Finanzsektor

2023 kann das Jahr der Banken werden

Die Quote notleidender Kredite im gesamten europäischen Bankensektor hat inzwischen einen historischen Tiefstand erreicht. Darüber hinaus ist der Finanzsektor extrem stark reguliert und hochtransparent: Es ist die einzige Branche, die regelmäßig Stresstests durch Aufsichtsbehörden unterzogen wird. In Summe sind die Bilanzen heute so stark wie nie zuvor.

2023 kann das Jahr der Banken werden

Wie außergewöhnlich das Kapitalmarktjahr 2022 war, zeigt eine Zahl: 1948. Zwischenzeitlich waren die Verluste, die Anleger mit einem zu jeweils 50 Prozent aus deutschen Aktien und Bundesanleihen be­ste­henden Portfolio auf Zwölfmonatssicht hinnehmen mussten, so hoch wie seit diesem Jahr nicht mehr. Das geht aus einer Analyse von Jim Reid, Stratege bei Deutsche Bank Re­search, hervor.

Die Gründe für die Kurseinbrüche sowohl bei Aktien als auch bei Anleihen sind vielfältig: Der Krieg in der Ukraine, Energieknappheit, Lieferengpässe, anhaltende Inflation sowie Rezessionssorgen bestimmten das Marktgeschehen – und last, but not least die Geldpolitik. Um den hohen Teuerungsraten entgegenzuwirken, begannen bedeutende Notenbanken wie die Europäische Zentralbank und die US-Notenbank Fed mit einer geldpolitischen Straffung. In Summe führte dieses Umfeld zu einem Abschwung an den Märkten und stellte viele Anlageklassen vor eine schwierige Herausforderung. Für den Finanzsektor jedoch sind steigende Zinssätze eine positive Entwicklung – und sorgen für vielversprechende Aussichten für das Jahr 2023.

Aufwärtspotenzial gegeben

Seit der Gründung im Jahr 2006 ist Algebris Investments auf Investments im Finanzsektor spezialisiert. Obwohl auch Bankanleihen und Bankaktien unter dem diesjährigen Marktumfeld gelitten haben, rechnen wir für das kommende Jahr mit enormen Aufwärtspotenzial – denn anders als die meisten anderen Branchen profitieren Banken von der geldpolitischen Kehrtwende. Nach mehr als einem Jahrzehnt unorthodoxer Geldpolitik sorgen die höheren Zinsen für steigende Nettozinserträge. Das zeigte sich bereits in den starken Quartalsberichten in der zweiten Jahreshälfte. Zahlreiche europäische und US-amerikanische Banken übertrafen die Gewinnerwartungen der Analysten und korrigierten ihre Ertragserwartungen nach oben. Die Deutsche Bank beispielsweise meldete für das dritte Quartal einen Nettogewinn in Höhe von 1,1 Mrd. Euro. Im Vorfeld wurde mit lediglich 835 Mill. Euro gerechnet.

2023 dürften die Gewinne weiter steigen, selbst im Falle einer Rezession. Der Bankensektor präsentiert sich derzeit äußerst robust. Das liegt auch an dem Wandel, den er seit der großen Finanzkrise 2007/2008 durchlaufen hat. Beispielsweise haben die Banken seither ihre Kapitalreserven kontinuierlich aufgestockt. Europäische Institute haben seit 2007 Kapital in Höhe von 500 Mrd. Euro aufgenommen. Die harte Kernkapitalquote ist auf mehr als 15% gestiegen. Gleichzeitig hat die Quote notleidender Kredite im gesamten europäischen Bankensektor inzwischen einen historischen Tiefstand erreicht. Darüber hinaus ist der Finanzsektor extrem stark reguliert und hochtransparent: Es ist die einzige Branche, die regelmäßig Stresstests durch Aufsichtsbehörden unterzogen wird. In Summe sind die Bilanzen heute so stark wie nie zuvor. Daher dürften die Banken einen möglichen Konjunkturabschwung gut verkraften. Angesichts dieses positiven Ausblicks scheint die Zeit günstig für Investments in den Finanzsektor.

Bei Bankaktien sehen wir beispielsweise enormes Aufwärtspotenzial. Wir rechnen damit, dass die Erträge der Institute im kommenden Jahr aufgrund der Zinserhöhungen um 20 bis 50% steigen werden. Darüber hinaus liegen die Dividendenrenditen der europäischen Banken bei über 7% und viele von ihnen planen weitere Aktienrückkäufe. Daneben sind sie äußerst günstig bewertet: Bankaktien werden aktuell mit einem Abschlag von 40% gegenüber dem historischen Durchschnitt gehandelt. Selbst wenn man eine bevorstehende Rezession einpreist, sind es noch 20%.

Für besonders interessant halten wir aufgrund der Kombination von attraktiven Renditen und soliden Fundamentaldaten Bankanleihen. Das gilt insbesondere für nachrangige Papiere global systemrelevanter Finanzinstitute beziehungsweise so genannter nationaler Champions mit Investment-Grade-Rating. Wir sind beispielsweise einer der größten Investoren in zusätzliches Kernkapital, das so genannte Additional Tier 1 oder kurz: AT1.

Neuer Regulierungsrahmen

Additional-Tier-1-Anleihen wurden nach der Finanzkrise im Rahmen des neuen globalen Regulierungsrahmens, bekannt als Basel III, ins Leben gerufen, um die Kapitalausstattung der Banken zu stärken. Dabei handelt es sich um bedingte Wandelanleihen beziehungsweise hybride Wertpapiere. Sie haben eine unbegrenzte Laufzeit, fünf Jahre nach dem Emissionsdatum jedoch einen ersten Kündigungstermin. AT1-An­leihen sind mit einem Zinskupon versehen und können in Eigenkapital umgewandelt oder abgeschrieben werden, wenn ein auslösendes Ereignis eintritt, das sogenannte Trigger Event.

Die Trigger-Ereignisse und das damit einhergehende Kapital- und Kuponrisiko haben in der Vergangenheit zu Unsicherheit unter Anlegern geführt. Mit einem genaueren Blick auf die Eigenschaften der Anleihen sind die Risiken jedoch überschaubar. Eine AT1-Kuponzahlung kann ausfallen, wenn die harte Kernkapitalquote unter den maximal ausschüttbaren Betrag fällt. Aktuell übersteigen die Kapitalpuffer der Banken in der Europäischen Union die größten historischen Verluste aber um ein Vielfaches. Das minimiert das Kuponrisiko.

Das Kapitalrisiko von AT1-Papieren besteht darin, dass sie in Eigenkapital umgewandelt oder gar abgeschrieben werden, wenn die harte Kernkapitalquote je nach Regulatorik unter 7% oder 5,125% rutscht. Angesichts der bereits erwähnten hohen Kernkapitalquote ist auch dieses Risiko limitiert.

Klar ist aber: Investments in AT1-Anleihen erfordern eine umfassende Marktkenntnis. Dank unseres tiefgreifenden Industrie-Know-hows können wir in der Komplexität der Regulatorik navigieren und sind durch den ständigen Austausch mit den Aufsichtsbehörden in der Lage, Trends zu analysieren und zu antizipieren.

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