Rechtssicherheit für grüne Verbriefungen
Verordnung schafft Rechtssicherheit
für grüne Verbriefungen
Konsequenter erster Schritt, um die Finanzierung nachhaltiger Projekte zu fördern
Von Timo Bernau und Martin Freytag *)
Durch die Verordnung über europäische grüne Anleihen (EU Green Bond Standard – EUGBS) hat der europäische Gesetzgeber einen freiwilligen Rechtsrahmen geschaffen. Dieser ermöglicht die Ausgabe von grünen Verbriefungsanleihen neben grünen Unternehmensanleihen. Der EUGBS wird ab dem 21.12.2024 angewandt werden können. Emittenten dürfen ihre Anleihen dann als „europäische grüne Anleihe“ bzw. „European Green Bond“ bezeichnen, wenn sie die Voraussetzungen des EUGBS erfüllen. Insbesondere müssen die Emissionserlöse aus den grünen Anleihen in wirtschaftliche Tätigkeiten investiert werden, die mit den Vorgaben der Taxonomie-Verordnung im Wesentlichen übereinstimmen.
Schaffung eines Rechtsrahmens
In den kommenden Jahren wird zur Finanzierung der grünen Transformation ein zusätzlicher Kapitalbedarf von jährlich über 620 Mrd. Euro benötigt. Neben klassischen Kreditfinanzierungen sind auch alternative Finanzierungsformen gefragt, wie nachhaltige Investmentfonds, grüne Anleihen und Verbriefungen. Insbesondere Verbriefungen eignen sich für die Finanzierung nachhaltiger Projekte, da sie Liquidität freisetzen können.
Im Gegensatz zu einer klassischen Unternehmensanleihe dient eine Verbriefungsanleihe nicht der Bereitstellung von Liquidität auf Ebene des Emittenten, sondern auf Ebene des Originators, der nicht gleichzeitig Emittent der Anleihe ist. Diese wird in der Regel von einer Zweckgesellschaft begeben.
Für die Bewertung der Nachhaltigkeit einer Verbriefungsanleihe ergeben sich daher zwei Anknüpfungspunkte: Zum einen die künftige Verwendung der Erlöse aus der Anleiheemission für nachhaltige Zwecke (Use of Proceeds Approach) und zum anderen der Ankauf grüner Vermögenswerte in Form von grünen Risikopositionen durch die Zweckgesellschaft und ihre Refinanzierung am Kapitalmarkt (Collateral Based Approach).
Die European Banking Authority (EBA) hat in einem Bericht aus dem Jahr 2022 erörtert, wie ein Rechtsrahmen für nachhaltige Verbriefungen aussehen könnte. In einem ersten Schritt empfahl sie die modifizierte Anwendung des EUGBS auch auf nachhaltige Verbriefungen und somit auch den Erlösverwendungsansatz. Erst in einem zweiten Schritt sollte die Etablierung eines eigenen Rechtsrahmens in Betracht gezogen werden, der auch die verbrieften Risikopositionen berücksichtigt.
Modifizierte Anwendung des EUGBS auf Verbriefungen
Der EUGBS greift den Vorschlag der EBA auf und enthält besondere Bestimmungen für die Verwendung der Bezeichnung „europäische grüne Anleihe“ oder „EuGB“ bei Verbriefungsanleihen. Diese Modifikationen passen die Vorgaben des EUGBS für Verbriefungen an. Wie von der EBA empfohlen legt der EUGBS den Fokus auf die Verwendung der Erlöse aus der Anleiheemission durch den Originator, um die Nachhaltigkeit zu messen.
Der Anwendungsbereich des EUGBS ist auf Verbriefungen gemäß der EU-Verbriefungsverordnung beschränkt, die nicht als synthetische Verbriefungen gestaltet sind und für die ein Wertpapierprospekt erstellt wird. Marktteilnehmer haben jedoch die Möglichkeit, Verbriefungsanleihen auf Basis der Green Bond Principles zu begeben, da der EUGBS ein freiwilliger Standard ist. Doch ist ihnen dann die Verwendung der Bezeichnungen „europäische grüne Anleihe“ oder „EuGB“ untersagt.
Originator übernimmt Pflichten
Der EUGBS wird für Verbriefungsanleihen vor allem dahingehend modifiziert, dass die Pflicht zur taxonomiekonformen Verwendung der Erlöse vom Originator anstelle der Zweckgesellschaft als Emittentin übernommen wird. Darüber hinaus muss der Originator bestimmte Risikopositionen ausschließen, wie zum Beispiel umweltschädliche Positionen. Sowohl der Originator als auch die Zweckgesellschaft müssen zudem vor und nach der Emission spezielle Informations- und Offenlegungspflichten erfüllen, etwa im Wertpapierprospekt oder in einem speziellen Informationsblatt.
Herausforderungen für die Praxis
Die Verabschiedung der Verordnung über europäische grüne Anleihen, insbesondere eines standardisierten, freiwilligen Rechtsrahmens für grüne Verbriefungen, ist zu begrüßen. Dies ist ein konsequenter erster Schritt in die richtige Richtung, um die Finanzierung nachhaltiger Projekte etwa in den Bereichen erneuerbare Energien, E-Mobilität und Infrastruktur zu fördern, insbesondere vor dem Hintergrund der angestrebten Wiederbelebung des europäischen Verbriefungsmarktes seitens der EU-Kommission. Eine Finanzierung durch True Sale Verbriefungen sollte in taxonomiekonformer Weise möglich sein, um Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Finanzierungsformen zu vermeiden.
Mit Blick auf die Praxis und die Strukturierung von grünen Verbriefungstransaktionen bleiben die noch ausstehenden delegierten Rechtsakte und die Entwicklungen in der Aufsichtspraxis abzuwarten. Unabhängig von den Umsetzungsfragen kann davon ausgegangen werden, dass die Schaffung des neuen Rechtsrahmens für grüne Verbriefungen zwar nicht für alle, aber sicherlich für einige Marktteilnehmer und Asset-Klassen neue Strukturierungsmöglichkeiten und Investorenkreise eröffnet. Jedoch wird es voraussichtlich noch einige Zeit dauern, bis grüne Verbriefungsanleihen in diesem Segment eine bedeutende Rolle spielen, insbesondere bei öffentlich platzierten Verbriefungsanleihen aufgrund des hohen Umsetzungsaufwands und der Kosten.
*) Dr. Timo Bernau ist Partner und Dr. Martin Freytag Associate von GSK Stockmann.