Orbán hält EU-Gipfel in Atem
rec Brüssel
14.‒15. Dezember
Orbán hält EU-Gipfel in Atem
Je näher der letzte EU-Gipfel des Jahres rückt, desto mehr hält Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán die mit den Vorbereitungen betrauten Diplomaten und Beamten in Atem. Virtuoser denn je spielt Orbán die dubiose Rolle des Antagonisten. Im Kreise der 27 Staats- und Regierungschefs ist der Ungar der Einzige, der offen gegen die fortgesetzte Unterstützung der Ukraine rebelliert. Niemand weiß, ob das taktische Spielchen um gesperrte Milliarden sind oder eine unüberwindbare Blockade aus Prinzip.
Finanz- und Militärhilfen für Kiew, EU-Haushalt, EU-Erweiterung – keiner der wesentlichen Beschlüsse ist eine Woche vor der Zusammenkunft in Brüssel festgezurrt. Eigentlich soll vom EU-Gipfel das entscheidende Signal für offizielle Beitrittsgespräche ausgehen, mit der Ukraine und mit Moldau. Eigentlich muss Klarheit über den EU-Haushalt bis 2027 her. Eigentlich ist der Gipfel auf zwei Tage angesetzt. Eine zweite Nachtsitzung bis in den Samstag ist aber nicht ausgeschlossen.
Forderung, das Thema Ukraine von der Agenda zu streichen
"Es ist eindeutig, dass der Vorschlag der EU-Kommission zum EU-Beitritt der Ukraine jeglicher Grundlage entbehrt und schlecht vorbereitet ist", stänkerte Orbán auf dem Kurznachrichtendienst X aka Twitter. "Dafür ist kein Platz auf der Tagesordnung des EU-Gipfels!" In einem Brief an EU-Ratspräsident Charles Michel soll Orbán anschließend nachgelegt haben, indem er seiner Forderung Nachdruck verlieh, das Thema Ukraine von der Agenda zu streichen.
Die Frage ist, wie die EU aus diesem Schlamassel herausfindet. Zugeständnisse an Budapest in Form etlicher Milliarden Euro an gesperrten Finanzhilfen sind wohl unausweichlich. Reicht das, um Orbáns Zustimmung zu erkaufen? Der Ungar tritt jedenfalls schamlos an der Seite von Russlands Diktator Wladimir Putin auf und zeigt keine Skrupel, die Solidarität mit der Ukraine aufzukündigen.
Bundeskanzler Olaf Scholz hält demonstrativ dagegen. Deutschland spreche sich für die Empfehlung der EU-Kommission aus, Beitrittsverhandlungen zu eröffnen, stellt Scholz klar. Bei Finanzhilfen für die Ukraine kann Brüssel auf zusätzliche Milliarden aus Berlin zählen. In anderen Politikbereichen bleibt die Bundesregierung hingegen hart, indem sie die geforderte Aufstockung des EU-Haushalts ablehnt – erst recht angesichts der eigenen Haushaltskrise.