GASTBEITRAG

Aktienvolatilität bietet interessante Möglichkeiten

Börsen-Zeitung, 25.2.2020 Die negative Verzinsung von Bundesanleihen schmälert zunehmend das Diversifikationspotenzial in klassischen Anlageportfolien. Eine Alternative könnte die Aktienvolatilität bieten, in die sich über Optionen investieren...

Aktienvolatilität bietet interessante Möglichkeiten

Die negative Verzinsung von Bundesanleihen schmälert zunehmend das Diversifikationspotenzial in klassischen Anlageportfolien. Eine Alternative könnte die Aktienvolatilität bieten, in die sich über Optionen investieren lässt. Jahrzehntelang war die klassische Portfolioaufteilung aus sicheren Bundesanleihen und Aktien ein Erfolgsgarant bei der Geldanlage. Dabei hat insbesondere die Anleihekomponente in zweierlei Hinsicht maßgeblich zum Erfolg solcher Mischportfolien beigetragen. Zum einen durch den laufenden Ertrag, mit dem man im Portfolio rechnen konnte. Zum anderen durch den diversifizierenden Zusatzertrag, wenn die Aktien mal schwächelten. Der Zusatzertrag speiste sich aus Kursgewinnen durch sinkende Zinsen in Stressphasen. Dieser ausgleichende Effekt war äußerst verlässlich: So sanken die Zinsen für zehnjährige Bundesanleihen in der Finanzkrise um rund 1,5 % – ein sattes Kursplus von knapp 15 % noch vor Kuponzahlungen, das bei zehnjährigen US-Anleihen sogar noch etwas deutlicher ausfiel. Verlässliche Beiträge2011 zeichnete sich ein ähnliches Bild ab: Als der Dax zwischenzeitlich um rund 30 % fiel, sanken die zehnjährigen Zinsen wieder um 1,5 %. Trotz zunehmend anämischer Kupons flüchteten Investoren auch in den folgenden Jahren bei aufkommender Unsicherheit in den sicheren Hafen der Bundesanleihen. Die Zinsen reagierten entsprechend rückläufig, und die Anleihen lieferten kleiner werdende, aber verlässliche Beiträge bei Rückschlägen am Aktienmarkt.Jeder Anleger kennt die Zinsentwicklung der vergangenen Jahre. Heute rentieren zehnjährige Bundesanleihen bei rund -0,5 % p. a. Einen laufenden Ertrag gibt es nicht mehr, vielmehr müssen Aktien und andere Anlageklassen den negativen Jahresertrag der Anleihen erst einmal ausgleichen. Fundamentaler aber ist die Frage, wie es um den Diversifikationscharakter künftig bestellt ist. Wie viele Bundesanleihen leistet man sich, und auf wie viel müsste die Anleiherendite beim nächsten Kursrückschlag am Aktienmarktmarkt fallen, um den gewohnten Diversifikationsbeitrag zu liefern?Um einen ähnlich positiven Portfolio-Effekt wie in der Vergangenheit zu erzielen, müssten die zehnjährigen Anleihen fast auf minus 2 % fallen – ein Szenario, auf dessen Basis man eine Portfolio-Allokation ansetzen sollte? Einen Vorgeschmack auf die künftigen Diversifikationsherausforderungen bot 2018, insbesondere das vierte Quartal. Der Dax gab um bis zu 20 % nach, die Verzinsung von Bundesanleihen auch. Aber eben nur um 0,3 % – zu wenig, um der Aktienbewegung entscheidend entgegenzuwirken. 2018 war ein Lackmustest der Diversifikation, da der Großteil der liquiden Anlageklassen das Jahr negativ abschloss.Was könnte in der nächsten Stressphase unterstützen? Gold steht als Alternative, die häufig negativ zu Aktien korreliert, bei einem Preis von über 1 600 Dollar im wahrsten Sinne des Wortes hoch im Kurs und nähert sich den Dollar-Kursniveaus von 2011 weiter an. Volatilität ist eine weitere Anlageklasse, die natürlicherweise auf Aktienkursrückschläge reagiert. Schließlich misst Aktienvolatilität unmittelbar, wie intensiv der Preis einer Aktie schwankt – also genau das Risiko, gegen das sich Investoren wappnen wollen. Marktkorrekturen und steigende Aktienmarktvolatilität hängen unmittelbar zusammen.Über den Einsatz von Optionen lässt sich die Volatilität am Aktienmarkt investieren. Fonds, die Optionen so einsetzen, um von einem Volatilitätsanstieg zu profitieren, findet man z. B. im CBOE Eurekahedge Long Volatility Index. Im vierten Quartal 2018 erzielten alle Fonds mit einem Volumen von über 100 Mill. Dollar in diesem Index einen positiven Return zwischen 6 % und 22 %. Performance-Werte, die sich aus Portfolio-Sicht durchaus positiv bemerkbar machen. Ausgewogene AllokationWählt man eine ausgewogene Allokation aus Aktien und einem Volatilitätsinvestment, so hätte man einen Großteil der positiven Aktienmarktjahre mitgenommen – bei deutlich geringeren Schwankungen als der Aktienmarkt. Zur Illustration: Eine 50/50-Mischung weist einen deutlich geringeren Kursverlust auf als eine globale Aktienanlage – 2008 hätte man ein zwischenzeitliches Minus von weniger als 10 % statt 50 % verkraften müssen. Gleichzeitig liegt der Jahresertrag seit 2005 bei 5,5 % – nur ca. 1,5 % unter der reinen Aktienrendite, trotz der Aktienmarktrally der vorigen Jahre. Das Beispiel zeigt: Die negative Korrelation zwischen Aktienmarktperformance und Volatilität lässt sich nachweislich diversifizierend nutzen. Das geschwundene Diversifikationspotenzial von Bundesanleihen stellt die Anleger künftig vor große Herausforderungen. Alle Eier nicht in einen (Aktien-)Korb legen – eine Empfehlung, die heute deutlich schwieriger effektiv umzusetzen ist als noch vor einigen Jahren. Um die Diversifikation aufrechtzuerhalten, sollten Anleger auch alternative Wege beschreiten. Volatilität und hier vor allem die Vielzahl an Einzelaktienvolatilitäten bietet insbesondere nach der Aktienmarktrally 2019 interessante Möglichkeiten. Matthias Kunze, Geschäftsführer und Head of Distribution bei Assenagon