Rückgang bei nachhaltigen Finanzierungen
Das grüne und nachhaltige Anleihen- und Kreditsegment am Kapitalmarkt ist zwar weiterhin aktiv, allerdings im ersten Halbjahr nicht mehr so rege wie noch im Vorjahreszeitraum. Das Volumen der in den ersten sechs Monaten platzierten weltweiten nachhaltigen Finanzierungen ist gegenüber der Vorjahresperiode um 15% auf 480 Mrd. Euro deutlich zurückgegangen, das geringste Volumen seit dem Jahr 2020. Das geht aus einer Studie von Capmarcon hervor, die der Börsen-Zeitung vorab vorliegt. Capmarcon ist eine auf Nachhaltigkeitsmanagement und Unternehmensfinanzierung spezialisierte Beratungsgesellschaft. Sie entwickelt Nachhaltigkeitsstrategien, erstellt Rahmenwerke, unterstützt bei ESG-Ratings und berät bei der nachhaltigen Kapitalbeschaffung, insbesondere in den Bereichen Green, Blue, Social, Sustainable oder ESG-linked Financing.
Bei Krediten fiel der Rückgang mit 18% sogar noch stärker aus als bei Anleihen, halten die Experten fest. Stark an Attraktivität verloren haben danach nachhaltigkeitsorientierte Finanzierungen – sogenanntes Sustainability-linked Financing –, deren Primärmarktvolumen um 47% auf 51 Mrd. Euro schrumpfte. „Im Wesentlichen resultiert der Rückgang aus dem global deutlich geringeren Engagement von Banken. Während Geschäftsbanken und andere private Finanzdienstleister ihre nachhaltigen Refinanzierungen im genannten Zeitraum um 28% verringerten, schränkten Förder- und Entwicklungsbanken ihre entsprechenden Aktivitäten sogar um 35% ein“, wird konstatiert.
Unternehmen der Realwirtschaft weltweit begaben der Untersuchung zufolge im ersten Halbjahr nachhaltige Finanzierungen in Höhe von 197 Mrd. Euro, etwa 13% weniger als in der Vorjahresperiode. „Erhöhter Strukturierungsaufwand, das Setzen von Nachhaltigkeitszielen und laufende Berichterstattung werden durch meist nur minimal günstigere Konditionen nicht mehr angemessen kompensiert. Vor allem in Europa war diese Tendenz ausgeprägt“, so die Experten.
Weniger neue Adressen
Ebenfalls signifikant geringer sei im Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum der Anteil von Emittenten ausgefallen, die Green Financing erstmals nutzten. Deren Anteil sank demzufolge von 22% auf 15%. „Damit beschleunigt sich der mehrjährige Trend, dass in absoluter und vor allem relativer Hinsicht immer weniger neue Adressen an den Markt kommen, um nachhaltig zu finanzieren. Infolgedessen lässt die Dynamik spürbar nach, dass vor allem Unternehmen der Realwirtschaft ein nachhaltigeres Wirtschaften auch in der entsprechenden Finanzierung spiegeln und etwaige Vorteile in den Konditionen nutzen“, wird weiter ausgeführt.
Der Rückschlag für Green Financing sei nahezu ausschließlich im zweiten Quartal erfolgt. Während im ersten Quartal nachhaltige Finanzierungen in Höhe von 292 Mrd. Euro arrangiert worden seien, habe dieses Volumen von April bis Juni nur noch 188 Mrd. Euro erreicht. Besonders ausgeprägt sei die Entwicklung in Asien gewesen (-39%) und Europa (-34%). In Nordamerika sei der Rückgang geringer ausgefallen (-16%). Auf deutlich niedrigerem Niveau sei die relative Schrumpfung in anderen Regionen noch stärker gewesen: Afrika (-73%), Südamerika (-61%), Naher und Mittlerer Osten (-46%). Nur australische Adressen hätten mehr Green Financing arrangiert (+70%).
Größtes Emissionsland war unverändert Deutschland (56 Mrd. Euro). Weitgehend unverändert sei das Emissionsvolumen in Frankreich (38 Mrd. Euro) gewesen, deutlich schwächer in den USA (40 Mrd. Euro) und China (40 Mrd. Euro). Besonders Sustainability-linked Loans hätten nur noch in signifikant geringerem Maße Verwendung gefunden. Die Zahl der weltweit arrangierten Transaktionen (alle Tranchen) sei gegenüber der Vorjahresperiode von 1.326 auf 1.189 zurückgegangen.
Euro gewinnt dazu
Hinsichtlich der beim Green Financing genutzten Währungen habe der Euro nochmals dazugewonnen: mehr als die Hälfte des arrangierten Volumens sei in der Gemeinschaftswährung denominiert worden. Der Dollar habe in etwa seinen Anteil gehalten: gut ein Fünftel des Gesamtvolumens. Drittwichtigste Währung sei der Renminbi mit rückläufigen Begebungen im Inland. Der kanadische Dollar sei hingegen wieder stärker präsent gewesen, ebenso wie das britische Pfund.
Größte Einzelgruppe des globalen Emissionsgeschäfts seien Unternehmen der Realwirtschaft gewesen, deren Arrangements ein Volumen von 202 Mrd. Euro (-10%) erreicht hätten. Vor allem Industrieunternehmen hätten ihr Green Financing verringert (-32%). „Energieversorgungsunternehmen weiteten entgegen dem Trend ihre nachhaltigen Finanzierungen für Anlagen zur regenerativen Stromerzeugung signifikant aus. Nächstgrößte Gruppe von Emittenten waren staatliche Adressen, die ihr Engagement leicht erhöhten.“ Förder- und Entwicklungsbanken hätten ihre nachhaltigen grünen Refinanzierungen um 35% reduziert. Geschäftsbanken und Assetmanager schränkten ihre entsprechenden Begebungen um 28 % ein.
Das Transaktionsvolumen von Green Financing am europäischen Primärmarkt ist nur um etwa 5% von 283 auf 269 Mrd. Euro gefallen. „Diese Entwicklung war vor allem Folge der geringeren Aktivitäten von Geschäftsbanken, von Förder- und Entwicklungsbanken sowie von Unternehmen aus dem Logistik- und Industriebereich“, so die Experten. Hingegen sei es zu einer Zunahme um 53% seitens der (Energie-) Versorgungsunternehmen gekommen.
Größtes europäisches Emissionsland für Green Financing sei Deutschland gewesen – trotz eines Volumenrückgangs um 8%. Zurückgefallen sei der frühere Spitzenreiter Frankreich mit 38 Mrd. Euro (-6%). Stark seien mittlerweile auch die skandinavischen Länder (inkl. Dänemark) mit 37 Mrd. Euro (-4%). Weitere große europäische Green Financing-Länder seien Italien, Spanien und die Niederlande.
Immerhin habe das weltweit ausstehende Volumen an Green Financing im Februar dieses Jahres die Schwelle von 4 Bill. Euro überschritten, davon entfallen auf deutsche Adressen etwa 10%.
„Vor diesem Hintergrund davon zu sprechen, nachhaltige Finanzierungen hätten ihren Zenit überschritten, wäre verfrüht. Leugnen lässt sich aber auch nicht, dass die Dynamik in diesem Marktsegment seit zwei Jahren deutlich nachgelassen hat“, so die Experten von Capmarcon. Dies zeige sich auch an der immer geringeren Zahl an Unternehmen, die erstmals Green Financing arrangieren, d.h. den Debüt-Emittenten.
Rückgang bei nachhaltigen Finanzierungen
Laut Capmarcon geringstes Volumen seit 2020 – Weniger Engagement der Banken – Abschwächung ausschließlich im zweiten Quartal
Das Volumen der weltweiten nachhaltigen Finanzierungen ist im ersten Halbjahr deutlich um 15% gesunken. Dies ist laut einer Marktstudie von Capmarcon der niedrigste Stand seit 2020. Der Rückgang ist vor allem auf schwächere Aktivitäten der Banken zurückzuführen, aber auch die Realwirtschaft hält sich zurück.