LEITARTIKEL

Aktien im Vorteil

Ein Dreimonatstief im Dax gleich zu Beginn des neuen Jahres dürfte die ersten aus den Feiertagen zurückkehrenden Marktteilnehmer alles andere als begeistert haben. Allerdings sind die ersten Handelstage, an denen die meisten Akteure noch nicht...

Aktien im Vorteil

Ein Dreimonatstief im Dax gleich zu Beginn des neuen Jahres dürfte die ersten aus den Feiertagen zurückkehrenden Marktteilnehmer alles andere als begeistert haben. Allerdings sind die ersten Handelstage, an denen die meisten Akteure noch nicht präsent bzw. aktiv sind, in der Regel nicht für das Gesamtjahr repräsentativ, so dass aus ihnen keine nennenswerten Schlüsse gezogen werden können. Für die Schwäche in den ersten Handelsstunden dieses Jahres gilt dies in besonderem Maße. Denn die Voraussetzungen für Aktien, aber auch für andere Risiko-Assets wie beispielsweise Hochzinsanleihen sehen gegenwärtig durchaus nicht negativ aus.Die Weltwirtschaft hat an Dynamik gewonnen und wird ihr erhöhtes Tempo voraussichtlich aufrechterhalten. Zudem wird das Wachstum nun, anders als in den zurückliegenden Jahren, nicht mehr nur von einigen wenigen Regionen getragen, sondern von allen wichtigen Wirtschaftsräumen, darunter die in den Vorjahren schwächelnden Schwellenländer und die Eurozone. Gleichzeitig deutet derzeit wenig darauf hin, dass die Inflation in einem Ausmaß anziehen wird, dass die Notenbanken zu stärkeren Gegenmaßnahmen gezwungen würden, die die Konjunktur abwürgen würden.Die Inflation hat sich allerdings auf einem erhöhten Niveau eingependelt, was in Kombination mit der stärkeren wirtschaftlichen Dynamik negative Vorzeichen für die als sichere Häfen geltenden Staatsanleihen setzt. Es zeichnet sich zwar auch kein dramatischer Anstieg der Renditen ab. Angesichts des extrem niedrigen Niveaus der laufenden Verzinsungen von Bundesanleihen sowie der Schuldtitel anderer Euro-Staaten im Zehnjahresbereich reicht aber selbst ein überschaubarer Renditeanstieg aus, um einen negativen Anlageertrag zu generieren. Wahrscheinlich ist der Anstieg der zehnjährigen Bundrendite zum Jahresauftakt auf ein Zehnwochenhoch von 0,46 % für das, was in den kommenden Monaten bevorstehen könnte, repräsentativer als das Dreimonatstief des Dax. Aktien sind klar im Vorteil und werden noch lange davon profitieren, dass Staatsanleihen keine zufriedenstellenden Erträge abwerfen.Eine “sichere Bank” sind Dividendenwerte dadurch aber auch nicht, und vielleicht ist es auch ganz gut, dass der Aktienmarkt eine Pause einlegt bzw. etwas korrigiert. Denn mit dem sehr guten Jahrgang 2017 haben sich Risiken aufgebaut, die bei deutlich weiter erhöhten Kursniveaus noch akuter würden. Ein Schönheitsfehler ist, dass es derzeit einen sehr ausgeprägten Marktkonsens gibt. Die Experten sagen fast unisono voraus, dass Aktien aufgrund des guten konjunkturellen Umfelds im neuen Jahr weiter zulegen werden, wenn auch mit im Vergleich zum Vorjahr vermindertem Tempo. Leider zeigt die Erfahrung, dass es oft ganz anders kommt, als es sich die Mehrheit anfänglich vorstellt.Zum Problem könnte werden, dass die deutlich aufgehellten Aussichten für Konjunktur und Unternehmensgewinne zu einem guten Teil bereits in den Kursen enthalten sind und die Bewertungen auf einigermaßen anspruchsvolle Niveaus gehoben haben. Die zuversichtlichen Erwartungen müssen auch erfüllt werden, damit 2018 ebenfalls ein guter Aktienjahrgang werden kann. Ein plausibles Szenario für die kommenden Monate könnte sein, dass enttäuschende Wirtschaftsdaten bzw. aufkeimende Zweifel an den optimistischen Prognosen für Nervosität, stärkere Kursschwankungen und ausgeprägtere Korrekturphasen sorgen. Verstärkt werden könnte dies durch die ohnehin latent vorhandenen Sorgen über das sehr fortgeschrittene Stadium des Konjunkturzyklus in den USA und das sehr hohe Alter des im März 2009 gestarteten Bullenmarktes. Wenn der Zyklus auch dieses Mal nicht tot ist, wovon ausgegangen werden darf, ist das Ende nicht mehr allzu weit. Tatsächlich dreht sich die Diskussion darum, ob es 2019 oder 2020 so weit sein könnte.Für langfristig ausgerichtete Investoren ist das alles andere als ein zufriedenstellender Zeithorizont, so dass der Appetit auf Aktien im neuen Jahr möglicherweise etwas gezügelt werden könnte. Eine tendenziell reduzierte Nachfrage könnte somit in Phasen der Verunsicherung für stärkeren Kursdruck bzw. Übertreibungen nach unten sorgen. Die gute Nachricht für das neue Jahr: Solange sich das derzeit konstruktive wirtschaftliche Gesamtbild nicht nennenswert ändert, werden solche übertriebenen Schwächephasen den Marktteilnehmern gute Einstiegsgelegenheiten bieten.——–Von Christopher KalbhennAktien werden noch lange davon profitieren, dass Staatsanleihen keine zufriedenstellenden Erträge abwerfen.——-