Finanzmärkte

Emittenten der Eurozone dominieren Green Finance

Green Finance legt an den Finanzmärkten weiter zu. Es gibt mehr Finanzierungen dieser Art als in der Vorjahresperiode. Die Eurozone dominiert international.

Emittenten der Eurozone dominieren Green Finance

Emittenten der Eurozone dominieren Green Finance

Gemeinschaftswährung ist führend – Starke Investorenbasis vorhanden – Entwicklung in Europa aber uneinheitlich – Italien legt zu

Emittentenadressen aus der Eurozone dominieren den Markt für grüne Finanzierungen. Die Entwicklung in Europa ist aber nicht einheitlich. Die Gemeinschaftswährung ist bei Emissionen führend, es folgt der Dollar.

kjo Frankfurt

Das Volumen umweltbezogener Finanzierungen – an den Kapitalmärkten besser bekannt als Green Finance – nimmt derzeit offenkundig wieder zu. In den ersten neun Monaten dieses Jahres wurden mehr nachhaltige Finanzierungen platziert als in der Vorjahresperiode. Deutlich zugenommen haben einerseits die Nutzung von Anleihen und andererseits die Mittelverwendung für rein grüne, also umweltbezogene Projekte und Maßnahmen. Die Verwendung für weitere nachhaltige Zwecke wie zum Beispiel mit sozialem Hintergrund hat hingegen abgenommen: Hier wurde ein signifikant geringeres Volumen an den Markt gebracht als in den ersten neun Monaten des Vorjahres. Dies geht aus einer Studie von Capmarcon hervor, die der Börsen-Zeitung vorab vorliegt.

CO2 im Fokus

Capmarcon ist eine auf Nachhaltigkeitsmanagement und Unternehmensfinanzierung spezialisierte Beratungsgesellschaft. Capmarcon entwickelt Nachhaltigkeitsstrategien, erstellt Rahmenwerke und unterstützt bei ESG-Ratings. Das Unternehmen berät bei der nachhaltigen Kapitalbeschaffung, insbesondere in den Bereichen Green, Blue, Social, Sustainable oder ESG-Financing.

Nichtsdestotrotz entfällt laut Capmarcon fast ein Fünftel des bisherigen neuen Transaktionsvolumens in diesem Jahr auf das sognannte Sustainability-Linked Financing. „Die Erlöse werden nicht für nachhaltige Zwecke eingesetzt, sondern das Arrangement wird nur an das Erreichen einzelner Zielwerte seitens der Emittenten geknüpft. Sehr häufige Zielwerte-Kombinationen in den drei ersten Quartalen waren CO2-Emissionen, Zahl der Arbeitsunfälle und Frauenquoten“, heißt es bei den Experten von Capmarcon.

Immerhin sei die Platzierung des neuen Sustainability-Linked Financing im Beobachtungszeitraum um 12% zurückgegangen. Der Großteil dieses Finanzierungstypus entfalle auf Darlehen, die meist nicht zertifiziert seien und deutlich leichter zu arrangieren seien als Anleihen. „Geringer Nachhaltigkeitsbezug und einfache Handhabung machen diesen Typus zum beliebten ‚Einstiegsinstrument‘ für Unternehmen“, so die Analyse von Capmarcon.

Dynamik nimmt ab

Der Anteil von Debüt-Emittenten am Neugeschäft, d. h. Unternehmen und Institutionen, die Green Financing erstmals in der Finanzierung einsetzen, sei ein Maß für die Dynamik in der Inanspruchnahme nachhaltiger Finanzierungen. Denn der weit überwiegende Teil des externen Finanzbedarfs werde unverändert mit konventionellen – „grauen“ – Instrumenten arrangiert. Hier bestehe noch ein erheblicher Expansionsspielraum für das Green Financing. Leider habe die Dynamik im bisherigen Jahresverlauf 2023 sogar abgenommen: Der Anteil der Debüt-Emittenten an neuen nachhaltigen Transaktionen sei von 28% in den drei ersten Quartalen 2022 weltweit auf jüngst nur noch 23% gefallen.

Unter Vorjahr

Das weltweite Transaktionsvolumen von Finanzierungen entweder für nachhaltige Investitionen und Ausgaben oder mit zumindest nachhaltiger Orientierung habe in den ersten neun Monaten dieses Jahres 795 Mrd. Euro erreicht. Der Zuwachs gegenüber den drei ersten Quartalen des Vorjahres betrug laut Capmarcon zwar 30 Mrd. Euro, die prozentuale Veränderung aber nur 4%. Gegenwärtig nehme die Dynamik im Primärmarktgeschäft weiter ab. Das Volumen im dritten Quartal 2023 habe auf dem Niveau der Vergleichsperiode des Jahres 2021 gelegen und sei 10% unter dem Niveau des dritten Quartals 2022.

Interessierte Weltbank

Die Ursache für die Entwicklung sei im Wesentlichen auf die Zurückhaltung europäischer Adressen beim Green Financing zurückzuführen: „Das hier neu begebene Volumen fiel von Januar bis September um 11% gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Dafür kamen deutlich mehr nachhaltige Finanzierungen aus dem Nahen/Mittleren Osten und Lateinamerika. Auch die Weltbankgruppe nutzte in diesem Jahr Green Financing in bislang nicht gekanntem Umfang“, führen die Experten von Capmarcon hierzu aus.

Fallende Tendenz

Größtes Emissionsland sei bis Ende September dieses Jahres China mit 96 Mrd. Euro – ein Minus von 23% gegenüber dem Vorjahreszeitraum – an nachhaltigen Finanzierungen gewesen, gefolgt von Deutschland mit 83 Mrd. Euro ( 1%), den USA mit 73 Mrd. Euro ( 2%), Frankreich mit 51 Mrd. Euro (Rückgang von 32%) und Italien mit 48 Mrd. Euro ( 26%). Der höchste Anstieg bei Green Financing sei in Südkorea zu registrieren gewesen: 254% auf 36 Mrd. Euro.

Der Großteil der nachhaltigen Finanzierung lautete in den ersten drei Quartalen 2023 entweder auf Euro – wobei die Tendenz fallend war – oder auf US-Dollar. Die Vorrangstellung des Euro liege einerseits an der Dominanz europäischer Adressen beim Green Financing, andererseits an der starken europäischen Investorenbasis im Green Financing. Der Greenback profitiere von seiner Rolle als Weltreservewährung. Wegen hoher Emissionen in China erreiche der Yuan mittlerweile einen Währungsanteil am Green Financing von 10%. Weitere wichtige Devisen seien das Pfund (4%) und koreanischer Won (3%) – Letzterer begünstigt durch die starke Ausweitung von Green Financing seitens staatlicher Organisationen. Das Emissionsgeschäft dieses Jahres war bislang getrieben von staatlichen Mittelaufnahmen, deren Volumen von Januar bis September 275 Mrd. Euro erreichte, d. h. ein Plus von 16% gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Im Unternehmenssektor sei der Zuwachs mit 1,5% geringer ausgefallen. Im Vergleich mit der Vorjahresperiode hätten vor allem Logistiker ( 78%) und der Handel ( 118%) ihre nachhaltigen Finanzierungen ausgeweitet. „Im Bergbau und in der Rohstoffgewinnung und bei Dienstleistungsunter-nehmen blieb Green Financing hinsichtlich der Neuabschlüsse weitgehend unverändert, in den anderen Wirtschaftssektoren wurden teils deutlich geringere Volumina arrangiert. Gleiches gilt für den Finanzsektor: Die Begebungen von Banken und anderen Finanzdienstleistern gingen um 7% zurück“, so die Capmarcon-Experten.

Über Vorjahr

Das Transaktionsvolumen im europäischen Green Financing sei in den ersten drei Quartalen dieses Jahres um 11% zurückgegangen. Vor allem das dritte Quartal habe sich jüngst deutlich schwächer als noch im Jahr 2022 präsentiert. „Zwar lag die Zahl an Neuemissionen mit bislang 780 deutlich über der Vorjahresperiode. Allerdings fielen die durchschnittlich arrangierten Beträge signifikant niedriger aus. Vor dem Hintergrund noch immer geringer Tilgungen überstieg das ausstehende Volumen nachhaltiger Finanzierungen in Europa Ende September 2 Bill. Euro“, so die Angaben der Experten. Die Entwicklung in Europa sei uneinheitlich gewesen. „Während die Neuemissionen beispielsweise in Italien deutlich zunahmen, in Deutschland und im Vereinigten Königreich weitgehend unverändert blieben, nahmen sie in Frankreich, Spanien oder in Skandinavien deutlich ab. In Frankreich waren auf-fallend weniger staatliche Adressen mit großvolumigen Begebungen am Primärmarkt zu sehen.“ In Dänemark seien die Begebungen im Neunmonatszeitraum von 39 Mrd. auf 12 Mrd. Euro zurückgegangen, nachdem sich im Vorjahr noch viele Erzeuger regenerativer Energien grün finanziert hätten.

Am bedeutsamsten seien in Europa umweltbezogene, grüne Finanzierungen mit einem Anteil am neu arrangierten Volumen von 66% gewesen. Auf nachhaltigkeitsorientierte Finanzierungen entfielen laut Capmarcon 19%, auf Sustainability Financing 7% und auf Social Financing 6%. Weitere Finanzierungsfelder wie Blue Financing oder Transition Financing hätten kaum eine Rolle gespielt.

Starke Basis

Der Großteil der Emittenten von Green Financing stamme aus den Ländern der Eurozone, außerdem bestehe in Europa eine starke Investorenbasis für nach-
haltige Finanzierungen. „Vor diesem Hintergrund ist der Euro führend bei der
Denominierung der entsprechenden Mittelaufnahmen, in den ersten drei Quartalen 2023 betrug dessen Anteil 80%, mit leicht fallender Tendenz“, heißt es. Weitere wichtige Währungen waren Pfund (7%), Dollar (4%) und Złoty (1%). Auf skandinavische Währungen entfielen 4%.

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