Bilanz

Chemieindustrie verspürt Rückenwind

Die Erholung in der Chemieindustrie kommt in Schwung. Der Branchenverband VCI zieht am 18. August Halbjahresbilanz – sein Präsident dürfte dabei klare Empfehlungen an die Politik formulieren.

Chemieindustrie verspürt Rückenwind

swa Frankfurt

– Nach den Rückschlägen im Zusammenhang mit der Coronakrise kommt die Erholung in der Chemieindustrie mit deutlichem Schwung voran. Die Anbieter von Kunststoffen, Farben, Fasern und Additiven spüren ein zunehmendes Mengenwachstum und anziehende Preise –  wobei die höchsten Preissteigerungen in rohstoffnahen Geschäften möglich sind. Das Ausmaß der Belebung kommt für die Chemieanbieter selbst teilweise überraschend. Zahlreiche Konzerne haben ihre Prognosen nach den ersten sechs Monaten erhöht, manches Unternehmen bereits zum zweiten Mal.

Der deutsche Branchenverband VCI hatte seine Vorhersage für den nach Umsatz drittgrößten Wirtschaftszweig hierzulande im Juni ebenfalls zum zweiten Mal nach oben angepasst und in der Chemie- und Pharmaindustrie für 2021 ein Umsatzwachstum von 8% auf 206 Mrd. Euro in Aussicht gestellt. Am 18. August gibt VCI-Präsident Christian Kullmann, im Hauptberuf Evonik-Chef, ein Update zur Lage der Branche. Der Manager will über die wirtschaftliche Entwicklung in den ersten sechs Monaten Bilanz ziehen und wird womöglich die Prognose für das Jahr erneuern. Kullmann, für klare Worte bekannt, will außerdem die Empfehlungen der Branche an die Politik für ein Zukunftsprogramm der nächsten Legislaturperiode er­läutern. Dieses hält der VCI für nötig, um die Wettbewerbsfähigkeit des Chemie- und Pharmastandortes in Deutschland zu verbessern, heißt es vonseiten der Lobbyisten.

Die Chemieindustrie ist als zyklische Branche mit einem breiten Sortiment im Markt präsent  – von Kosmetika über Medikamente, Chemiefasern und Klebstoffe bis zu Düngemitteln. Ihre Produkte kommen in allen Lebensbereichen zum Einsatz, für den Endverbraucher allerdings oft versteckt, werden doch zwei Drittel der Chemieprodukte innerhalb der Industrie weiterverarbeitet. Größte Kunden sind Kunststoffverarbeiter, Automobil-, Verpackungs- und Bauindustrie.

Gegenwärtig bekommt die Branche die Belebung nicht nur in ausgesuchten Segmenten zu spüren, sie geht durch alle Geschäfte und Regionen, wie es jüngst BASF-Chef Martin Brudermüller für sein Unternehmen erläuterte. Die Dynamik sei ungebrochen, das lasse sich an den Auftragseingängen ablesen. Der Dax-Konzern hat die operative Marge im zweiten Quartal nicht nur wieder auf das Niveau vor der Coronakrise gehievt, sondern sogar darüber hinaus.

Auch Covestro hat jüngst die Latte höher gelegt, nachdem sich für die zweite Jahreshälfte eine bessere Entwicklung abzeichnete. Der aus der ehemaligen Kunststoffsparte von Bayer hervorgegangene Konzern stellt nicht nur ein höheres operatives Ergebnis in Aussicht, er legt auch in den Erwartungen für die Rendite auf das eingesetzte Kapital deutlich nach. Hier werden nun 16 bis 20% angepeilt, nachdem 2020 gerade mal 7% erwirtschaftet wurden.

Evonik geht ebenfalls mit Schwung ins zweite Semester. Der Spezialchemiekonzern hat die Ziele für Umsatz und operatives Ergebnis kürzlich zum zweiten Mal hochgesetzt. Anders als die Anbieter von Produkten weiter unten in der Wertschöpfungskette, etwa in der Petrochemie, braucht Evonik Zeit für Preiserhöhungen. Somit nagen die gestiegenen Rohstoffpreise – noch – an der Marge. Der Cash-flow immerhin ist auf Rekordniveau gelandet.

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