Nachhaltigkeit

"Es braucht viel Leidenschaft und Beharrlichkeit"

Der Weg vom klassischen Banker zum ESG-Verantwortlichen der ING Deutschland war für Jürgen von der Lehr konsequent. Der 51-Jährige will Nachhaltigkeit fest in der Unternehmensstrategie verankern.

"Es braucht viel Leidenschaft und Beharrlichkeit"

"Es braucht viel Leidenschaft
und Beharrlichkeit"

wbr Frankfurt

Unter dem Motto "Do your thing" präsentierte die ING Deutschland kürzlich auf dem Impact Festival in Offenbach ihre Banking-App mit Nachhaltigkeitsfilter, bei dem die Kunden auch Merkmale wie Treibhausgasemissionen in den Wertpapier-Porträts finden.

Die Kombination von Brokerage und ESG ist wie geschaffen für Jürgen von der Lehr, seit 2020 Head of Sustainability bei der ING Deutschland und damit der oberste ESG-Verantwortliche bei der Direktbank.

Zwei Hüte

Der gelernte Bankkaufmann, Diplombetriebswirt und frühere Unternehmensberater hat zwei Hüte auf. „Ich bündele in der Bank Strategie und Sustainability, und es ist sinnvoll, beide Themen in einer Hand zu haben. Denn bei uns ist Nachhaltigkeit integraler Bestandteil der bankweiten Strategie.“ Sein Lebenslauf war bis dato nicht grün eingefärbt.  

Start als Berater

2003 ging er als Consultant zu Bearing Point in Frankfurt und war dort für Projekte im Bereich Commercial und Retail Banking sowie Assetmanagement verantwortlich. Im Jahr 2004 wechselte er zur DZ Bank als Manager Inhouse Consulting. 2005 wurde er in Warschau Interim COO bei der DZ Bank Polska. Nach weiteren Stationen kehrte er 2010 zur Deutschen Bank zurück, in deren Mannheimer Filiale er 1994 seine Ausbildung zum Bankkaufmann abgeschlossen hatte. Bei der Bank war er unter anderem Leiter für Strategie, Privat- und Geschäftskunden und das Online Brokerage.

Seit 2018 bei der ING

2018 ging von der Lehr zur ING, wo er mobile Zahlungslösungen und Kontenmodelle entwickelte sowie Prozesse optimierte. Er sieht sehr wohl einen Zusammenhang mit dem Thema Sustainability.

„Mein gesamtes Berufsleben ist geprägt von Transformation und Veränderung – zum Beispiel im Rahmen der Digitalisierungswelle. Nachhaltigkeit ist nun der größte Veränderungsprozess, den wir als Gesellschaft und als Banken vor uns haben.“ Über seinen Arbeitgeber sagt der 51-Jährige: „Wir verstehen uns als Transitionsbank, und das tragen wir nach innen und verstärkt auch nach außen.“

Intellektuelle Herausforderung

Von der Lehr, der sich als klassischen Banker bezeichnet, findet Sustainabilty zudem auch intellektuell reizvoll. „Es geht um sehr komplexe Zusammenhänge mit zum Teil konfliktären Zielen.“ Bei der Frage der persönlichen Umsetzung und der Einschränkungen für die gute Sache ist er zurückhaltend. „Ich bin beim Thema Nachhaltigkeit kein Freund von Verboten, weil das zu Fehlanreizen und einer Ablehnungshaltung führen kann.“

Aber auch von der Lehr selbst hat Erfahrungen etwa mit Starkregen gemacht, die in seine Arbeit mit einfließen. Neben der intensiven Beschäftigung mit dem Thema faszinieren ihn auch die technischen Fortschritte, die den Weg zur CO2-Neutralität ebnen. „Es braucht viel Leidenschaft und Beharrlichkeit, um den ESG-Veränderungsprozess durchzuhalten. Das alles macht mich zum Überzeugungstäter in Sachen Sustainability“, sagt von der Lehr.

Von Wolf Brandes, Frankfurt
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