose der Holding für das seit März laufende Geschäftsjahr wurde von einigen Marktteilnehmern als verhalten eingeschätzt. Was sagen Sie dazu?
Für 2024/25 erwarten wir einen Umsatz leicht über dem Niveau des vergangenen Geschäftsjahres, der bei 6,16 Mrd. Euro lag. Das bereinigte Ebit – das ist das Ergebnis vor Zinsen und Steuern, das wir um nichtoperative Effekte wie Wertminderungen bereinigen – wird nach unserer Schätzung auf oder leicht über dem Vorjahresniveau von 254 Mill. Euro liegen. Dass einige Marktbeobachter das als verhalten beurteilen, kann ich angesichts des wetterbedingt gut verlaufenen ersten Quartals zwar nachvollziehen, doch die komplexen makroökonomischen Herausforderungen bleiben aus unserer Sicht bestehen, so dass eine starke Erholung des für Hornbach wichtigen Konsumklimas auf kurze bis mittlere Sicht unwahrscheinlich ist. Daher halten wir die zugegebenermaßen vorsichtige Prognose für 2024/25 für angemessen.
Wie beurteilen Sie das vergangene Geschäftsjahr, das am 29. Februar endete?
2023/24 war ein makroökonomisch sehr herausforderndes Jahr. Wir sind daher zufrieden mit unseren soliden Zahlen und der Resilienz, die wir damit unter Beweis gestellt haben.
Hornbach hatte im September die Umsatz- und Ergebnisprognose für 2023/24 mit Verweis auf die eingetrübten makroökonomischen Aussichten für Deutschland und die EU gesenkt.
Das ist korrekt. Umsatz und bereinigtes Ebit entsprachen im abgelaufenen Geschäftsjahr aber den im September 2023 revidierten Prognosen. Für den Umsatz hatten wir einen Wert „auf oder leicht unter dem Niveau von 2022/23“ – das waren 6,26 Mrd. Euro – vorausgesagt. Letztlich gingen die Erlöse um 1,6% auf 6,16 Mrd. Euro zurück. Unsere vorherige Erwartung war „etwa auf dem Niveau des Vorjahres“. Wichtig ist mir, dass die Ergebnisse für ein von Inflation geprägtes Umfeld, in dem Kunden tendenziell weniger ausgeben und sich insbesondere bei Spontankäufen sehr zurückhalten, sehr solide sind. Und im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre sind wir in der Gruppe jährlich um 6,2% gewachsen.
Auch der Ausblick für das operative Ergebnis wurde im September gesenkt. Doch wie sich zeigte, wäre auch die ursprüngliche Prognose von –5% bis –15% erfüllt worden.
Hinterher ist man immer klüger. Für das bereinigte Ebit hatten wir zuletzt einen Rückgang um 10 bis 25% im Vergleich zum Vorjahreswert von 290 Mill. Euro erwartet. 2023/24 brachte dann ein Minus von 12,4% auf 254 Mill. Euro. Damit lag das operative Ergebnis am oberen Ende unserer angepassten Prognose.
Mit 4,1% lag die operative Marge im Geschäftsjahr 2023/24 so niedrig wie seit den Vor-Corona-Jahren nicht mehr. Geht das starke Wachstum in der Holding also auf Kosten der Profitabilität, insbesondere in Deutschland, wo sie 2023/24 unter 2% lag?
Natürlich ist es unser Ziel, eine unterproportionale Kostenentwicklung im Vergleich zur Umsatzsteigerung zu erreichen. Das inflationäre Umfeld, die Verwerfungen in den Lieferketten und sich aneinanderreihende exogene Krisen haben diese Zielerreichung leider erschwert. Bezüglich unserer betrieblichen Aufwendungen behalten wir unsere bisherige strenge Kostendisziplin natürlich bei. Der größere Hebel für die Verbesserung der Profitabilität sind jedoch unsere Umsätze und unsere Bruttomarge – und gerade letztere hat sich in den vergangenen Monaten auch dank unserer Anstrengungen sequenziell verbessert.
Gibt es einen spürbaren Unterschied zwischen der Ergebnisentwicklung in Deutschland und dem Ausland?
Hier macht sich unser breiter geografischer Fußabdruck in der Tat positiv bemerkbar. In unseren acht ausländischen Märkten ging die operative Marge zwar um 0,5 Prozentpunkte zurück, lag mit zuletzt 6,5% aber immer noch deutlich über der Marge von 1,9% in Deutschland. Das wirkt sich auch auf die Anteile am bereinigten Ebit aus: Deutschland kommt mit 60 Mill. Euro auf 24%, das Ausland mit insgesamt 194 Mill. Euro auf 76%.
Im Gegensatz zum Ergebnis bzw. der Marge hat sich der Cashflow in den vergangenen Jahren positiv entwickelt. Wie kommt das?
Unser operativer Cashflow hat sich in den vergangenen drei Geschäftsjahren von 345 Mill. auf 455 Mill. Euro verbessert. In der jüngsten Berichtsperiode reflektierte dies vor allem die Veränderung des Working Capital, also den Abbau von Vorräten in Höhe von 187 Mill. Euro. Und der freie Cashflow stieg um mehr als 45 Mill. auf 232 Mill. Euro. Hier spielte der 5-prozentige Rückgang der Capex-Investitionen auf knapp 193 Mill. Euro in der Holding eine Rolle. Etwa 41% davon wurden in den Erwerb von Grundstücken und den Bau neuer Märkte investiert sowie 38% in den Umbau von Märkten und deren Ausstattung. Jeweils rund 10% machten Software sowie Akquisitionen aus.
In den vergangenen Jahren folgte Krise auf Krise. Ist es vernünftig, Vorräte abzubauen, wenn vielleicht schon die nächste Krise vor der Tür wartet und erneut Lieferkettenengpässe drohen?
Die Fähigkeit, agiler und damit resilienter zu sein als in früheren Zeiten, ist wichtig. Umgekehrt wollen wir Redundanzen vermeiden, weil diese Kosten verursachen, die auf die Marge drücken. Was haben wir deswegen unternommen? Wir haben, wo es möglich und sinnvoll war, zu einem Lieferanten für ein Produkt oder Sortiment noch einen zweiten oder dritten hinzugenommen, um so unabhängiger von Lieferengpässen zu werden. Wir von Hornbach sind ohnehin große Freunde von lokalen und regionalen Lieferanten. Aus China direkt bekommen wir zum Beispiel nur einen sehr geringen Prozentsatz unserer Waren. Allerdings haben natürlich viele unserer Lieferanten globale Wertschöpfungsketten, so dass uns entsprechende Verwerfungen indirekt auch treffen könnten.
Zurück zum freien Cashflow: Was haben Sie damit vor?
Vorrang hat für uns, die Nettoverschuldung zurückzuführen bzw. die Nettoverschuldung zum Ebitda (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; die Red.) in ein noch besseres Verhältnis zu bringen bzw. es darin zu halten. Das ist mir sehr wichtig. Außerdem versuche ich, weitgehend Zinslasten vom Unternehmen fernzuhalten. Darüber hinaus wollen wir im Mittel unsere Capex-Investitionen aus dem operativen Cashflow finanzieren; das Verhältnis soll also gleich oder größer 1,0 sein.
Und Aktienrückkäufe?
Das ist für uns derzeit kein Thema. Ich weiß, das ist en vogue, doch ich halte davon nicht viel, da wir damit die Liquidität unserer Aktie an der Börse wohl weiter verringern würden.
Wie hoch ist die Verschuldungsquote der Hornbach-Gruppe?
Zum Stichtag 29. Februar betrug das Verhältnis unserer Nettoverschuldung zum Ebitda 2,5. Das ist unser Zielniveau; wenn der Wert künftig mal darunterliegt – umso besser. Das bringt natürlich auch eine Stärkung des Ratings mit sich. Im Herbst 2023 hat Standard & Poor´s unser „BB+“ bestätigt. Gerne lägen wir noch einen Notch höher, dann wären wir im Investment Grade und hätten wohl noch niedrigere Finanzierungskosten. Andererseits haben wir bereits eine sehr starke Bilanz. So ist die Eigenkapitalquote der Holding im Jahresvergleich von 40,1 auf 43,5% gestiegen; das würde ich als sehr robust bezeichnen. Daraus folgt eine sehr komfortable Kreditwürdigkeit.
Da die Ergebnisse gesunken sind, müssen sie dafür überproportional Schulden abgebaut haben.
Ja, wir haben unsere Finanzschulden um 167 Mill. Euro gesenkt. Unter anderem haben wir in signifikantem Umfang unsere Schuldscheindarlehen getilgt.
Wie finanziert sich Hornbach?
Wir haben hinsichtlich des Fremdkapitals einen Finanzierungsmix, bei dem wir die klassischen Möglichkeiten, die ein Kapitalmarktzugang bietet, ausschöpfen. Ein wesentlicher und traditioneller Bestandteil ist unsere ausstehende Anleihe. Sie hat ein Volumen von 250 Mill. Euro und wird im Oktober 2026 fällig. Zu gegebener Zeit werden wir den Bond neu begeben. Allerdings wird der Emittent nicht mehr die Hornbach Baumarkt AG, sondern die Dachgesellschaft Hornbach Holding sein, weil es aus unserer Sicht sinnvoll ist, die Finanzierung in der Muttergesellschaft zu bündeln. Wir haben ja bereits beim Delisting der Hornbach-Baumarkt-Aktie im Februar 2022 erklärt, dass wir uns damit auch auf eine Aktie und einen Kapitalmarktantritt fokussieren wollen.
Wie beurteilen Sie die Verzinsung der gegenwärtigen Anleihe und welche Verzinsung erwarten Sie für den Bond, der den alten ablösen soll?
Zum Zeitpunkt der Emission im Oktober 2019 hatten wir den Tiefpunkt der Niedrigzinsphase bereits hinter uns. Daher hat der Bond einen auf 3,25% lautenden festen Kupon, den ich aus damaliger Sicht für günstig, aber nicht für optimal halte. Gegenwärtig liegt der Kurs der Anleihe, die eine Restlaufzeit von zwei Jahren und fünf Monaten hat, bei 97,7%, wodurch sich eine Rendite von 4,25% pro Jahr ergibt. Was nun die Refinanzierung angeht: Zum Zeitpunkt der Emission war Hornbach einen Notch schlechter geratet als heute, was den Zinssatz der künftigen Anleihe tendenziell drücken sollte. Andererseits sind die Zinsen seither insgesamt gestiegen. Wenn wir heute einen vergleichbaren Bond ausgeben würden, wäre die Verzinsung wohl der aktuellen Anleihe sehr ähnlich. Angesichts der erwarteten Zinssenkungen durch die EZB gehe ich aber davon aus, dass bis Ende 2026 die Refinanzierung für uns günstiger werden könnte, als sie es heute wäre.
Wie sieht die Finanzierung von Hornbach jenseits der Anleihe aus?
Einen Großteil macht Finanzierungsleasing im Sinne des IFRS 16 aus. Das betrifft im Wesentlichen den Teil unserer Märkte, die von Dritten gemietet sind. Hinzu kommen Schuldscheindarlehen, übliche Bankkredite und Hypothekendarlehen, die wir eher opportunistisch in Anspruch nehmen. Per Ende Februar hatten wir zudem ungenutzte Kreditlinien von 521 Mill. Euro; darin enthalten ist der anfangs besprochene revolvierende Konsortialkredit über 500 Mill. Euro.
Werden bis 2026 größere Summen fällig?
Im vergangenen Geschäftsjahr haben wir zwei endfällige Schuldscheindarlehen getilgt und nicht neu aufgenommen. Das entspricht unserer generellen Strategie, die Nettoverschuldung fortlaufend zu reduzieren. 2024/25 wird kein Finanzierungsinstrument mit nennenswertem Volumen fällig. Nächstes Jahr wird allerdings wieder ein größeres Schuldscheindarlehen fällig, doch ich könnte mir vorstellen, dass wir auch dieses aus dem laufenden Cashflow tilgen.
In welcher Höhe plant Hornbach für das laufende Geschäftsjahr Investitionen? Haben Sie schon konkretere Vorstellungen davon, wie hoch diese in den folgenden Jahren sein werden und wofür sie diese verwenden wollen?
Für 2024/25 planen wir mit Capex-Investitionen auf dem Niveau des Vorjahres, also von etwa 193 Mill. Euro. Für die Jahre danach kann ich mir vorstellen, dass sie ebenfalls um diese Marke – vielleicht plus/minus 10% – liegen werden. Der Hauptanteil der Investitionssumme fließt dabei immer in unsere physischen Märkte – etwa in Neubauten, aber auch in Bestandsimmobilien, zum Beispiel für die Einrichtung von „Drive-in“-Passagen, die bei Kunden sehr beliebt sind, oder den Einbau von Photovoltaikanlagen. Zudem wird in die IT-Infrastruktur investiert.
Die Investitionen fielen 2023/24 etwas geringer aus als zuvor kommuniziert.
Wir hatten geschätzt, dass die Capex-Investitionen leicht unter dem Niveau von 2022/23 liegen werden. Mit 192,6 Mill. Euro gegenüber dem Vorjahreswert von 203,5 Mill. Euro – also einem Minus 5,4% – würde ich von einer Einhaltung des avisierten Volumens sprechen.
Kommen wir zum mit Abstand größten Teilkonzern der Gruppe: der Hornbach Baumarkt AG. Wie hat sich hier der Umsatz entwickelt, insbesondere wenn man Deutschland mit den ausländischen Märkten vergleicht?
Der Umsatz unserer Baumärkte ist 2023/24 um 1,1% auf 5,78 Mrd. Euro zurückgegangen. In Deutschland sind die Erlöse in den Bau- und Gartenmärkten im vergangenen Geschäftsjahr um 2,6% gesunken, in den anderen acht Ländern Europas, in denen wir Märkte betreiben, stiegen sie dagegen leicht um 0,3%. Dadurch haben sich die Umsatzanteile leicht verschoben: Deutschland stand 2023/24 für 48,2% der Erlöse, der Rest Europas für 51,8%.
Weniger gut hat sich der flächen- und wechselkursbereinigte Umsatz der Hornbach-Baumärkte entwickelt. Nach vielen Jahren des Anstiegs ging es 2023/24 um 2,0% bergab, in Deutschland gar um 3,1%.
Das ist schon richtig, aber ich möchte darauf hinweisen, dass im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019/20 unser flächen- und wechselkursbereinigter Umsatz im Teilkonzern Baumarkt bis 2023/24 um 28,7% gestiegen ist.
Bei Betrachtung der flächen- und wechselkursbereinigten Umsatzveränderung im europäischen Ausland fallen zwei Länder mit überdurchschnittlich starken Ausschlägen in 2023/24 auf: die Niederlande mit einem Plus von 4,2% und Österreich mit einem Minus von 6,0%. Wie kam es dazu?
Unser Geschäft in den Niederlanden profitierte von einer höheren Kundenzahl sowie starken Umsätzen im Projektgeschäft. Hinzu kam, dass in den Niederlanden – im Gegensatz zu Deutschland – die Bauindustrie eine positive Entwicklung genommen hat, wovon auch wir profitierten. Außerdem ist dort die Zahl unserer Märkte seit 2019 von 14 auf 18 gewachsen. Darüber hinaus ist der Wettbewerb bei großflächigen Bau- und Gartenmärkten in unserem Nachbarland nicht so intensiv wie in Deutschland, was uns das Geschäft erleichtert. In Österreich ist der Wettbewerb ähnlich wie in Deutschland sehr intensiv. Außerdem wirkte sich eine deutlich negative Entwicklung der Bauindustrie insbesondere auf das Geschäft mit Baumaterialien aus.
Wie hoch sind die Marktanteile ihrer Bau- und Gartenmärkte in Deutschland und im europäischen Ausland?
Wir haben seit 2019 fast überall Anteile hinzugewonnen; im Schnitt 2,6 Prozentpunkte. Nach Erhebungen des Marktforschers GfK ist der Anteil in Deutschland von 2019 bis 2023 von 13,1 auf 14,9% gestiegen, in den Niederlanden von 21,1 auf 27,1%, in Tschechien von 33,3 auf 36,2% und in der Schweiz von 12,0 auf 13,9%.
Worauf führen Sie diese Marktanteilszuwächse zurück?
Eine wesentliche Rolle hat unser erfolgreiches Interconnected-Retail-Konzept gespielt. Darunter verstehen wir die sich gegenseitig verstärkenden Synergien zwischen unserem stationären und unserem Online-Geschäft. Das einfachste Beispiel: Bei „Click & Collect“ sucht und bestellt der Kunde in unserem Online-Shop Waren und holt sie dann in einem unserer Märkte ab.
Wie viel Umsatz hat 2023/24 das Online-Geschäft der Hornbach-Baumärkte gemacht?
Im Geschäftsjahresvergleich ist unser Online-Umsatz um 11% auf 732 Mill. Euro gesunken. Damit hat sich die erwartete Konsolidierung nach dem Boom in der Corona-Pandemie fortgesetzt. Im Vergleich zu 2019/20 sind die Online-Erlöse allerdings immer noch um drei Viertel höher. Der Online-Anteil, inklusive „Click & Collect“, am Gesamtumsatz des Teilkonzerns Baumarkt betrug 2023/24 damit 12,7%. Das ist ein Rückgang um 1,4 Prozentpunkte. Dies spiegelt aber nur den generellen, branchenübergreifenden Trend sinkender E-Commerce-Erlöse wieder. Man sollte vor allem auch auf den Vor-Corona-Wert blicken: Damals lag der Online-Anteil am Gesamtumsatz der Baumärkte unter 10%.
Schlüsseln Sie bitte den Online-Umsatz auf.
Auf den Direktversand entfielen 517 Mill. Euro; ein Minus von 10% im Vergleich zum Vorjahr. Auf „Click & Collect“ 215 Mill. Euro; das ist ein Rückgang um gut 13%. Insbesondere bei „Click & Collect“ waren die Vorjahre durch die Marktschließungen während der Pandemie außerordentlich erhöht. Hingegen zeigen unsere Online-Umsätze ebenfalls, dass sich der Direktversand weiterhin auf sehr hohem Niveau bewegt und sich dieser Kanal somit auch nach der Pandemie bei unseren Kunden etabliert hat. Positiv hervorzuheben ist auch die Entwicklung unserer Kundenkonten: Sie nahmen um 17% auf 4,1 Millionen zu.
Was waren die Spitzenwerte im E-Commerce-Umsatz?
Die stammen aus dem Geschäftsjahr 2021/22, als die Einschränkungen im täglichen Leben aufgrund der Pandemie ihren Höhepunkt erreicht hatten. Damals lag der gesamte Online-Umsatz bei 944 Mill. Euro, was einem Anteil 17,2% an den gesamten Baumarkterlösen entsprach. Der Direktversand trug dazu 588 Mill. und „Click & Collect“ 356 Mill. Euro bei. Nachdem der stationäre Einkauf wieder möglich ist – und viele unserer Produkte haben noch immer eine hohe haptische Komponente – ist dieser Anteil erwartungsgemäß zurückgegangen.
Trotz des Rückgangs des operativen Ergebnisses hat sich die Handelsspanne – also die Bruttomarge – der Baumärkte verbessert. Wie erklärt sich das?
In der Tat legte die Handelsspanne von 33,4% auf 33,8% zu. Vor allem die zweite Geschäftsjahreshälfte trug zum Anstieg bei. Der Grund waren niedrigere Rohstoffpreise im Vergleich zur Vorperiode und ein profitablerer Produktmix.
Dieser profitablere Produktmix - würden Sie das bitte konkretisieren?
Ich gebe Ihnen ein Beispiel: 2022 gab es regelrechte Panikkäufe bei Brennmaterialien, Elektroheizgeräten und Ähnlichem, ...
... weil nach Beginn des Ukraine-Krieges und den Sanktionen gegen Russland die Menschen Angst vor nichtbeheizbaren Wohnungen im Winter 2022/23 hatten.
Das hat uns zwar zusätzliche Umsätze beschert, doch waren das tendenziell margenarme Produkte. Dagegen beschert uns schönes Wetter wie im Frühjahr dieses Jahres sehr viel Kundenzuspruch im Garten- und Landschaftssortiment, dass grundsätzlich margenstärker ist.
Wie im Lebensmittel-Einzelhandel setzen auch Baumarktbetreiber immer stärker auf Eigenmarken. Wie groß ist der Umsatzanteil, den Hornbach mit eigenen Marken macht?
Er liegt bei einem Viertel des Gesamtumsatzes. Diesen Anteil möchten wir noch ausbauen. Wir haben dazu Eigenmarken in allen Produktgruppen und differenzieren im Angebot nach „good“, „better“ und „best“ – je nach dem Bedarf der Kunden.
Hornbach verweist bei Vergleichen gern auf das Vor-Corona-Jahr 2019/20. In jenem Jahr lag die Handelsspanne mit 35,8% um volle 2 Prozentpunkte höher als im abgelaufenen Geschäftsjahr. Wie erklären Sie diesen Rückgang?
Das hat zum einen mit dem Anstieg des Online-Anteils zu tun, der aufgrund von Versandkosten und einem anderen Produktmix eine geringere Handelsspanne aufweist. Zum anderen ist das eine Folge der Anpassung an die höhere Inflation. Zuerst steigen immer die Einkaufspreise, bevor sich höhere Verkaufspreise am Markt etablieren. Aufgrund unserer Dauertiefpreisstrategie passen wir unsere Verkaufspreise nur nach oben an, wenn auch die Preise unserer Wettbewerber steigen.
Hornbach Holding | |||
Konzernzahlen nach IFRS | |||
in Mill. Euro | 2023/24* | 2022/23* | 2021/22* |
Umsatz | 6.161 | 6.263 | 5.875 |
dav. Baumärkte | 5.780 | 5.843 | 5.496 |
Rohertrag | 2.085 | 2.091 | 2.058 |
Betriebsergebnis (Ebit) | 226 | 259 | 355 |
Operatives Ergebnis** | 254 | 290 | 363 |
dav. Baumärkte | 212 | 241 | 315 |
Operative Marge (%) | 4 | 4,6 | 6 |
Jahresüberschuss | 125 | 157 | 200 |
Gewinn je Aktie (Euro) | 8 | 9,83 | 12 |
Dividende je Aktie (Euro) | 2,4 | 2,4 | 2 |
Operativer Cashflow | 455 | 425 | 345 |
Investitionen (Capex) | 193 | 204 | 179 |
Freier Cashflow | 232 | 187 | 135 |
Flächenbereinigtes Umsatzwachstum, DIY (%) | -2 | 3,6 | 5 |
Handelsspanne*** (%) | 33,8 | 33,4 | 35 |
*) 1. März bis Ende Februar; **) Ebit, bereinigt um nichtoperative Erträge und Aufwendungen; ***) Rohertrag zum Umsatz |
Wie beeinflussen gestiegene Kosten, zum Beispiel für Transport und Energie, die sich auch in den Einkaufspreisen niederschlagen, ihre Margen?
Wir hatten von 2021 bis Ende 2022 einen wesentlichen Anstieg unserer Einkaufspreise zu verkraften. Das hat sich im vergangenen Jahr beruhigt. Die Lieferketten funktionieren wieder, und die Frachtkosten für Seetransporte liegen signifikant unter dem Niveau von vor zwei Jahren. Durch unsere gleitenden Durchschnittspreise dauert es etwas, bis sich die gesunkenen Einkaufspreise in der Bruttomarge niederschlugen. Doch nun geht es mit der Handelsspanne seit mehreren Monaten bergauf.
Die Filial- und die Zentralkostenquote der Hornbach Baumärkte sind 2023/24 spürbar gestiegen. Warum?
Die Filialkosten als Prozentsatz vom Umsatz sind von 4,5 auf 4,8% geklettert. Ursache waren vor allem die gestiegenen Gehälter. Die Zentralkostenquote zog von 24,9 auf 25,6% an. Neben höheren Gehältern spielten hier auch Investitionen in den IT-Personalbestand eine Rolle. Insgesamt lag unsere Kostenquote mit 30,5% um einen Prozentpunkt höher als im Vorjahr. Für das laufende Jahr werden wir, wie im Vorjahr, die Betriebskosten in den Filialen und der Verwaltung ständig überprüfen und nach Möglichkeit gezielt senken. Jedoch werden sich zum Teil weitere Kostensteigerung durch Lohnanpassungen nicht verhindern lassen.
Bei welchen Rohstoffen tun Ihnen Preissteigerungen besonders weh?
Nicht nur indirekt, sondern auch direkt treffen uns Preiserhöhungen bei Holz, denn wir haben viele Produkte aus Holz im Sortiment und wir handeln auch viel mit Holz. In den vergangenen vier Jahren gab es bei diesem Rohstoff signifikante Ausschläge, die weniger mit der Verfügbarkeit von Holz selbst, sondern zum Beispiel mit den Sägemühlkapazitäten in den USA, der Verfügbarkeit von Lkws für den Transport und ähnlichem zu tun hatten. Im vergangenen Jahr gab der Holzpreis jedoch wieder nach. Darüber hinaus sind natürlich etliche unserer Produkte mit dem Ölpreis gekoppelt; insofern ist auch dieser Rohstoff für unsere Kalkulationen sehr wichtig. Grundsätzlich sind für uns auch alle Industriemetalle relevant, die im produzierenden Gewerbe eine große Rolle spielen, etwa Kupfer und Aluminium.
Zahlen Sie neben Euro und Dollar noch in nennenswertem Umfang in einer anderen Währung?
Wir bezahlen im südostasiatischen Raum sehr viel in Renminbi, weil sich dort unsere Partner teilweise in der chinesischen Währung bewegen.
Hornbach hat sich immer als Projektpartner dargestellt. Wagen sich ihre Kunden in diesem wirtschaftlich unsicheren Umfeld noch an größere Projekte heran?
Wir haben viele Kunden, die sich grundsätzlich wirklich an große Aufgaben heranwagen – die zum Beispiel ein ganzes Zimmer renovieren wollen. Das bedeutet: Trockenbau, Malen oder Tapezieren, Bodenbelag und gegebenenfalls sogar Verlegung elektrischer Leitungen. Hinzu kommen die ganzen Detailarbeiten. Aber die Durchführung solch größerer Projekte haben wir im vergangenen Jahr tatsächlich seltener als in den Vorjahren beobachtet. Vielmehr nahmen die Kunden kleinere Projekte in Angriff, etwa „nur“ einen neuen Teppichboden legen oder „nur“ ein neuer Wandanstrich. Wir haben jedoch mehr Kunden als vor zwölf Monaten und sehen jetzt, dass langsam das Volumen des Einkaufskorbs wieder steigt, was auf größere Projekte hindeutet. Das macht uns zuversichtlicher für die Umsatz- und Ergebnisentwicklung im laufenden Geschäftsjahr. Auf die Margen hat es übrigens keinen Einfluss, ob der Umsatzanteil von umfangreichen Projekten größer oder kleiner ist.
Das Neugeschäft in der Bauindustrie läuft schlecht. Wie stark trifft das einen Baumarktbetreiber wie Hornbach?
Als Bau- und Gartenmarkt sind für uns vor allem Bestandsimmobilien wichtig. Unsere Grundthemen sind Sanieren, Renovieren und Modernisieren, was wir manchmal scherzhaft als San-ReMo-Effekt bezeichnen. In den neun europäischen Märkten, in denen wir aktiv sind, haben die Immobilien ein relativ hohes Durchschnittsalter, sodass wir uns von daher keine Sorgen über die Nachfrage machen müssen. Zu Ihrer Frage: Der starke Rückgang in der Bauindustrie tangiert uns zwar, aber er trifft unser Geschäft nicht elementar, jedenfalls nicht aktuell. Es gibt aber Langzeitfolgen: Was heute nicht gebaut wird, kann in ein paar Jahren nicht renoviert oder modernisiert werden.
Hat dann vielleicht der deutliche Umsatzrückgang um knapp 10% im Teilkonzern Hornbach Baustoff Union (HBU) mit dem schwachen Neubaugeschäft zu tun?
Es gibt eine starke Korrelation zwischen dem Umsatz der HBU, die nur in Südwest-Deutschland aktiv ist, und den Bauaktivitäten im Land, unter anderem weil der Teilkonzern vor allem gewerbliche Kunden hat. Das Umsatzminus von 10% auf 381 Mill. Euro klingt nach viel, doch was wir von unseren Wettbewerbern im Baustoffbereich hören, liegen wir mit diesem Rückgang noch verhältnismäßig gut. Das bereinigte Ebit brach um zwei Drittel auf knapp 5 Mill. Euro ein. Die Flaute in der Bauindustrie wird wohl mindestens noch dieses Jahr anhalten. Ein Silberstreif am Horizont zeichnet sich durch die EZB ab: Ich rechne mit einer Zinssenkung um jeweils 0,25 Prozentpunkte vor und nach der Sommerpause. Das könnte der Bauindustrie gegebenenfalls ersten Auftrieb geben.
Dem dritten Teilkonzern der Holding, der Hornbach Immobilien AG (HI), wird vom Management immer eine Art Sonderstatus eingeräumt. Wieso?
Weil das Geschäft von HI großteils aus intern an die Baumarkt-Tochter vermieteten Immobilien besteht. Umsatz- und Ergebnisveränderungen bei HI sind deshalb meist auf Veränderungen im Immobilienbestand bzw. in der Immobiliennutzung der Baumarkt-Tochter zurückzuführen. Das ist alles sehr unspektakulär.
Können Sie die Verteilung des Immobilienbesitzes präzisieren?
62% der Verkaufsfläche aller Hornbach Baumärkte befinden sich im Eigentum der Gruppe. Gut die Hälfte davon steht als Aktiva in der Bilanz der Hornbach Baumarkt AG, die andere Hälfte wird von der HI gehalten.
Auch wenn das Geschäft von HI „unspektakulär“ ist: Wie hat sich das Ergebnis im vergangenen Geschäftsjahr entwickelt?
2023/24 stieg das bereinigte Ebit in diesem Teilkonzern um mehr als 13% auf 63 Mill. Euro.
Sie schlagen der Hauptversammlung – wie im Vorjahr – die Ausschüttung einer Dividende von 2,40 Euro je Aktie vor. Erläutern Sie bitte kurz die Dividendenpolitik von Hornbach.
Seit dem Börsengang 1987 hat Hornbach immer eine Dividende gezahlt. Unsere Vorgabe ist, eine Dividende mindestens auf Vorjahresniveau auszuschütten, was in den vergangenen 37 Jahren auch stets der Fall war. Die durchschnittliche Ausschüttungsquote soll dabei etwa 30% des konsolidierten Jahresüberschusses nach Minderheitsanteilen betragen. Bei einem Gewinn je Aktie von 7,83 Euro entspricht das für 2023/24 einem Wert von 30,7% nach 24,4% und 19,2% in den Vorjahren.
Gemäß Karin Dohm, CFO der Hornbach-Gruppe, hat die in den Konsortialkredit der Holding jüngst aufgenommene ESG-Komponente einen handfesten Vorteil: Sie „ermöglicht eine Zinsreduktion um bis zu 2,5 Basispunkte“. Zudem erläutert Dohm im Interview der Börsen-Zeitung die beabsichtigte Refinanzierung der 2026 fälligen 250-Mill.-Euro-Anleihe der Baumarkt-Tochter.
Das Interview führte Martin Dunzendorfer.