Analysten zuversichtlicher für Stahl

Aktien positiver gesehen - Preiserholung erwartet - Kapazitätsabbau und Schutzzölle helfen

Analysten zuversichtlicher für Stahl

Analysten werden für Stahlaktien mittlerweile wieder zuversichtlicher. Sie gehen von einer Erholung der europäischen Stahlpreise aus, getrieben durch Kapazitätsabbau sowie Schutzzölle.ku Frankfurt – Analysten werden wieder zuversichtlicher für Stahlaktien. So haben die Experten des Frankfurter Bankhauses Metzler jetzt die Auffassung geäußert, dass die jüngste Entwicklung auf dem Stahlmarkt Anlass zur Hoffnung auf eine Erholung der Preise im dritten Quartal gibt. “Sollten sich die europäischen Stahlpreise in der zweiten Jahreshälfte erholen, so wären der Stahlhändler Klöckner & Co sowie die Handelsdivisionen von Thyssenkrupp und Salzgitter die ersten Profiteure”, schreibt Analyst David Varga.Nach einem starken ersten Quartal, in dem die europäischen Stahlhändler “Windfall Profits” erzielt hätten, sei das zweite Quartal wohl deutlich schwächer gelaufen. In elf von 13 Wochen sei der nordeuropäische Referenzpreis für Warmbandstahl rückläufig gewesen. Im April und Mai hätten sich die Preise noch auf erhöhtem Niveau gehalten, im Juni seien sie deutlich unter Druck geraten. “In einem solchen Umfeld lassen sich Windfall Losses kaum vermeiden”, so Varga.Nun hätten sich die Eisenerzpreise in China aber seit Mitte Juni von ihrem Jahrestief bei rund 53,60 Dollar je Tonne um 28 % auf aktuell 68 Dollar je Tonne erholt. Zum anderen hätten die chinesischen Warmbandpreise angezogen. In der Folge habe sich der Spread zwischen den europäischen und den chinesischen Preisen so stark verringert, dass chinesischer Stahl für europäische Importeure zunehmend an Attraktivität verliere. “Das könnte sich in einem deutlichen Rückgang der Importe aus China niederschlagen und stützend auf die europäischen Preise wirken”, hofft Varga. Anpassung im SüdenDes Weiteren könne die Übernahme des italienischen Stahlwerks Ilva durch ArcelorMittal positive Effekte auf das europäische Preisniveau haben, sofern es den Luxemburgern gelinge, die Verkaufspreise in Süditalien sukzessive an das nordeuropäische Niveau heranzuführen.Noch Preispotenzial bei Stahl sehen auch die Analysten des Bankhauses Lampe. Das Problem der Überkapazitäten im chinesischen Stahlsektor seit 2012 sei zwar kurzfristig nicht lösbar. Jedoch sei allen Beteiligten inzwischen klar, dass Kapazitätskürzungen weiter notwendig seien. China habe weitere Kürzungen signalisiert, und auch auf dem G 20-Gipfel sei Stahl ein wichtiges Thema gewesen. Die Politik in Europa und den USA reagiere mit Protektionismus in Form von erhöhten Zöllen auf Billigimporte. Diese Entwicklung werde sich fortsetzen, bis die Konsolidierung der Kapazitäten abgeschlossen sei, was durchaus noch einige Jahre dauere. Die europäische Stahlbranche habe durch Restrukturierungen und Konsolidierungen ebenfalls ihren Beitrag geleistet. “Insgesamt sehen wir damit für die Branche gute Chancen auf Ergebnisverbesserungen. Nach der Korrektur der Stahlpreise in Europa seit Jahresanfang erwarten wir in den kommenden Monaten eine Erholung”, betonen die Analysten.Für die Stahlproduzenten sehen die Experten des Bankhauses Lampe durchaus Chancen für eine kurzfristige Ergebnisverbesserung. Neben den eigenen Kostensenkungsmaßnahmen und den Schutzzöllen würden die Konsolidierungsbestrebungen innerhalb der europäischen Stahlindustrie zu einer Ergebnisverbesserung beitragen. Die Bank rät daher sowohl bei Thyssenkrupp (Kursziel 35 Euro bei einem aktuellen Kurs von26,27 Euro), Salzgitter (Kursziel 46 Euro, aktuell 38,42 Euro) und Klöckner & Co ( Kursziel 15 Euro, aktuell 9,92 Euro) zum Kauf der Aktien. Umfangreiche EinsparungenDie Produzenten hätten in den vergangenen Jahren mit umfangreichen Einsparungen auf die globalen Veränderungen des Stahlmarktes reagiert. Unterstützung habe die Branche zudem von der Europäischen Kommission erhalten, die wohl in Kürze weitere Schutzzölle auf Importe nach Europa beschließen werde. Nach einem rohstoffbedingten Rückgang der Stahlpreise erwarten die Analysten für das zweite Halbjahr eine Preiserholung in Europa von rund 30 Euro je Tonne. Zudem würden sich die Konsolidierungen bei den Produzenten Tata/Thyssenkrupp und ArcelorMittal/Ilva preisstabilisierend auswirken.Etwas weniger zuversichtlich für Klöckner & Co sind die Analysten der Hamburger Privatbank Berenberg. Sie halten ein Kursziel von lediglich 11,50 Euro für die Aktie für realistisch, glauben allerdings, dass “Momentum Trades” für den Aktienkurs vorteilhaft sein könnten. Der Kurs habe zuletzt fast ausschließlich auf den Stahlpreis reagiert. Die Aktie sei gekauft worden, wenn die Stahlpreise hochgegangen seien, und verkauft worden, wenn die Preise nachgegeben hätten. Nun würden sich die Stahlpreise trotz der allgemeinen Skepsis am Markt erholen. Sofern es bei dem Handelsmuster der Aktie bleibe, werde der Titel davon profitieren. Klöckner habe hinsichtlich des Aktienkurses zuletzt schlechter abgeschnitten als die anderen Stahlaktien, trotz der günstigen Bewertung.Der interessanteste Blickwinkel bei der “Equity Story” von Klöckner sei aber der E-Commerce und weniger der Stahlpreis. Der Prozess der Digitalisierung der Stahlindustrie habe mittlerweile richtig begonnen, und das Klöckner-Management habe den lobenswerten Schritt unternommen, die Unternehmensstrategie auf E-Commerce auszurichten. Dies rechtfertige eine höhere Bewertung der Aktie im Vergleich zu ihrem historischen Durchschnitt. Allerdings sehen die Analysten von Berenberg aktuell mehr Potenzial in anderen Stahltiteln.