MARKTCHANCEN 2015

An der Beimischung von Aktien führt kein Weg vorbei

Dividendentitel deutlich attraktiver als Staatsanleihen - Auf dem aktuellen Niveau sollten Anleger jedoch auf günstigere Einstiegsgelegenheiten warten

An der Beimischung von Aktien führt kein Weg vorbei

Von Christopher Kalbhenn,FrankfurtBeim Blick auf das Jahr 2014 stechen zwei Erkenntnisse hervor. Erstens hat sich der überwältigende Teil der Marktakteure bei der Beurteilung der Aussichten der wichtigsten Anlageformen gewaltig geirrt. Aktien, so war man sich einig, seien die beste Anlageform für das Jahr 2014. Angesichts sehr armseliger Renditen, die etwa beim Kauf einer Bundesanleihe einer Laufzeit von zehn Jahren zu erzielen waren, werde es zu massiven Umschichtungen aus Rentenpapieren in Dividendentitel kommen, zu einer sogenannten “Great Rotation”. Nicht zuletzt wurde die große Zinswende ausgerufen, durch die Anleger Gefahr liefen, mit den eigentlich sicheren Bundesanleihen sogar Verluste einzufahren. Die Bilanz des Jahres: Staatsanleihen erster Bonität sind einer der großen Renner des Jahres gewesen. Eine Anlage in Bundesanleihen mit zehnjähriger Laufzeit erbrachte einen Gesamtertrag (Kursgewinne und Zinsen) von beachtlichen 13,6 %. Dagegen musste sich der Halter eines Dax-Portfolios mit 3,3 % begnügen (Stand: 22. Dezember 2014). Ein anderes Bild bietet sich, wenn auf ausländische Aktien geschaut wird. Diese haben zum Teil besser abgeschnitten. Zudem sind aufgrund der Euro-Schwäche für den hiesigen Investor noch Währungsgewinne zu berücksichtigen. So hat z. B. der S & P 500 um 12 % zugelegt. Für den in Euro rechnenden Anleger ergibt sich einschließlich Währungsgewinn ein Ertrag von 26 %. Heiße Luft allein reicht nichtZweitens hat sich einmal mehr deutlich gezeigt, dass selbst der Aktienmarkt auf Dauer nicht allein von heißer Luft leben kann. Auch im Jahr 2014 haben die Unternehmensgewinne entgegen den Erwartungen nicht nach oben gedreht, und aus der erhofften konjunkturellen Erholung des Euroraums wurde erneut nichts. Der Anstieg des Dax wurde allein durch die extrem niedrigen Zinsen und die Liquiditätsschwemme getrieben bzw. von der Erwartung, dass die Notenbanken noch mehr von diesem Treibstoff zuführen werden. Im Ergebnis wurde der Aktienmarkt dadurch teurer mit der Folge, dass es zu Rückschlägen kommen musste. Nachdem der Dax im späten Frühjahr erstmals fünfstellig geworden und bis auf einen Rekord von 10 051 geklettert war, folgten in der zweiten Jahreshälfte zwei Rückschläge um mehr als 10 % bis auf ein Tief von 8 350 Punkten, das im Oktober erreicht wurde. Am 5. Dezember erreichte der Index einen weiteren Rekord 10 093, um erneut deutlich zurückzufallen (zuletzt 9 866 Punkte). Rückschlagsrisiken steigenAuch das Jahr 2015 wird für die Anleger alles andere als einfach. Die Problematiken des alten Jahres haben sich teilweise sogar noch zugespitzt, was sich beispielsweise in den sehr vorsichtig gehaltenen Aktienmarktausblicken vieler Finanzhäuser niederschlägt. Fest steht, dass Staatsanleihen nicht mehr der große Renner sein werden. Bei Renditen, die bei Bundesanleihen bis zu vierjähriger Laufzeit negativ sind und sich im Zehnjahresbereich auf rund 0,6 % beschränken, ist nun definitiv für den Anleger kaum noch etwas zu holen. Die Notwendigkeit, sich nach Alternativen wie Aktien umzuschauen, hat sich damit deutlich erhöht. Nur haben auch die Aktienmärkte in der seit fünf Jahren anhaltenden Rally das Beste hinter sich. Kurzum: Die besten Einstiegsgelegenheiten sind Vergangenheit, die Rückschlagsrisiken verstärken sich in dem Maße, in dem die Rally altert und Kurse bzw. Bewertungen steigen. Höhere DividendenDennoch kommen Anleger im Rahmen ihrer langfristigen Vermögensbildung nicht an einer Beimischung von Aktien vorbei. Denn mit Staatsanleihen allein werden in den kommenden Jahren keine zufriedenstellenden Erträge zu erwirtschaften sein. Letzteres ist auch ein Grund, der für Aktien spricht bzw. ihr Risiko schmälert. Die relative Attraktivität im Vergleich zu Staatsanleihen begrenzt das Abwärtsrisiko, weil die Investoren eben zu Alternativen greifen müssen. Aktien haben auch im Vergleich zu Unternehmensanleihen an Attraktivität gewonnen. So liegt die Dividendenrendite des Dax über der Rendite von Unternehmensanleihen guter Qualität (Investment Grade). Im neuen Jahr könnte sich dies noch verstärken. Das niedrige Wachstum und die Deflationsrisiken des Euroraums veranlassen die Europäische Zentralbank zu noch mehr geldpolitischen Lockerungsschritten. Sie wird aller Voraussicht nach im Verlauf des ersten Quartals 2015 ihr Anleihekaufprogramm um Staatsanleihen ausweiten. Damit werden die Staatsanleiherenditen wahrscheinlich noch weiter sinken. Zumindest werden sie aber auf sehr niedrigem Niveau bleiben. Zudem werden die Unternehmen ihre Dividenden weiter erhöhen, was die relative Attraktivität von Aktien ebenfalls erhöht. Rückenwind durch den EuroAußerdem erhalten deutsche Unternehmen, die im Jahr 2014 unter der bis in den Sommer anhaltenden Stärke des Euro gelitten haben, nun starken Rückenwind durch die Schwäche der Währung. Der bereits stark gesunkene Euro wird sich in den Ergebnisberichten der exportorientierten Firmen positiv niederschlagen. Zudem besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Euro unter dem Eindruck der geldpolitischen Divergenzen – die USA und Großbritannien ziehen die geldpolitischen Zügel an, während die EZB weiter lockert – weiter nachgibt und damit die Kurse am Aktienmarkt zusätzlich stützt. Schließlich bestehen neben einem leicht anziehenden Wachstum der Weltwirtschaft gerade aufgrund des Währungseffektes nun gute Chancen, dass die Unternehmensgewinne in Euroland nun endlich nach oben drehen. Nicht zu vergessen ist in diesem Zusammenhang auch der schwache Ölpreis, der ebenfalls per saldo positiv auf die Erträge der Unternehmen wirkt und überdies noch den Verbraucherausgaben etwas Auftrieb geben könnte. Nachdem die Kurse seit dem Tief vom Oktober wieder deutlich zugelegt haben, sollten Anleger auf dem aktuellen Niveau zunächst noch abwarten. Denn die Bewertung ist mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis auf Basis der Konsensschätzungen für das Jahr 2015 von 12,5 zwar nicht teuer, aber auch nicht mehr so günstig, dass viel Spielraum für Enttäuschungen bestünde. Kurzum: Der Aktienmarkt ist auf den aktuellen Höhen anfällig für negative Nachrichten. Auch die Liste der potenziellen Kandidaten, die einen Rückschlag auslösen können, ist lang: enttäuschende Unternehmensergebnisse und Konjunkturdaten, Sorgen über das chinesische Wachstum und geopolitische Krise, darunter insbesondere die nach wie vor brenzlige Lage in der Ukraine. US-Börsen noch anfälligerZudem könnten vom amerikanischen Aktienmarkt Störfeuer ausgehen. Gemessen am S & P 500 sind US-Aktien mit einem 2015er-KGV von 16 deutlich höher bewertet als europäische Dividendentitel. Damit sind sie noch anfälliger für negative Überraschungen, und wenn der US-Aktienmarkt, auf den mehr als 50 % der globalen Marktkapitalisierung entfallen, unter Druck gerät, wird das auch der deutsche Aktienmarkt zu spüren bekommen.Angesichts dieser Risiken sollten Anleger dem Rat der Experten, die empfehlen, auf Kursschwächephasen zu warten und diese dann für Käufe zu nutzen, folgen. Im Grunde genommen ist das eine dritte Erkenntnis, die das Jahr 2014 hinterlässt. Denn wer den Dax auf dem Oktober-Tief gekauft hat, hat in den Wochen danach 18 % gewonnen.