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Am Währungsmarkt bleibt "Geld auf dem Tisch" liegen

Von Stefan Schaaf, Frankfurt Börsen-Zeitung, 17.5.2018 Als Wirtschaftsnobelpreisträger Eugene Fama im September 2015 einen Vortrag an der Universität Frankfurt hielt, musste er sich wie gewohnt mit Kritik an seiner Kernthese der jederzeit...

Am Währungsmarkt bleibt "Geld auf dem Tisch" liegen

Von Stefan Schaaf, FrankfurtAls Wirtschaftsnobelpreisträger Eugene Fama im September 2015 einen Vortrag an der Universität Frankfurt hielt, musste er sich wie gewohnt mit Kritik an seiner Kernthese der jederzeit effizienten Kapitalmärkte befassen. Die Frage akademischer Kollegen, Zuhörer und Journalisten zur Relevanz von Ineffizienzen, Irrationalitäten und Informationsdefiziten im Handel mit Finanzinstrumenten jeglicher Art wischte er mit einer Handbewegung weg. Fama beharrte auf der Gültigkeit der von ihm postulieren Effizienzmarkt-Hypothese, der zufolge alle Marktteilnehmer stets gewinnorientiert und rational handeln und dabei risikoneutral sind, also keine hohen Risiken im Tausch gegen die Aussicht auf Überschussrenditen eingehen.Zu Famas einflussreichsten Kritikern zählt sein Professorenkollege Robert J. Shiller, mit dem er im Jahr 2013 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhielt. Shiller wurde durch sein Buch “Irrationaler Überschwang” weit über die akademische Welt hinaus bekannt. Nun mischt sich in den recht breiten Chor der Fama-Kritiker, die oft auch die theoretischen Grundlagen für das Factor Investing gelegt haben, auch das Team der Londoner Währungsstrategen der Deutschen Bank ein. Sie haben dieser Tage eine umfangreiche Studie zu Ertragsmöglichkeiten am Devisenmarkt veröffentlicht mit dem Titel “Gesund und munter – Eine Anleitung zu Währungen als Anlageklasse”. Die Studie dient auch dazu, den von dem Geldinstitut berechneten Währungsindex Deutsche Bank Currency Returns (dbCR)-Index vorzustellen, doch zuvor findet sich eine Reihe empirischer Untersuchungen zur Struktur der Akteure am Währungsmarkt und zu ihren Zielsetzungen, die nicht immer gewinnorientiert sind. Nicht alle gewinnorientiertDas Team kommt in der Studie zu dem Ergebnis, dass “Währungsmärkte wahrscheinlich auch in der vorhersehbaren Zukunft Investoren Überschusserträge bieten werden”. Damit verwerfen sie klar das Postulat Famas. Angesichts “der starken Evidenz, dass Währungsmärkte die Effizienzmarkthypothese nicht bestätigen”, stellen sie die Frage nach den Ursachen für dieses Ergebnis. Ihre Kernaussage diesbezüglich ist, dass nicht alle Akteure am Währungsmarkt auf der Suche nach Gewinn sind, sondern eine erhebliche Gruppe aus anderen Motiven wie Hedging oder Finanzierung von Rohstoffeinkäufen aktiv ist. Rohstoffe werden typischerweise in US-Dollar fakturiert, so dass ein europäisches Raffinerie-Unternehmen immer Dollar auf dem Markt zur Bezahlung seiner Lieferung “kaufen” muss. Dabei spielt es für den Betreiber der Raffinerie keine Rolle, ob er mit dem Währungsgeschäft Gewinn macht oder nicht.Von dieser Kategorie Akteure gibt es zahlreiche am Währungsmarkt, der sich insofern vom Aktien- oder Anleihemarkt unterscheidet, wo als Käufer in der Regel gewinnorientierte Akteure unterwegs sind. Eine Ausnahme bilden Anleihekäufe von Notenbanken, die als Gruppe auch zu den nicht gewinnorientierten Teilnehmern am Währungsmarkt zählen. Sie agieren, um geld- oder stabilitätspolitische, aber auch merkantilistische Ziele zu verfolgen. Zu der Gruppe der nicht gewinnorientierten Devisenmarktakteure zählen auch Unternehmen, nicht nur wie die Raffinerie im Beispiel beschaffungsseitig, sondern vor allem auch bei M & A-Transaktionen. In diese Kategorie fallen übrigens auch Touristen und Geschäftsreisende, die Dollar oder Pfund kaufen – einfach weil sie sie gerade benötigen.Die Ökonomie bezeichnet solche Käufe als preisunelastisch. Am Devisenmarkt kommt ein erhebliches Volumen in diesem Bereich zusammen. Die Strategen der Deutschen Bank haben auf Basis von Daten aus verschiedenen Quellen wie der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, der US-Aufsicht CFTC sowie dem Clearinghaus DTCC (für den Optionsmarkt) die Anteile der nicht gewinnorientierten Akteure ermittelt. Das Ergebnis: Unter “realen Bedingungen” werden nur 45 % der Umsätze am Devisenmarkt mit einem Gewinnziel getätigt; man könnte sie auch spekulativ nennen (vgl. Grafik). Die wichtigsten gewinnorientierten Akteure sind “echtes Geld” (“Real Money”), also Investoren, und Hedgefonds. Die nicht gewinnorientierten Akteure werden in der Studie zusammengefasst als Bereitsteller von Liquidität. 8 Prozent im Jahr Aus der Tatsache, dass 55 % der Akteure nicht wegen des Gewinns am Währungsmarkt aktiv sind und sogar in gewissen Fällen bereit sind, Verluste hinzunehmen – weil sie etwa das Rohöl einfach brauchen -, schließen die Autoren der Studie: Es bleibt auf dem Währungsmarkt “Geld auf dem Tisch liegen”, das gewinnorientierte Akteure zulasten von liquiditätsorientierten Teilnehmern einstreichen. Auf Basis des Deutsche-Bank-Index ergeben sich jährliche Renditen von durchschnittlich 8 % seit den 1980er Jahren. Damit liegen Währungen laut der Studie in der Mitte zwischen Anleihen (7 %) und Aktien (9 %). Dies werde sich auch fortsetzen, prognostiziert die Studie.