Mangel an Daten

Probleme im Zusammenspiel von ESG und Private Equity

Tycho Sneyers von LGT Capital Partners klagt bei Private Equity über Mangel an ESG-Daten

Probleme im Zusammenspiel von ESG und Private Equity

Im Gespräch: Tycho Sneyers

"PRI muss sich neu definieren"

Tycho Sneyers von LGT Capital Partners klagt bei Private Equity über Mangel an ESG-Daten

Von Wolf Brandes, Frankfurt

Zunehmend orientieren sich Private-Equity-Häuser an ESG- und Nachhaltigkeitskriterien. Während grüne Investmentfonds schon seit mehr als 25 Jahren am Markt sind, ist diese Entwicklung im Bereich der privaten Märkte noch vergleichsweise neu.

„Private Equity hat gewisse Vorteile, da es immer langfristig ausgerichtet ist und eine starke Kontrolle über das Investment bietet, so dass man das Management austauschen könnte. Schließlich kommt das Kapital bei Private Equity vielfach von Pensions- und Staatsfonds, die starke Interessen hinsichtlich Nachhaltigkeit haben“, sagt Tycho Sneyers, Managing Partner bei LGT Capital Partners und Vorsitzender des ESG-Ausschusses. „Private Equity ist an sich eine ideale Assetklasse für ESG, da man viel Wandel bei den Unternehmen im Portfolio bewirken kann.“

Stärken im Private Equity

LGT Capital hat Stärken im Bereich Private Equity. Doch man sollte sich seiner Meinung nach beim Thema ESG nicht nur auf das Segment konzentrieren. „Bei ESG haben wir letztlich nicht die Wahl zwischen privaten und öffentlichen Investments – alle Anlageklassen sollten im Fokus stehen.“

Für Sneyers geht es nicht darum, ob private oder öffentliche Anlagen effektiver sind in Bezug auf ESG-Fortschritte. Diese Frage könne man so allgemein nicht beantworten, beides habe seine Berechtigung.

Mangel an Daten

Die größte Herausforderung für ESG-Investments in den privaten Märkten sei der Mangel an Daten. „Ziel muss es sein, dass sich Investoren und Manager auf einen Satz von Basisdaten verständigen.“ Es gebe Ansätze, Informationen aus den öffentlichen Kapitalmärkten auf Private Equity zu übertragen, wenn es vergleichbare Unternehmen gebe. „Beim Thema Daten nutzen wir auch künstliche Intelligenz, um die Angaben noch genauer zu machen. Dafür arbeiten wir mit Datenspezialisten wie der finnischen Firma Upright zusammen.“ Durch die Nutzung einer großen Anzahl von Quellen lasse sich die Datenknappheit beheben.

Kontroversen um ESG

Da man an den privaten Märkten keine regelmäßigen Informationen bekommt, lässt LGT Capital Manager- und Firmennamen weltweit 24 Stunden am Tag scannen. „Es geht darum, Anzeichen zu bekommen, ob es eine ESG-Kontroverse geben könnte. Die Resultate werden danach gewichtet, wie glaubwürdig die Quelle ist, die die Meldung veröffentlicht hat“, beschreibt der Manager diese Form der „ESG-Überwachung“.

Anti-ESG Aktionen in den USA

Diskussionen gibt es nicht nur bei den ESG-Kriterien, sondern auch beim Thema Nachhaltigkeit. „In der Vergangenheit gab es keine kontroverse Auseinandersetzung um ESG. Das hat sich in den letzten 18 Monaten verändert. Es gibt scharfe Aktionen in den USA. Die haben dazu geführt, dass einige Net-Zero-Initiativen Mitglieder verloren haben“, sagt Sneyers. Das sei nun mal Teil der Welt, aber in Europa und speziell in der EU befürworte man diese Anti-ESG-Aktivitäten nicht.

Dass einige Mitglieder ESG- und Net-Zero-Initiativen verlassen haben, liegt nach Angaben des LGT-Managers nicht daran, dass sie nicht mehr hinter den Zielen stehen. „Oft gibt es für diesen Schritt Legal- und Compliance-Gründe, beispielsweise im Bereich der Versicherer.“

Freiwillige Initiativen sind unverzichtbar

Aus seiner Sicht sind freiwillige ESG-Initiativen auch heute unverzichtbar. Aber sie müssten sich wandeln. „PRI ist inzwischen noch wichtiger als zu der Zeit, als die Organisation gegründet wurde. Damals war es eine kleine Gruppe, heute sind wir Tausende von Mitgliedern.“ PRI habe sich zur wichtigsten Institution in der Welt für Sustainable Investments entwickelt und sei eine umfassende Initiative für die gesamte Finanz- und Investmentbranche geworden.

Stärkere ESG-Regulierung

Doch während es in der Vergangenheit vor allem freiwillige Vereinbarungen gab, wurde die ESG-Regulierung zuletzt immer stärker. „Das bedeutet, dass PRI sich neu definieren muss. Wir haben unter den Mitgliedern eine Umfrage zu der Rolle der Organisation durchgeführt.“

Unstrittig ist für den Manager, dass die Finanzwelt einen Beitrag zur Lösung der Klimakrise leisten muss. „Es ist falsch, dass Gewinne gemacht werden, wenn negative Effekte auf die Umwelt und Gesellschaft abgewälzt werden.“

Nicht nur dunkelgrüne Aktivitäten

Dabei dürfe es nicht nur um Investments in dunkelgrüne Aktivitäten gehen. „Man kann die größte Veränderung bewirken, wenn man etwas ,Schlechtes‘ in etwas ,Gutes‘ verwandelt. Ich bin nicht der Ansicht, dass ESG-Bemühungen nur Anlagen umfassen sollten, die aus Umweltsicht schon heute perfekt sind.“ Man sollte auch die Transition unterstützen, ist Sneyers überzeugt.

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