Aussicht auf Dividenden

US-Banken läuten Bilanzsaison ein

Die amerikanische Wirtschaft erholt sich immer stärker von den negativen Folgen der Coronapandemie. An keinem Wirtschaftssektor wird das deutlicher als an den großen Banken wie J.P. Morgan Chase oder der Bank of America, die in der kommenden Woche...

US-Banken läuten Bilanzsaison ein

Von Norbert Kuls, New York

Die amerikanische Wirtschaft erholt sich immer stärker von den negativen Folgen der Coronapandemie. An keinem Wirtschaftssektor wird das deutlicher als an den großen Banken wie J.P. Morgan Chase oder der Bank of America, die in der kommenden Woche ihre Ergebnisse für das erste Quartal vorlegen und damit den Startschuss zur vierteljährlichen Bilanzsaison an der Wall Street geben.

Vor einem Jahr waren die Resultate der US-Banken nach dem Ausbruch der Pandemie besonders schwach ausgefallen, weil sie wegen befürchteter Kreditausfälle ihrer Firmen- und Privatkunden die Risikovorsorge deutlich erhöhten. In diesem Jahr dürften die Finanzgiganten nach Einschätzung von Analysten aber zu einem der größten Lichtblicke der Wall Street werden. Angesichts der angelaufenen Massenimpfungen, des jüngst verabschiedeten Konjunkturpakets von 1,9 Bill. Dollar und einer spürbaren wirtschaftlichen Erholung dürften die Banken ihre Rückstellungen für notleidende Kredite weiter auflösen – was sich positiv auf die Ergebnisse auswirkt.

Außerdem dürften die Kreditinstitute wegen der gestiegenen Renditen für länger laufende Anleihen im Zinsgeschäft wieder besser verdient haben. Auch das Investment Banking, also das Geschäft mit Fusionen und Übernahmen sowie für Börsengänge, läuft auf Hochtouren.

Analysten haben ihre Gewinnschätzungen für Banken im Verlauf des Quartals entsprechend angehoben. Nach Angaben des Informationsdienstes Factset prognostizierten die Auguren für die Finanzwerte im US-Aktienindex S&P500 zuletzt einen durchschnittlichen Gewinnzuwachs von 74 % gegenüber dem Vorjahr. Am Anfang des Quartals lagen die Erwartung noch bei knapp 50 % – auch das schon eine überaus kräftige Erholung gegenüber dem ersten Quartal 2020. Die größten Beiträge zu den verbesserten Aussichten kamen laut Factset von J.P. Morgan, Goldman Sachs und der Bank of America.

Die Aktienbörsen haben die erwartete Geschäftserholung der Finanzinstitute bereits vorweggenommen. Bankaktien starteten vor gut sechs Monaten eine fulminante Aufholjagd, die sich im ersten Quartal fortsetzte. Der KBW Bank Index, ein vielbeachtetes Branchenbarometer, liegt in diesem Jahr um rund 24 % im Plus. Bankaktien sind damit rund dreimal so stark gestiegen wie der S&P500.

Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 15 auf Basis der erwarteten Gewinne der kommenden zwölf Monate sind Finanztitel dabei auch bei weitem nicht so hoch bewertet wie der S&P500 insgesamt. Das Marktbarometer für US-Standardwerte kommt auf ein überdurchschnittlich hohes KGV von 22.

Auguren rechnen daher mit weiteren Kursaufschlägen für Finanzwerte. „Wir haben erst die Hälfte der Rally hinter uns“, meint Matt O’Connor, ein Analyst der Deutschen Bank. Er kalkuliert mit einem weiteren Kursplus für Bankaktien von bis zu 50 % in den kommenden zwei bis drei Jahren. In diesem Jahr rechnet O’Connor angesichts der konjunkturellen Erholung auch mit einem kräftigen Wachstum des Kreditvolumens. Positiv reagierten Anleger zuletzt auch auf die Aussicht auf höhere Dividendenausschüttungen und Aktienrückkäufe von Banken. Die Notenbank Fed will die im vergangenen Jahr verfügten Einschränkungen für die meisten Banken Ende Juni wieder aufheben – solange die Kreditinstitute bei den jährlichen Belastungstests gut abschneiden und ein ausreichend dickes Kapitalpolster vorweisen können. Banken hätten sich trotz des düsteren Wirtschaftsszenarios in der Krise als widerstandsfähig und als „Quelle der Stärke“ erwiesen, sagte der für Bankenaufsicht zuständige Fed-Vizechef Randal Quarles. „Die Rückkehr zu unserem normalen Handlungsrahmen nach dem diesjährigen Stresstest wird diese Stärke erhalten.“

Den Auftakt der Bilanzsaison werden am kommenden Mittwoch J.P. Morgan Chase, Wells Fargo und Goldman Sachs bestreiten. Am Donnerstag berichten dann die Bank of America und die Citigroup, gefolgt von Morgan Stanley am Freitag.