IM INTERVIEW: DAVID SEMAYA, NIKKO ASSET MANAGEMENT

"Anleger in Asien stark untergewichtet"

Executive Chairman: Die Region bietet hervorragende Diversifizierungsmöglichkeiten

"Anleger in Asien stark untergewichtet"

David Semaya hält Asien für eine Region mit vielversprechenden Aussichten und Chancen. Der Executive Chairman von Nikko Asset Management ist überzeugt, dass dies nicht nur für den japanischen Assetmanager gilt, sondern auch für Anleger. Er rät ihnen, stärker in asiatische Anleihen und Aktien zu investieren.- Herr Semaya, Ihr Unternehmen fokussiert sich stark auf den asiatischen Markt. Warum tun Sie das?Ein wichtiger Grund ist die Demografie. Mit unserem Geschäftsmodell sind wir in der Lage, in Länder mit guten demografischen Aussichten beziehungsweise mit starkem Mittelschichtenwachstum zu expandieren. Wir haben das über Zukäufe und Beteiligungen in China, Malaysia, Singapur sowie Australien und Neuseeland getan. Australien ist zwar ein weit entwickeltes Land, weist aber trotzdem eine gute demografische Entwicklung auf. In anderen Regionen wie Europa und den USA halten wir nach Humankapital Ausschau.- Wie sind Sie in Japan aufgestellt?Unsere Strategie zielt darauf ab, uns vom Wettbewerb abzuheben. In Japan hat es in der Bankenbranche und damit auch unter deren Assetmanager-Töchtern einen starken Konsolidierungsprozess gegeben. In der Branche mangelt es an Produktdifferenzierung. Das liegt unter anderem daran, dass unsere Wettbewerber mit Joint Ventures beziehungsweise Kooperationen arbeiten. Wir heben uns dadurch ab, dass wir eigene Fondsmanagement-Teams sowohl in Japan als auch im Ausland haben. Wir haben jahrelange Erfahrung im Angebot von Lösungen für das Niedrigzinsumfeld, die wir Banken, Versicherungen und anderen institutionellen Investoren zur Verfügung stellen. Darüber hinaus haben wir ein panasiatisches Reit-Produkt. Wir haben Assets under Management im Volumen von 160 Mrd. Euro. Insgesamt haben wir 800 Mitarbeiter. 500 davon sind in Japan beschäftigt, davon wiederum sind 100 Ausländer. Damit haben wir eine multikulturelle Sicht auf die Märkte.- Warum sind die asiatischen Finanzmärkte für Investoren interessant?Wir müssen feststellen, dass institutionelle Investoren an den asiatischen Anleihemärkten immer noch stark unterrepräsentiert sind. Investoren orientieren sich stark an globalen Indizes, in die die Anleihemärkte der Region nur mit ca. 2 bis 4 % eingehen. Der asiatische Markt ist jedoch viel größer, und er bietet vielfache Vorzüge. Sie haben in Asien hervorragende Diversifizierungsmöglichkeiten. Zudem wird der Markt nur in einem geringfügigen Ausmaß von Research abgedeckt, was gute Anlagegelegenheiten für aktive Manager schafft. Ganz klar muss hervorgehoben werden, dass es in diesem Markt sehr viele gute Unternehmen gibt. Dazu zählt etwa der chinesische E-Commerce-Riese Alibaba, der sich im asiatischen Markt gut entwickelt.- Mit welchen Renditen können Investoren in Asien rechnen?Die Region ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Niedrigzinsumfeldes einen Blick wert. Mit Investment-Grade-Unternehmensanleihen erzielen Sie eine Rendite in Dollar von nahezu 4 %. Selbst wenn Sie das Währungsrisiko absichern, bleiben Ihnen netto immer noch 3 %, und das bei guter Qualität und einer Durchschnittslaufzeit von rund fünf Jahren.- Wie sieht es mit den Risiken aus?Die asiatischen Märkte werden leiden, wenn die Treasury-Renditen und der Dollar anziehen. Zudem stellt sich die Frage, wie sich China weiterentwickelt und welche Auswirkungen die Politik der Trump-Administration auf das Land haben wird. Andererseits bieten die asiatischen Märkte erhebliche stabilisierende Faktoren. So sind in den zurückliegenden Jahren in vielen Ländern Asiens Pensionsfondssysteme aufgebaut worden. Das sorgt für eine strukturell wachsende Nachfrage, was zur relativen Stabilität der Anleihemärkte beiträgt.- Wie hoch sind die Risikoaufschläge asiatischer Unternehmensanleihen?Natürlich sind die Spreads auch in Asien gesunken, aber Sie erhalten immer noch einen Credit Spread von 22 Basispunkten. Anleger sollten aber vor allem aus fundamentalen Gründen mit asiatischen Anleihen diversifizieren beziehungsweise stärker in der Region anlegen. So wachsen etwa die Versicherer aufgrund der demografischen Gegebenheiten beziehungsweise des Mittelschichtwachstums sehr stark. Der zunehmende Wohlstand führt zu hohem Wachstum der Ausgaben für Freizeit, Gesundheitsfürsorge, Altersvorsorge und eben auch für die Sicherheit durch Versicherungsleistungen. China hat mit großen Umweltproblemen zu kämpfen, die aber angegangen werden. Daraus ergeben sich große Geschäftschancen im Cleantech-Bereich.- Sollten Investoren auch die Aktienmärkte der Region stärker beachten?Hier gilt das Gleiche wie für Anleihen. Anleger sind in Asien stark untergewichtet und sollten ihr Engagement aus fundamentalen Gründen erhöhen. Wir halten darüber hinaus japanische Aktien für sehr interessant. Das Land bietet eine sehr hohe Ingenieursqualität, gleichzeitig sind die Kurs-Gewinn-Verhältnisse im Vergleich zu den USA viel niedriger. Entscheidend ist auch, dass sich die Corporate Governance in Japan erheblich verbessert. Die Interessen der Aktionäre werden immer stärker beachtet, was sich etwa bei den Auskehrungen an die Anteilseigner positiv bemerkbar macht. Der Premierminister Shinzho Abe hat die Unternehmen gezwungen, die Boards verstärkt mit Externen zu besetzen. Zuvor waren die Boards fast ausschließlich mit Angestellten besetzt. 30 % des japanischen Aktienmarktes werden von Ausländern gehalten. Dadurch entsteht viel Druck, mehr Kapital auszukehren oder aber gegebenenfalls auch Kapitalerhöhungen für notwendige Investitionen vorzunehmen. Allerdings müssen Investments unter Corporate-Governance-Aspekten sehr selektiv vorgenommen werden. Das gilt auch für das Thema ESG (Environmental, Social and Governance).- Wie sieht es mit der Corporate Governance in China aus?Auch in China werden wir eine bessere Corporate Governance sehen. Die umfangreichen Reformen in dem Land werden dazu führen.- Sie erwähnten die Demografie als Motiv für Ihren Fokus auf Asien. Steht denn nicht auch China aufgrund der Auswirkungen der Ein-Kind-Politik vor großen demografischen Herausforderungen?Zweifellos. In China wird es allerdings noch 15 Jahre dauern, bis dies als Problem zutage treten wird. Die Ein-Kind-Politik wurde im zurückliegenden Jahr aufgehoben. Das wird aber nicht ausreichen, das demografische Problem zu beheben. China steht vor der besonderen Herausforderung, vor dem Hintergrund der massenhaften Abwanderung vom Land in die Städte auch dafür sorgen zu müssen, dass die Migranten eine Beschäftigung finden. Die Ein-Kind-Politik hat bei der Bewältigung dieses Problems in Teilen geholfen. Langfristig müssen jedoch gigantische Probleme gelöst werden, was etwa die Kosten für die Gesundheitsfürsorge, die Pflege und die Altersvorsorge betrifft. Auch muss die Frage geklärt werden, was mit den Rentnern geschehen wird. Ein Beispiel, das die Größenordnung verdeutlicht, ist ein kürzlich in Malaysia gestartetes Stadtprojekt, in dem in Zukunft 700 000 chinesische Rentner ihren Lebensabend verbringen sollen. Es ergeben sich also in der Region sehr gute Investitionsmöglichkeiten.—-Das Interview führte Christopher Kalbhenn.