Frauenquote in Gremien so hoch wie nie
Frauenquote in Vorständen und Aufsichtsräten so hoch wie nie
Fidar: Handlungsbedarf bleibt groß – Noch viele Unternehmen planen ohne Frauen – Verbindliche Vorgaben könnten helfen
ab Köln
Die gute Nachricht vorweg: Der Frauenanteil in den Chefetagen börsennotierter Unternehmen in Deutschland hat einen neuen Höchststand erreicht. Allerdings schwächen sich die Wachstumsraten nach Einführung der gesetzlichen Quoten bei paritätisch mitbestimmten Börsenunternehmen ab, wie aus dem Women-on-Board-Index der Organisation Frauen in die Aufsichtsräte (Fidar) mit Stand von Mai 2024 hervorgeht.
Demnach hat sich der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der 180 Unternehmen aus der Dax-Familie sowie aus dem regulierten Markt, die der paritätischen Mitbestimmung unterliegen, binnen Jahresfrist um zwei Prozentpunkte auf 37,3% erhöht. In den Vorständen nähert sich der Wert mit 19,3 (2023:18,3)% der 20-Prozent-Schwelle. Positiv zu vermerken ist nach Fidar-Angaben zudem, dass nur drei der 65 Unternehmen, welche die gesetzlich vorgeschriebene Mindestbeteiligung für Vorstände erfüllen müssen, keine Frau im Vorstand haben. Es handelt sich um Koenig & Bauer, Südzucker und Wüstenrot & Württembergische.
Sechs Neuzugänge im Juni und Juli
Seit Anfang 2023 wurden hierzulande 31 Frauen in Vorstände börsennotierter Unternehmen bestellt. Im Juni und Juli dieses Jahres rückten mit Limor Beermann (Aroundtown), Grazia Vittadini (Lufthansa), Stefanie Hirsch (Drägerwerk), Nadia Jakobi (Eon), Aurélie Dalbiez (Evotec) und Nadine Despineux (Jungheinrich) sechs weitere Frauen in Vorstandsetagen auf.
Doch wenngleich Bundesfrauenministerin Lisa Paus aus dieser Entwicklung ableitet, dass „die gesetzlichen Vorgaben erfolgreich sind“, bleibt der Handlungsbedarf nach Einschätzung von Fidar groß. Bei den 104 der Aufsichtsratsquote unterliegenden Unternehmen liege der Frauenanteil in den Vorständen mit 21,7% deutlich höher als bei den 76 Unternehmen, die keine Quote erfüllen müssten. Dort stagniere der Anteil bei 14,9%, hat Fidar ermittelt. Außerdem haben 65 (2023: 71) der 180 untersuchten Unternehmen, also über 36%, keine Frau im Vorstand.
Zielgröße null
Auch die Zahl der Unternehmen, die ihre Zielgröße für Frauen im operativen Führungsgremium auf null festgelegt haben, verringerte sich lediglich um 3 auf 23. Mit 17 gehört der überwiegende Teil dieser Unternehmen zu jenen, die der Aufsichtsratsquote nicht unterliegen. „Wer mit null plant, verweigert die gleichberechtigte Teilhabe“, schlussfolgert Fidar-Gründungspräsidentin Monika Schulz-Strelow. Wenngleich nicht alle untersuchten Unternehmen feste Quoten erfüllen müssen, sind sie dennoch verpflichtet, Zielgrößen zum Frauenanteil in Aufsichtsrat, Vorstand sowie der ersten und zweiten Managementebene zu veröffentlichen.
Zwar habe sich seit Einführung der sanktionierten Begründungspflicht bei einer Zielgröße von null die Zahl der Unternehmen ohne Frau im Vorstand auf 23 halbiert. „Dennoch ist es nicht verständlich, dass weiterhin so viele Unternehmen ohne Frauen planen“, sagt Schulz-Strelow und moniert das Fehlen glaubhafter Diversitätskonzepte. Eine Ausweitung der verbindlichen Regelungen ist ihrer Einschätzung nach wichtig, um die erfolgreiche Wirkung der festen Quoten auszuweiten. „Freiwillige Selbstverpflichtungen funktionieren in der deutschen Wirtschaft nicht“, ist die Schulz-Strelow überzeugt.
Mit der jetzigen Geschwindigkeit werde die paritätische Besetzung von Führungsgremien nicht erreicht, glaubt Fidar-Präsidentin Anja Seng. Die EU-Führungspositionenrichtlinie zeige Wege auf, wie verbindliche Vorgaben für eine größere Zahl von Unternehmen gelten könnten.