Finanzmarktkalender12. September

EZB vor wegweisender Sitzung

Eine Zinssenkung der Europäischen Zentralbank um 25 Basispunkte in der kommenden Woche gilt bereits seit einiger Zeit als in Stein gemeißelt. Dennoch könnte die Sitzung am Donnerstag mit Blick auf die mittelfristige Geldpolitik einen wegweisenden Charakter bekommen.

EZB vor wegweisender Sitzung

Wegweisende EZB-Sitzung

Eine Zinssenkung der Europäischen Zentralbank um 25 Basispunkte in der kommenden Woche gilt bereits seit einiger Zeit als in Stein gemeißelt. Dennoch könnte die Sitzung am Donnerstag mit Blick auf die mittelfristige Geldpolitik einen wegweisenden Charakter bekommen.

Von Martin Pirkl, Frankfurt

Alles andere als eine Zinssenkung der EZB um 25 Basispunkte am kommenden Donnerstag wäre eine faustdicke Überraschung. Dennoch dürfte die geldpolitische Sitzung der Notenbank spannend werden. Innerhalb des EZB-Rats liegt der Fokus auf der mittelfristigen Geldpolitik und der Frage, wann der neutrale Zins erreicht ist. Damit ist das Niveau erreicht, bei dem der Leitzins die wirtschaftliche Aktivität weder bremst noch ankurbelt.

Wo dieser neutrale Zins liegt, lässt sich nicht berechnen, sondern nur schätzen. Einigkeit scheint im EZB-Rat darüber zu herrschen, dass ein Einlagensatz über 3,0% auf jeden Fall noch restriktiv wirkt. Damit bremst die Geldpolitik auch nach der mutmaßlichen Zinssenkung um 25 Basispunkte auf dann 3,5% die Wirtschaft in der Eurozone aus.

Schwache Konjunktur

Ein Zustand, der einigen Ratsmitgliedern missfällt. Portugals Notenbankchef Mario Centeno sagte, die EZB müsse „die Inflation mit dem geringstmöglichen Opfer senken“. Er gehört zu denjenigen, die der Auffassung sind, dass die Geldpolitik angesichts der schwachen Euro-Konjunktur derzeit deutlich zu straff ist.

Im zweiten Quartal war die Wirtschaft nur um 0,3% gewachsen. Als Konjunkturbremse erweist sich bereits seit längerem Deutschland, die größte Volkswirtschaft der Eurozone. Hier droht eine Rezession. Doch auch in der zweitgrößten Euro-Volkswirtschaft, Frankreich, läuft die Konjunktur nicht rund.

Das andere Lager im EZB-Rat, dem unter anderem Bundesbankpräsident Joachim Nagel angehört, mahnt hingegen zur Vorsicht bei der Lockerung der Geldpolitik. Das Inflationsziel von 2% sei weiterhin nicht gewährleistet. Die Inflation ist im August nach einer vorläufigen Schätzung auf 2,2% gefallen. Im September könnte die Teuerung sogar auf den Zielwert der Notenbank fallen. Allerdings erwarten Ökonomen wie auch die EZB, dass die Inflationsrate ab Herbst wieder anzieht.

Blick auf das Lohnwachstum

Eine wichtige Rolle bei der mittelfristigen Inflationsentwicklung werden das Lohnwachstum und die Profitmargen der Firmen spielen. Im zweiten Quartal war das Wachstum der Tariflöhne mit 3,55% etwas schwächer ausgefallen, als erwartet. Für eine Entwarnung ist aber noch Ansicht von unter anderem EZB-Direktorin Isabel Schnabel noch zu früh.

„Da der Weg zurück zur Preisstabilität von einer Reihe entscheidender Annahmen abhängt, sollte die Politik schrittweise und vorsichtig vorgehen“, mahnte sie Ende August. „Je näher die Leitzinsen dem oberen Bereich der Schätzungen des neutralen Zinssatzes kommen – das heißt, je unsicherer wir sind, wie restriktiv unsere Geldpolitik ist – desto vorsichtiger sollten wir sein, um zu vermeiden, dass die Geldpolitik selbst zu einem Faktor wird, der die Disinflation bremst.“

Neue Bewertung der Geldpolitik

Wie restriktiv die Geldpolitik derzeit wirkt, könnte ein Diskussionsthema auf der Sitzung im September werden. Wie aus dem Sitzungsprotokoll für Juli hervorgeht, sind die Notenbanker der Meinung, dass ihr kommendes Treffen eine gute Gelegenheit ist, um das Ausmaß des restriktiven geldpolitischen Kurses neu zu bewerten. Diese Besprechungen könnten großen Einfluss auf die mittelfristige Geldpolitik nehmen. Offen ist, ob Notenbankpräsidentin Christine Lagarde nach dem Zinsentscheid bereits andeuten wird, wohin die Reise gehen könnte.

12. September

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