AGI erwartet drei US-Zinsschritte

CIO Multi Asset Europa: Zehnjährige Bundrendite hat Tiefpunkt hinter sich - Politische Risiken

AGI erwartet drei US-Zinsschritte

Ingo Mainert, für europäische Mischfonds beim Vermögensverwalter Allianz Global Investors (AGI) zuständig, erwartet weiter steigende Renditen und Aktienkurse. Ein Extremrisiko wäre eine überraschende, rasche Dollar-Aufwertung.Von Dietegen Müller, Frankfurt”Die Märkte sind politischer geworden”, sagt Ingo Mainert, der für den Vermögensverwalter Allianz Global Investors (AGI) als Chief Investment Officer den Bereich europäische Mischfonds verantwortet. Als Daumenregel für Europa könnte ein längerfristiger Anstieg der politischen Unsicherheit, abgebildet durch den Economic Policy Uncertainty Index, der sich auf die Auswertung von großen Tageszeitungen stützt, rund zwei Punkte im Kurs-Gewinn-Verhältnis kosten. Insbesondere die Tendenz zur “De-Globalisierung”, die sich in Entscheidungen zur Abkoppelung von Märkten spiegelt, belaste hier.Mainert verweist auf die Agenda von US-Präsidenten Donald Trump und auf den Austritt Großbritanniens aus der EU sowie anstehende Wahlen und Referenden in Europa. Mit der derzeitigen Höhe der Volatilitätsindikatoren – der VDax New lag am Montag bei knapp 15 Punkten – seien die Märkte “etwas sorglos”. Weitere Problemfaktoren seien weltweit hohe Schulden und das sinkende Trendwachstum: “Die Produktivitätsraten dürften nach unten gerichtet bleiben, sie sind aber schwierig zu messen.” Mainert erkennt keine “echte, nachhaltige Inflationsgefahr”, auch wenn sich die Output-Lücke in Deutschland bestimmt geschlossen habe und in den USA wohl gerade geschlossen werde. Es sei aber eine Abkehr vom “überzogenen” Deflationsdiskurs zu beobachten.Trotz langfristig bremsender Faktoren geht Mainert von vorerst weiter steigenden Zinsen und Aktienkursen aus. Im Mittel dürften die Aktienmärkte Renditen von 3 bis 5 % p. a. bringen, weniger als im historischen Mittel, das bis etwas über 7 % reicht. Aus Bewertungsgründen – Basis ist das Shiller-KVG – werden europäische Titel übergewichtet. Die Aktienmärkte würden von steigenden Gewinnerwartungen gestützt. Der laufende Konjunkturaufschwung sei so robust und breit wie nie seit der Finanzkrise und habe schon vor der Wahl Trumps eingesetzt. Die Gewinnerwartungen dürften, glaubt Mainert, noch zwei Quartale nach oben zeigen, bis eine Abschwächung des Momentums denkbar sei. Negative Rückkoppelungen aus Trumps Handelspolitik für die deutsche Wirtschaft erwartet der Experte wenn überhaupt erst ab 2018 oder 2019.Für den Anleihenmarkt geht der Marktexperte, der in der Bond Market Contact Group der Europäischen Zentralbank sitzt, von leicht steigenden Renditen aus. Die zehnjährigen US-Treasuries dürften Ende 2017 rund 3 % rentieren, die 10-jährigen Bundesanleihen um 0,55 %. Drei Zinsschritte der US-Notenbank seien realistisch; erstmals seit rund vier Jahren hätten die mittleren Zinserwartungen (Median) der US-Währungshüter in der Dezember-Sitzung nach oben gezeigt, und Fed-Chefin Janet Yellen habe vergangene Woche betont, der Median-Wert würde gute Anhaltspunkte für den geldpolitischen Kurs der Notenbank liefern. EZB-Tapering ab 2018Von der EZB erwartet Mainert eine “ernsthafte Diskussion” der Rückführung der Anleihenkäufe (Tapering) ab Herbst, das Tapering selbst dürfte 2018 starten. Die zehnjährigen Bundesrenditen hätten wohl ihren Tiefpunkt hinter sich gelassen: “Die US-Geldpolitik und die Preisentwicklung sprechen für etwas anziehende Renditen. Es dürfte schwer sein, dass sich die Eurozone “komplett vom US-Zinsniveau abkoppelt”. Dabei bestehen Fehlbewertungen, die laut unterschiedlichen Studien 50 bis 100 Basispunkte ausmachten. Das gute Rating Deutschlands, regulatorische Vorgaben und die politischen Risiken trügen dazu bei, dass Bundesanleihen im Markt als “sicherer Hafen” betrachtet würden und zu hoch notieren.Eine zaghaftere Zinsanhebung durch die Fed erwartet Mainert nur, falls der Dollar unerwartet rasch und kräftig aufwerten würde, der Euro unter Parität fiele und die Schwellenländerwährungen unter Druck gerieten – ein “Tail-Risiko”. Grundsätzlich hält AGI den Dollar für überbewertet.