Aktienmärkte auf Hausse-Kurs

Positives Umfeld treibt Indizes von Rekord zu Rekord - Experten warnen vor Risiken

Aktienmärkte auf Hausse-Kurs

Mit deutlichen Kurssteigerungen warten die Aktienmärkte in den ersten Handelstagen des Jahres auf. In allen drei Zeitzonen sind führende Indizes auf Rekordhochs geklettert. Getragen wird der Aufschwung von Zuversicht über die Aussichten der Weltwirtschaft und der Unternehmensgewinne, die von der US-Steuerreform zusätzlich befeuert wird. Einige Experten warnen vor sich aufbauenden Risiken.Von Christopher Kalbhenn, FrankfurtDie Aktienmärkte erleben einen Jahresstart nach Maß. Reihenweise haben Indizes in Asien, Europa und Amerika Rekordhochs erklommen, etliche befinden sich auf mehrjährigen Höchstständen, so etwa der Nikkei, der gestern ein 26-Jahres-Hoch erreichte und in den wenigen Handelstagen des Jahresstarts bereits um nahezu 5 % zugelegt hat. Rekorde haben neben den führenden amerikanischen Marktbarometern, darunter der Dow, der erstmals über die Schwelle von 25 000 Punkten gestiegen ist, die Blue-Chip-Indizes Indiens, Großbritanniens und der Schweiz erreicht.Der Hongkonger Hang Seng hat elf Tage in Folge zugelegt, seine längste Gewinnstrecke seit 1999, und stieg am Dienstag mit 31 057 Zählern auf den höchsten Stand seit zehn Jahren. Im Inland hat der Kleinwerteindex SDax einen Höchststand erreicht. Der Dax ist erstmals seit dem November 2017 wieder über 13 400 gestiegen, beim gestrigen Tageshoch von 13 425 lag er nur noch rund 120 Punkte unter seinem Rekordhoch.Auftrieb erhalten die Aktienmärkte vor allem von der derzeit sich verstärkenden weltwirtschaftlichen Dynamik und damit zunehmender Zuversicht für Konjunktur und Unternehmensgewinne. Als zusätzlicher Verstärker wirken die US-Steuerreform bzw. die davon erhofften positiven Effekte auf die Wirtschaft und die Gewinne. “Das makroökonomische Gesamtbild ist unverändert robust”, so die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Rund um den Globus präsentierten sich die Stimmungsindikatoren auf hohem Niveau. Insbesondere die US-Unternehmen seien weiterhin bester Stimmung – nicht zuletzt aufgrund der kurz vor Weihnachten beschlossenen Steuerreform. “Schätzungen von US-Brokern zufolge dürfte der 2018er S & P-500-Gewinn um 6 % bis 9 % höher ausfallen als vor der Reform”. Allerdings sind die Effekte der Steuerreform nach Einschätzung des Instituts bereits im zurückliegenden Jahr teilweise an den Aktienmärkten eingepreist worden. Kaum AlternativenGut möglich, dass die Rally auch in den kommenden Wochen anhält. Denn die im Hintergrund weiter schwelenden Risiken und selbst enttäuschende Zahlen wie zuletzt vom US-Aktienmarkt scheinen die Anleger zurzeit nicht abschrecken zu können. Es gibt ja auch kaum Alternativen zu Dividenden. Anleihen werfen keine zufriedenstellenden Erträge ab. Zunehmend problematisch drohen allerdings bei deutlich weiter steigenden Notierungen allmählich die Bewertungen zu werden. Zumindest bedeutet dies, dass das positive ökonomische Szenario nun in einem Ausmaß eingepreist ist, dass die tatsächliche Entwicklung von Konjunktur und Gewinnen in den kommenden Monaten auch nicht enttäuschen darf. Insbesondere US-Aktien sind anspruchsvoll bewertet. So weist der S & P 500 ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 23 (berichtete Gewinne) auf. Nur an 1,5 % aller Tage seit dem Jahr 2003 hat der Index laut Bloomberg eine höhere Bewertung aufgewiesen.Citigroup und Pimco haben zuletzt vor zu großer Zuversicht über die wirtschaftlichen Aussichten gewarnt. Es sei noch zu früh, das Ende des Bullenmarktes von Risiko-Assets auszurufen, so die Citigroup laut Bloomberg. Jedoch verschlechtere sich das Risiko-Ertrags-Profil, weil die erwarteten Anlageerträge den Gipfel erreichten und die Volatilität zu steigen beginne. Investoren müssten für sich abwägen, in welcher Phase sich der Zyklus befinde und was als Nächstes komme. Das Goldilocks-Umfeld (über dem Trend liegendes Wachstum bei unter dem Trend liegender Inflation) könne nicht ewig anhalten, ein Hoch im Wachstum wäre noch bearisher als ein Anziehen der Inflation. Pimco verwies auf Anzeichen dafür, dass das Stellenwachstum in den USA den Gipfel erreiche. Das sei ein klares Zeichen dafür, dass die Spätphase des Konjunkturzyklus erreicht werde.Sorgen bereiten darüber hinaus technische und Stimmungsindikationen. So haben etwa die Relative-Stärke-Indizes führender Marktbarometer wie der S & P 500 und der Nikkei den überkauften Bereich erreicht. Ein weiterer Indikator, die von der New York Stock Exchange erfassten Aktienkäufe auf Kredit ist auf ein Rekordhoch gestiegen. Laut der Bespoke Investment Group erhöhen die Analysten derzeit ihre Prognosen für die US-Unternehmensgewinne so stark wie seit zehn Jahren nicht mehr. Eine derart optimistische Analystenstimmung habe sich in der Vergangenheit als Vorlaufindikator für Marktrückschläge erwiesen.Die LBBW beurteilt die Aussichten der Aktienmärkte grundsätzlich positiv, sieht allerdings ebenfalls in der Stimmungslage ein Risiko. In der ersten Handelswoche habe sich die kurzfristige Dax-Stimmung kräftig verbessert. Mittelfristig, auf Sicht von sechs Monaten, habe sich die Einschätzung für den Dax jedoch nicht geändert. Diese kognitive Dissonanz der Marktteilnehmer – kurzfristig sehr bullish versus mittelfristig nur verhaltene Zuversicht – könne auf zwei Wegen abgebaut werden: Die mittelfristige Grundüberzeugung festige sich ebenfalls oder der kurzfristige Optimismus sinke, was üblicherweise mit Verkäufen einhergehe.