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Steigende Zinsen voraus!

Die Bank of England wird den Leitzins am Donnerstag aller Voraussicht nach zum 13. Mal in Folge erhöhen. Die Konjunkturdaten der vergangenen Wochen bieten für eine baldige Lockerung keinen Spielraum.

Steigende Zinsen voraus!

22. Juni

Steigende Zinsen voraus!

Die Bank of England wird den Leitzins am Donnerstag aller Voraussicht nach zum 13. Mal in Folge erhöhen. Die Konjunkturdaten der vergangenen Wochen bieten für eine baldige Lockerung keinen Spielraum. Wer darauf hoffte, schon bald wieder günstiger an eine Hypothek zu kommen, hat sich verrechnet.

von Andreas Hippin, London

Die Bank of England wird den Leitzins am Donnerstag (22.6.) um mindestens 25 Basispunkte erhöhen. Daran haben die meisten Volkswirte keinen Zweifel. Spannender ist die Frage, wie viele Mitglieder des geldpolitischen Komitees (Monetary Policy Committee, MPC) sich in der Junisitzung angesichts der robusten Konjunkturdaten für einen größeren Zinsschritt aussprechen. Die Ungewissheit der Zinsentwicklung hat bereits zu Turbulenzen am Hypothekenmarkt geführt. Die Banken erhöhten nicht nur die Hypothekenzinsen, sie nahmen auch Hunderte von Angeboten vom Markt. Im Auftaktquartal lag das Volumen der bewilligten Wohnimmobiliendarlehen um fast ein Viertel unter Vorjahresniveau und bewegte sich auf dem Niveau des zweiten Quartals 2020, in dem sich das Sars-Cov2-Virus weltweit ausbreitete. Die Notenbank steht dem einigermaßen hilflos gegenüber.

Bei einem Auftritt vor dem Wirtschaftsausschuss des House of Lords machte Andrew Bailey, der Gouverneur der Bank of England, keine gute Figur. Man müsse aus den “Erfahrungen” lernen, die man gemacht habe, sagte er. Man wisse allerdings nicht, was genau. Denn natürlich ist der Zentralbankchef nicht der Meinung, irgendwelche Fehler gemacht zu haben. Und so bleibt die rasante Inflation für seine Geldpolitiker ein Mysterium, wie es Naturkatastrophen für die Menschen im Altertum waren.

Für die von manchen Finanzmarktteilnehmern erhoffte baldige Lockerung lassen die Konjunkturdaten der vergangenen Wochen keinen Spielraum. Die britische Wirtschaft erholte sich im April von ihrem Durchhänger im März und wuchs um 0,2%. Damit liegt das Bruttoinlandsprodukt über dem vor der Pandemie erreichten Wert. Einen Tag davor war den Arbeitsmarktdaten für die drei Monate per Ende April zu entnehmen, dass sich die Löhne ohne Sonderzahlungen im Vorjahresvergleich um 7,2% nach oben entwickelt haben. Das ist nur einen Zehntelpunkt von dem im Juni 2021 verzeichneten Rekordanstieg entfernt. Volkswirte hatten im Schnitt lediglich ein Plus von 6,9% auf der Rechnung. In der Privatwirtschaft stiegen die Löhne und Gehälter gar um 7,6%. Die Arbeitslosenquote ging dagegen unerwartet um einen Zehntelpunkt auf 3,8% zurück. Am Markt hatte man damit gerechnet, dass sie auf 4,0% steigen würde. Das liefert den Befürwortern einer strafferen Geldpolitik starke Argumente, auch wenn die Lohnentwicklung weiter der Teuerungsrate (8,7% im April) hinterherhinkt. Für einen guten Teil des Anstiegs ist jedoch eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns um fast ein Zehntel verantwortlich. Eine Viertelmillion Stellen wurden neu geschaffen. Die Zahl der Beschäftigten stieg auf 33,1 Millionen. Alles in allem sieht es so aus, als wären die britischen Haushalte wesentlich besser durch die Krise bei den Lebenshaltungskosten gekommen als weithin erwartet. Vor einem halben Jahr hatten die Notenbankökonomen dem Land noch eine langanhaltende Rezession prophezeit. Mittlerweile gehen Volkswirte davon aus, dass ein Abschwung vermieden werden kann.

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