Im GesprächNicolas Faller, UBP

„Nachhaltigkeit ist noch nicht weit genug vorangekommen“

Das Thema Nachhaltigkeit ist in aller Munde und kommt doch nicht wie erhofft voran, sagt Nicolas Faller, für das Assetmanagement zuständiger Co-CEO der Schweizer Privatbank UBP.

„Nachhaltigkeit ist noch nicht weit genug vorangekommen“

Im Gespräch: Nicolas Faller

„Es ist nicht gerade die beste Industrie, in der man arbeiten kann“

UBP-Manager über Assetmanagement und ESG

Von Wolf Brandes, Frankfurt

ESG und Sustainability sind in der Finanzbranche zum Mainstream geworden. Bei der Suche eines institutionellen Investors nach einem Anlagemanager findet sich ESG in jedem Fragebogen. „Als Assetmanager muss man die Hosen runterlassen, welche Art von ESG-Ansatz man wählt“, sagt Nicolas Faller, für das Assetmanagement zuständiger Co-CEO bei der Schweizer Privatbank UBP. Andererseits ist er auch realistisch. „Das Thema Nachhaltigkeit ist im Bereich der Privatkunden noch nicht weit genug vorangekommen.“

Enttäuschende Performance

Insgesamt geht aus Sicht von Faller die Entwicklung im Bereich Nachhaltigkeit langsamer, als man das hätte erwarten können. „Die Kunden müssen noch stärker verstehen, worum es im Detail geht, sie müssen mitgenommen werden.“ Hinzu komme, dass in den vergangenen beiden Jahren ESG-Aktien keine besonders gute Performance gezeigt hätten. Auch deshalb sei es schwierig gewesen, mit dem Thema bei den Kunden zu landen.

„Viele Banken, die sich für nachhaltige Investments starkgemacht haben, äußerten sich auf Konferenzen enttäuscht über die Zuflüsse im Bereich ESG. Auch Adressen, die an vorderster Front beim Thema dabei waren“, hat Faller, der seit 2010 bei UBP in Zürich arbeitet, beobachtet.

Ein großes Problem bei ESG sei die unterschiedliche Umsetzung der EU-Nachhaltigkeitsregulierung in den einzelnen Ländern. „Wenn man ein Produkt auflegt, das offensichtlich perfekt zu Art. 8 passt, kann es trotzdem passieren, dass man in manchen Ländern Probleme mit der Anerkennung bekommt.“

Ansprüche der Kunden

„Bei ESG geht es nicht darum, dass man als Investor morgens mit gutem Gewissen in den Spiegel schauen kann“, so Faller, der auf die weitreichende ökonomische Bedeutung hinweist.

„Nachhaltigkeit kommt bei der jüngeren Generation auf jeden Fall besser an. Die ältere Generation schaut immer noch zuerst auf die Rendite“, sagt Faller, der lange bei BNP Paribas gearbeitet hat.

Kritik übt der Manager an Beratern. „Bislang treiben sie das Thema noch nicht so voran, wie es möglich wäre.“ Das zeige sich daran, dass bei Online-Abfragen zur Nachhaltigkeitspräferenz deutlich höhere Werte herauskommen würden als bei Abfragen im persönlichen Gespräch mit dem Berater.

Positiv sei generell, dass die neue Generation ganz anders investiere als bislang üblich. „Der altmodische Ansatz von beispielsweise 50:50 Aktien:Renten wird von jüngeren Menschen angezweifelt. Sie wollen eine ausgefallenere Strategie, etwa mit Alternative Investments wie Hedgefonds.“

Branche unter Druck

Zu beobachten sei auch, dass Privatkunden heutzutage ihr Vermögen viel stärker nach Anlagezielen und Anlagehorizonten schichten. „Vielen Menschen ist heute bewusst, dass sie in Zukunft nicht mehr auf die gleiche Art und Weise eine Rendite erzielen wie in der Vergangenheit.“ Das veränderte Kundenverhalten hat Rückwirkungen auf die Branche, die vor großen Herausforderungen stehe.

„Es ist nicht gerade die beste Industrie, in der man zurzeit arbeiten kann", sagt Faller. Der Druck von allen Seiten sei sehr hoch, sowohl mit Blick auf die Regulierung als auch auf die Kunden. "In diesen Tagen muss man als Assetmanager sehr agil sein und sich immer wieder infrage stellen. Man muss sich verändern, wenn man die Profitabilität halten will“, ergänzt er. Für seine Einheit sei es von Vorteil, als Teil einer privat gehaltenen Bank nicht an der Börse notiert zu sein. „Ich glaube, dass viele der notierten Gesellschaften bessere Ergebnisse liefern würden, wenn sie nicht an der Börse gelistet wären.“

Fokussierung erforderlich

Aus Sicht von Faller gibt es zahlreiche Vermögensverwalter, die nur in einigen Assetklassen überzeugen können, aber dennoch eine breite Produktpalette anbieten. Das werde auf Dauer nicht so bleiben, die Gesellschaften würden sich stärker fokussieren müssen. „Das war für uns auch der Grund, warum wir uns von dem Produkt europäische Aktien getrennt haben. Die Qualität war in Ordnung, doch wir konnten in dem überfüllten Marktsegment keinen wirklichen Mehrwert bieten.“ Mit durchschnittlichen Produkten werde man kaum Mittel einsammeln und habe keine Chance zu wachsen: „Ich habe nie verstanden, warum große Anbieter alle Assetklassen anbieten. Sie werden es akzeptieren müssen, das Produktangebot zu reduzieren.“

Schweizer Standort

Für Schweizer Assetmanager sieht er keine besonderen Vorteile im Wettbewerb. „Es ist nicht per se besser, seinen Sitz in der Schweiz zu haben.“ Es sei ein globales Geschäft. Ein Faktor seien aber die Arbeitskräfte. „Der Talentpool in Großbritannien und zu einem gewissen Grad auch in Frankreich ist größer als in der Schweiz.“ Immerhin verlassen seiner Beobachtung nach infolge des Brexit immer mehr gut ausgebildete Arbeitskräfte Großbritannien auch zugunsten von Zürich und Genf.

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