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ProSiebenSat.1 mutet Aktionären viel zu

Die Werbeeinnahmen schrumpfen. Das trifft ProSiebenSat.1 hart, denn das schmälert den Gewinn erheblich. Die Aktionäre müssen verschmerzen, dass die Dividende kräftig gekürzt wird.

ProSiebenSat.1 mutet Aktionären viel zu

26. Mai

ProSiebenSat.1 hat zu kämpfen

Von Joachim Herr, München

Treue Aktionäre haben an ProSiebenSat.1 kaum Freude. Verglichen mit dem Höchststand im Herbst 2015 ist der Aktienkurs auf ein Sechstel abgestürzt. An der Spitze des Vorstands gab es seitdem drei Wechsel. Seit November des vergangenen Jahres versucht der frühere RTL-Chef Bert Habets dem Medienkonzern auf die Sprünge zu helfen. Doch der bis Mitte April erreichte Anstieg des Börsenwerts ist mittlerweile fast dahin.

Gewiss, die Zeiten für TV-Unternehmen sind hart: Die Furcht vor einer Rezession und die hohe Inflation sind Gift für die Stimmung der Konsumenten und die Werbewirtschaft. Der Werbemarkt schrumpft. Das lastet schwer auf den Einnahmen von ProSiebenSat.1 und auch dem Konkurrenten RTL, denn das Geschäft mit TV-Reklame bringt hohe Gewinne – wenn es denn läuft. Im vergangenen Jahr sanken die Werbeerlöse von ProSiebenSat.1 um 6%, im letzten Quartal sogar um 12% im Vergleich mit dem Schlussabschnitt des Vorjahres. Und auch für dieses Jahr erwartet der Vorstand einen Rückgang. Wie das erste Quartal gelaufen ist, will das Unternehmen am kommenden Freitag bekannt geben.

Dass die Aktionäre mit Enttäuschung auf die Jahreszahlen reagiert haben, hat noch mehr Gründe. Vorstand und Aufsichtsrat mit dem ehemaligen Springer-Manager Andreas Wiele als Vorsitzendem schlagen eine deftige Kürzung der Dividende vor: Für das vergangene Jahr sollen nur noch 5 Cent je Aktie ausgeschüttet werden nach zuvor 80 Cent. Und auch für die nächsten Jahre müssen sich die Aktionäre auf Magerkost einstellen: Habets kündigte an, künftig 25 bis 50% des bereinigten Konzernüberschusses zu verteilen. Bisher waren 50% die Orientierungsgröße. Der Vorstandschef begründet die Strategie einer flexiblen Dividende mit einer angemessenen Verschuldung und Spielraum für Investitionen.

Die Zahlen für 2022 konnte Habets erst Ende April präsentieren, denn es gab Ungereimtheiten im Geschäftsmodell des Gutscheinanbieters Jochen Schweizer Mydays, der zu knapp 90% ProSiebenSat.1 gehört. Inzwischen hat das Unternehmen das Produktangebot geändert. So kann dieses Geschäft ohne Erlaubnis der Finanzaufsicht BaFin fortgesetzt werden.

Damit ist die Sache allerdings nicht erledigt. Eine von ProSiebenSat.1 beauftragte Untersuchung geht der Frage nach, ob Vorstände im Zusammenhang mit Jochen Schweizer Mydays Pflichten verletzt haben. Finanzvorstand Ralf Gierig, der seit mehr als 20 Jahren im Unternehmen war, verließ jedenfalls Ende April plötzlich das Unternehmen – im Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat, wie es heißt. Sein Nachfolger ist seit Anfang dieses Monats Martin Mildner, der frühere Finanzchef von United Internet.

Die Werbeeinnahmen schrumpfen. Das trifft ProSiebenSat.1 hart, denn der Rückgang schmälert den Gewinn erheblich. Die Aktionäre müssen verschmerzen, dass die Dividende kräftig gekürzt wird. Zudem haben die Ungereimtheiten im Geschäftsmodell des Gutscheinanbieters Jochen Schweizer ein Nachspiel.

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