IM GESPRÄCH: BROOKS RITCHEY

Abgesichert in die nächste Turbulenz

Der Head of Portfolio Construction des Hedgefondsspezialisten K2 Advisor über Volatilität und Herdentrieb

Abgesichert in die nächste Turbulenz

Der Hedgefondsspezialist K2 geht von unruhigen Marktphasen aus, nicht zuletzt, weil es 2020 zu einer Konjunkturabkühlung in den USA kommen könnte. Brooks Ritchey, der für die Portfoliokonstruktion bei K2 verantwortlich ist, setzt dabei auf eine “konditionale Diversifizierung”, wie er im Gespräch sagt. Von Dietegen Müller, Frankfurt”Autoversicherung, Lebensversicherung, Hausratsversicherung – immer wieder ist es überraschend für mich, warum Investoren denken, dass Hedgefondsstrategien so merkwürdig sein sollen”, sagt Brooks Ritchey, der für die Portfoliokonstruktion des 1994 gegründeten Hedgefondsanbieters K2 Advisors verantwortlich ist. Abgesicherte Strategien seien vergleichbar mit einem “doppelaktiven Fondsmanagement”, so Ritchey im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. “Aktive Manager versuchen, eine Benchmark zu schlagen, aber was, wenn die Märkte seitwärts oder abwärts tendieren? Oder wenn die Märkte steigen, aber einige Unternehmen nur mittelmäßig abschneiden? Wir suchen aktive Manager auf der Long- wie auch auf der Short-Seite”.K2 wurde 2012 vom US-Fondsriesen Franklin Templeton gekauft, doch die Strategie ist unabhängig geblieben, wie Ritchey betont. Derzeit verwaltet das Unternehmen rund 12 Mrd. Dollar an Assets. Mit dem Fonds K2 Alternative Strategies, den es auch währungsgesichert gibt und der derzeit auf vierzehn verschiedene Manager setzt, will Ritchey eine “stabil positive Rendite mit wenig Volatilität erreichen”. “Einige Investoren verfolgen dabei eine interessante Strategie”, sagt Ritchey. “Sie kaufen 50 % des Fonds in Euro und währungsgesichert, halten aber 50 % in Dollar und damit ungesichert.” Dies sei sinnvoll, da gerade in Zeiten globalen Stress in der Regel der Dollar aufwerte. Unkorreliert in der KorrekturDer Fonds setzt, wie Ritchey es ausdrückt, auf “konditionale Diversifizierung”. “Wenn Investoren sagen, sie wollen Diversifizierung, dann ist das nur die halbe Wahrheit.” Tatsächlich sei Korrelation gewünscht, wenn die Märkte steigen, aber wenn sie korrigieren, wollen sie keine Korrelation. “Dies bezeichnen wir als konditionale Diversifizierung.” In den vergangenen 28 Jahren sei der Hedge Funds Research Index (HFRI) meist dann gesunken, wenn der Dollar gestiegen ist. “Das ist ein Beispiel für eine konditionale Diversifizierung.” Short rentiert sich wiederDoch was bringt ein Hedgefondsansatz gegenüber Multi-Asset-Strategien? “Wir haben eine vergleichbare Strategie, aber viele Multi-Asset-Fonds haben ein Long-Bias, also eine höhere Sensitivität gegenüber Schwankungen an den Aktienmärkten.” Mit Blick auf das Jahr 2020 und auf eine mögliche Abkühlung der Konjunktur und des Gewinnwachstums ist das Momentum am US-Aktienmarkt zum Erliegen gekommen. Abgesicherte Strategien würden darum Sinn machen. In diesem Jahr hätten Short-Positionen erstmals seit sieben bis acht Jahren wieder einen positiven Performance-Beitrag geliefert, was auch am gestiegenen US-Zinsniveau liege. Damit würden die Barmittel, die bei einem Leerverkauf zunächst in die Kasse kommen, weniger Verlust erzielen. “Es könnten unruhige Marktphasen vor uns liegen”, so Ritchey.Der primäre Risikokontrollmechanismus des Fonds stützt sich hauptsächlich auf das Beta, also nicht nur Value at Risk oder auf faktorbasierte Analysen. “Viele Faktorstrategien versuchen das Risikomanagement unnötig zu verkomplizieren, indem sie von verschiedensten Risikoprämien sprechen.” Dies gehe zu weit. Wissenschaftliche Forschung habe gezeigt, dass nur rund acht bis neun Faktoren oder Betas die Performance erklären. “Ich will faktorbasierte Ansätze nicht abwerten, wir machen auch einige Basics, etwa Value versus Growth”.Aber am Ende sei es sehr wichtig, die Betas zu kennen. Aktien seien so volatil, oder Hochzinsportfolios, so dass auch in einem Multi-Asset-Portfolio Risikobudgets mitunter schnell ausgeschöpft würden. “Ein Faktor ist so lange in Ordnung, bis er ein Risiko wird”, bring es Ritchey auf den Punkt. “Ein Beispiel ist die momentum- und liquiditätsgetriebene Rally der vergangenen neun Jahre.” Die USA hätten darin das globale Wachstum angeführt, und ein Großteil wiederum sei auf die US-Technologieunternehmen entfallen. Technologie mache im August im S&P 500 über ein Viertel der Marktkapitalisierung aus, nach dem Platzen der Dotcom-Blase 2002 seien es nur 14 % gewesen. Es handle sich um ein “sehr überfülltes Anlagethema”. Wenn die Technologiewerte wegen geringeren Gewinnwachstums unter Druck kämen, werde auch der US-Markt Momentum verlieren, und damit die Weltaktienmärkte eine Triebfeder.Die dabei zu beobachtende Sektorrotation hin zu Gesundheits- oder Konsumgüteraktien bewertet Ritchey grundsätzlich als gesund, um fehlende Marktbreite auszugleichen: “Sektor- und Faktorrotationen hilft, Strategien abzusichern.” Investoren würden über Momentum auf der Indexebene sprechen, aber darunter gebe es auch Momentum in der Verschiebung zwischen Sektoren. Das Problem sei diesmal aber, dass es zu einer Rotation aus einem sehr gewichtigen Sektor komme. “Ich würde gern mehr Technologietitel in Europa sehen”, ergänzt Ritchey und verweist auf die geringe Zahl an Werten, die mit SAP vergleichbar seien. “Dann würden Investoren sich auch nicht so sehr auf US-Technologiewerte konzentrieren.”Überfüllte Themen jedoch führten zu einer unterdurchschnittlichen Performance. Dann gebe es auch die europäische Datenschutzverordnung. Dies setze Online-Unternehmen wie Facebook zu, die in höheren Datenschutz investieren müssen. Zudem könnten Digitalunternehmen anders oder stärker besteuert werden. “Regulatorische Änderungen sind für Hedgefonds interessante Gelegenheiten. Es trifft einige Unternehmen, andere werden jedoch bevorzugt.”Dreimal pro Woche trifft sich der Anlageausschuss von K2. Dabei werde auf fünf Punkte geachtet: geopolitische Entwicklungen, Bewertung, Wachstum, Stimmung und Liquidität. Je nach Notwendigkeit werde ein Risiko-Overlay eingebaut: “Wir können regulierte Terminkontrakte verkaufen, um uns entsprechend unserer taktischen Einschätzung abzusichern. Dazu müssen wir nicht den Manager austauschen.” Dieses “Tilting” ersetze nicht die ausgewählten Manager, die in der Pflicht stehen, eine Überrendite zu generieren. Im Mittel sechs Jahre hält K2 an einem Manager fest. Kaufen, wenn der Vix hoch istDie Schwierigkeiten von Hedgefondsstrategien im laufenden Jahr seien “vermutlich durch überfüllte Themen” zutage getreten, sagt Ritchey. Er räumt ein, dass in der Korrektur im Oktober die Überrendite des gesamten Jahres verloren gegangen sei. Auch Hedgefonds neigten dazu, bei hoher Volatilität nach drei Monaten schlechter abzuschneiden, zumindest gemessen am HFRI in den vergangenen zwanzig Jahren.”Hedge-Strategien mögen keinen hohen Vix”, präzisiert Ritchey. “Die durchschnittliche Rendite nimmt bei niedrigeren Volatilitäten zu, bei hohem Vix wird jeder getroffen.” Für den Strategen ist es deshalb sehr wichtig, den Vix-Index zu beobachten. “When the Vix is low, get ready to go, or hedge”, meint Ritchey. “When the Vix is high, get ready to buy.” Zuletzt habe die Williams-Prozent-Range ein Kaufsignal basierend auf dem Vix angezeigt.